Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
Irgendwie hatte er nicht den Eindruck, dass der Rundgang wirklich ein Rundgang war und wieder an der gleichen Stelle enden würde, an der er begonnen hatte. Was dann?
Der Stollen machte eine scharfe Kurve und Till fand eine steile Treppe, die ein weiteres Mal tiefer hinab führte. Unten angekommen, wusste er einen Moment lang nicht, welche Richtung er einschlagen sollte, aber zum Glück hörte er die gedämpften Stimmen der Besuchergruppe links von sich. Der Stollen führte in eine weitere Grotte und Till musste abrupt stehen bleiben, weil er die Besuchergruppe eingeholt hatte. Gott sei Dank bemerkte ihn niemand!
Die Leute kamen so langsam voran, weil der Weg jetzt über eine steile Eisentreppe wieder nach oben führte. Till wartete geduldig, bis auch der Letzte hinaufgeklettert war und der Grottenführer die Absperrkette vorlegte. Der herabscheinende Lichtkegel war ausreichend, damit Till sich ungestört umsehen konnte. Der junge Mann hatte diesen Platz „Butterkeller“ genannt und Till sah deutlich die grau-gelblichen Minerale, aufgrund derer dieser Teil des Schaubergwerkes so bezeichnet wurde. Eine Ablagerung, die die Bergleute früher „Bergbutter“ genannt hatten.
„Werte Gäste!“, hörte Till den Grottenführer sagen, „Am Ende unseres Rundganges sind wir nun am ältesten und schönsten Teil der Saalfelder Feengrotten angelangt. Dem Märchendom mit der Gralsburg.“ Das „Ah!“ und „Oh!“ der Besucher bestätigten die Worte des jungen Mannes und Tills Neugier wuchs mit jeder Minute. Interessiert lauschte er der Geschichte über die Entdeckung dieses außergewöhnlichen Naturwunders und der Sage über die Fee, die ihn den Menschen gezeigt hatte.
Aufgeregt trat Till von einem Fuß auf den anderen. Es musste ein bedeutender Ort sein, wenn er sogar Menschen wie Richard Wagner in seinen Bann gezogen hatte. „So, so, der berühmte Komponist hat dieses Motiv also als Bühnenbild für seine Oper Tannhäuser verwendet?“, dachte er verwundert. Beeilt euch, beeilt euch! Ich muss zurück! Beim Klang der „Herr der Ringe“-Musik betrachteten die Besucher die Grotte in verschiedener Beleuchtung und Tills Nervosität steigerte sich mit jedem Ruck seines Uhrzeigers. Schon dachte er daran, die Sache abzublasen, als hörte er, wie sich der Grottenführer endlich von den Besuchern verabschiedete.
„Beim allmächtigen Feenzauber!“, zitierte er Alrick. „Das wurde aber auch Zeit!“
Zum Glück für Till verließen die Besucher den Märchendom auf einem anderen Weg und als der Letzte endlich gegangen war, konnte er die Leiter erklimmen.
Wie gebannt blieb er stehen. Was für eine Märchenwelt offenbarte sich ihm! Tropfsteine in hunderterlei warmen, braun-roten Farbtönen, so fein und bizarr, hingen zu tausenden von der gewölbten Decke herab. Unterhalb hatte man das Tropfwasser in einem künstlichen See aufgefangen, in dessen geheimnisvoll glänzender Oberfläche sich die Herrlichkeit widerspiegelte. Ab und zu erzitterte das Bild ringförmig von einem der herabfallenden Tropfen und die Kreise glitten lautlos weiter, bis sie sich schließlich am Ufer der Gralsburg auflösten.
Die Burg selbst war ein übergroßer Stalagmit, der sich aus der Vielzahl der über ihm hängenden Tropfsteine gebildet hatte und der aufgrund der vielen kleinen Tropfsteintürmchen dem Grundriss einer Burg sehr ähnlich sah. Ja, jetzt konnte Till verstehen, dass dieser Anblick den Musiker bezaubert hatte. Dieser Anblick musste einfach jeden beeindrucken und jetzt glaubte er Alrick auch, dass sich hier irgendwo der Eingang zum Feenreich befand!
Der Gedanke an Alrick erinnerte ihn daran, warum er hier war und auch daran, dass höchste Eile geboten war.
„Huckeduûster Grindelwarz!“, rief er vorsichtig über das Wasser und lauschte auf den Widerhall seiner Stimme. „Komm heraus, ich weiß, dass du hier bist!“
Das Licht im Märchendom war gedämpft, aber mithilfe der Taschenlampe konnte Till die Wände ableuchten. Irgendwo musste ein Spalt oder eine Nische sein. Nichts!
„Grindelwarz, komm heraus, ich habe etwas für dich!“
Erschrocken hielt Till inne, denn er hatte von Weitem Stimmen gehört. Die nächste Besuchergruppe würde jeden Augenblick auftauchen und er hatte nichts erreicht.
„Verdammt noch mal!“, flüsterte er und fühlte sich auf einmal schwach und allein. Er legte die brennende Taschenlampe auf die kleine Staumauer und lief zur Treppe, um nach den Ankommenden zu sehen. Ihm war klar, dass er nicht durch den
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