Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
Gefängnis auf und nieder zu hüpfen.
„Das glaubt uns kein Mensch!“, sagte Till, die guten Manieren missachtend, mit vollem Mund redend. „Nicht, dass ich die Absicht habe, jemandem davon zu erzählen, aber selbst wenn … Das würde uns niemand glauben!“
„Da hast du wohl gleich zweimal recht!“, antwortete Lilly. „Dies ist ein Geheimnis, das wir niemandem preisgeben dürfen!“
„Nicht mal der Familie?“
„Das können wir später entscheiden! Ich finde, Alrick hat dabei auch ein Mitspracherecht!“
„Apropos Alrick“, sagte Till und schaute auf die Uhr. „Eine Minute bis Mitternacht!“
Alricks silberne Dose vor sich, hatten sich die beiden auf den Boden gekniet. Instinktiv fasste Lilly Tills Hand und gemeinsam rezitierten sie den Spruch.
Das letzte Wort war kaum gesprochen, als Alricks silbernes Abbild in voller Lebensgröße vor ihnen auftauchte. „Abscheulicher Unhold!“ Seine ersten Worte in dieser Nacht waren an den Zwerg gerichtet, der nun, da er Alrick vor sich sah, seine Beschimpfungen eingestellt und eine unterwürfige Haltung eingenommen hatte. Seine roten Äuglein aber blitzten listig und wütend unter den buschigen Augenbrauen hervor.
„Mit dir rechne ich später ab!“, rief Alrick ihm zu. „Zuerst meine Freunde, wollen wir den bösen Zauber beenden!“ Er hatte sich Lilly und Till zugewandt, die gebannt jede seiner Bewegungen verfolgten. „Hast du den Schlüssel, Till?“
„Ja, was soll ich tun?“
„Öffne mein Gefängnis. Diese Ehre gebührt allein dir!“
Ehrfürchtig ergriff Till die Dose und jetzt, da Alrick sich nicht darauf befand, konnte er das winzig kleine Schlüsselloch sehen. Mit zitternden Fingern steckte er den Schlüssel in die Öffnung. Das Schloss knackte und im selben Augenblick erhob sich ein pfeifender Wind in der Grotte, der geflüsterte Worte einer fremden Sprache mit sich führte. Das Kerzenlicht flackerte und warf bizarre Schatten auf die kantigen Felswände. Es sah aus, als ob ein Schwarm riesiger Rabenvögel seine Schwingen ausgebreitet hätte und ins Innere des Berges flog.
Alrick stieß einen Schrei aus und wiederum fing sein silbernes Abbild zu flackern an. Diesmal jedoch löste es sich nicht auf, sondern manifestierte sich zu dem jungen Elf, der schließlich in seiner ganzen jugendlichen Schönheit vor ihnen stand. Ein weiß schimmerndes Licht ging von ihm aus, das seine Andersartigkeit bezaubernd unterstrich. Er nahm dem sprachlosen Till die Dose aus der Hand und öffnete sie. Im Inneren befanden sich die zwei Teile einer silbernen Flöte, die er sogleich miteinander verband und mittels einer silbernen Kette um seinen Hals legte.
„Meine Freunde, ich danke euch von Herzen!“, sagte er zu Till und Lilly und verbeugte sich anmutig, wobei er die schlanke rechte Hand auf sein Herz legte. Über einem dunkelgrünen Hemd trug er ein langes samtblaues Wams, das ihm fast bis zu den Kniekehlen reichte. In seinem Gürtel steckte ein Messer und seine Füße waren mit bequemen, kniehohen Stiefeln aus feinem Leder bekleidet. Er war groß und schlank, hatte langes, goldbraunes Haar und trug, einem Jäger gleich, Langbogen und Köcher auf dem Rücken.
„Und was machen wir als Nächstes?“, fragte Lilly. „Du kommst doch wieder mit uns nach Hause?“
Alrick lächelte über ihre freundlichen Worte, und in der Tat fühlte er sich im Haus der Rudloffs irgendwie zuhause.
Obwohl er sich all die Jahre immer und immer wieder vorgestellt hatte, wie es wäre, nach Arwarah zurückzukehren, wusste er in diesem Augenblick noch nicht genau, wie er vorgehen würde. Besorgt nahm er die Erschöpfung in den Gesichtern seiner Freunde wahr und beschloss, erst einmal dafür zu sorgen, dass sie wohlbehalten ins Bett kamen.
„Ich werde euch nach Hause bringen, aber dann muss ich ins Feenreich heimkehren, um zu sehen, wie sich die Dinge dort entwickelt haben!“
„Ich will mitkommen!“, sagte Till spontan.
„Ja, wir wollen mitkommen! Ist das möglich?“, schloss Lilly sich an.
„Im Prinzip ist es möglich! Wenn ich das Boot rufe, dann könnt ihr hinüber, aber wir sollten nichts überstürzen. Das Erste, was wir entscheiden müssen, ist, was wir mit dem Zwerg tun!“
Bei diesen Worten wendeten sich alle drei dem Bannkreis zu.
„Beim allmächtigen Feenzauber!“, entfuhr es Alrick. „Er ist weg! Seht ihr, der böse Odem Farzanahs hat die Kerzen gelöscht und die Schwingen ihrer verräterischen Raben haben das Salz verstreut!“
„Haben sie! Haben sie!
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