Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
die Ecke. Die Gruppe hatte sich im Halbkreis in der blau-grünen Grotte aufgestellt und lauschte den Ausführungen des jungen Mannes. „Vor hunderten von Jahren hatte man hier damit begonnen, den blau-schwarzen Alaunschiefer abzubauen. Das Gestein wurde mühsam zu Tage befördert …“
„Hunderte von Jahren!“, dachte Till. Da haben wir es ja. In hunderten von Jahren, da kann wahrlich viel geschehen und keiner von den Leuten hat wohl je geahnt, dass hier ein noch viel größerer Schatz als Alaunschiefer zu finden ist.
Als sich die Gruppe zum nächsten Anlaufpunkt begab, schlich Till aus seinem Winkel hervor. Er hatte beschlossen, ihr in einiger Entfernung zu fogen und dabei nach dem Zwerg Ausschau zu halten. Wenn alles gut ginge, dann würde er mitsamt dem Schlüssel am Ende des Rundganges wieder pünktlich in der Heilgrotte sein! Heilende, keimfreie Luft war hier schließlich überall! Wieder leuchtete Till mit der Taschenlampe in alle Ecken und auch ein Stück in den Barbarastollen hinein. Dieser Stollen war vielversprechend, da er nicht zum Rundgang gehörte, aber Till traute sich nicht, den offiziellen Weg zu verlassen. Was wäre, wenn er sich verliefe? Ein beklemmendes Gefühl!
Er kam an einen abgesperrten Schacht, der sehr geheimnisvoll aussah. „Huckeduûster Grindelwarz! Zeig' dich mir! Ich bin gekommen, um mit dir zu reden!“, rief Till leise. „Grindelwarz komm‘ heraus, Alrick schickt mich!“ Er hoffte, dass sich der Zwerg beim Namen des Elfen zeigen würde, aber nichts geschah. Alles, was Till hörte, war die Ankunft der nächsten Besuchergruppe hinter ihm und er musste sich beeilen, vorwärts zu kommen. Mit klopfendem Herzen folgte er dem Weg weiter und weiter in den Berg hinein. Er passierte die kleine Mützelberg-Grotte und erreichte gerade die Treppe zur zweiten Sohle, als das Licht plötzlich gelöscht wurde.
„Donnerlittchen!“, entfuhr es ihm, denn es war so dunkel, dass er nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Was nun? Für den Augenblick war das Feenreich vergessen und er tastete sich im spärlichen Licht seiner Lampe Stufe für Stufe die steile Treppe hinab. Von unten hörte er die gedämpfte Stimme des Grottenführers. Ganz langsam und ganz vorsichtig ging er weiter. Seine rechte Hand umklammerte das Geländer während seine Füße sicheren Halt suchten. „Grindelwarz“, flüsterte er, „bist du hier irgendwo?“
Wechselnder Lichtschein signalisierte ihm, dass er die Quellgrotten erreicht hatte. „Ah, sie zeigen den Besuchern die Tropfsteine bei verschiedener Beleuchtung!“, dachte er und mischte sich ganz unbemerkt unter die Zuschauer. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass erst eine halbe Stunde vergangen war. Hier auf der mittleren Sohle gab es drei Grotten, von der eine schöner war als die andere, fand Till. Bei diesem Anblick vergaß er den Zwerg für einen Moment und war tief beeindruckt von der farbigen Vielfalt der Tropfsteine und von den sogenannten Sinterterrassen, die sich wie Vorhänge an den Seitenwänden gebildet hatten.
Als der Grottenführer mit seinen Ausführungen für diesen Teil des Rundganges am Ende war, versteckte sich Till im Dunkel der Treppe und wartete darauf, dass die anderen weiter gingen. Als alles still war, kam er hervor und lief noch einmal suchend an den drei Grotten entlang. Wieder rief er den Zwerg, aber seine Hoffnung war eigentlich schon versiegt. Hier waren entschieden zu viele Menschen unterwegs, als dass sich eine zufällige Begegnung ergeben würde. So ein Zwerg war sicherlich von scheuer Natur! Till leuchtete mit der Taschenlampe in einen alten Gang, der mit einem Eisengitter verschlossen war und den der Grottenführer in der Bergmannsprache als „Alten Mann“ bezeichnet hatte. „Grindelwarz? Huckeduûster Grindelwarz, bist du hier? Zeig dich endlich!“, rief er hinein und erschrak über den Schall seiner eigenen Stimme in der Dunkelheit. Plötzlich überkam ihn die Angst und er lief den anderen nach, in den „langen Stollen“ hinein.
Der „lange Stollen“ hatte seinen Namen zu Recht erhalten, denn er war niedrig und vor allem sehr, sehr lang. Till war klein genug, dass er an fast allen Stellen aufrecht gehen konnte. Wieder verspürte er Mitleid mit den Menschen, die einst ihr täglich’ Brot hier unten verdient hatten. Er lief schnell und dennoch brauchte er einige Minuten bis er die Gruppe wieder vor sich hörte.
Nach und nach machte er sich Gedanken darüber, wie er wohl wieder zum Heilstollen zurückkommen sollte.
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