Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
frei und hatte daher länger schlafen können.
„Bist du schon wach?“, fragte sie. „Kann ich reinkommen?“
Sofort war Till hellwach. „Na klar!“, rief er, froh, seine Erinnerungen an gestern mit Lilly teilen zu können. Das Mädchen setzte sich auf die Bettkante und zog die Knie bis unters Kinn. Sie trug ein Nachthemd, unter dem nur die nackten Füße hervorschauten und ihr Haar war zu zwei dicken Zöpfen geflochten. Till fand, dass sie ganz passabel aussah, auch wenn sie nicht sein Typ war. „Hast du gut geschlafen?“, fragte er unverfangen, weil er nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen wollte, aber Lilly hatte keine Zeit für Small Talk.
„Das war unglaublich gestern, oder?“
„Dann war es also kein Traum?“
„Ein Traum? Nein! Es ist so wahr wie du und ich! Nur mein Verstand hängt hinterher!“, antwortete sie lachend.
„Was wird Alrick wohl gerade tun?“
„Na, er ist auf dem Weg zum Elfenkönig. Es schien mir ein ziemlich weiter Weg zu sein, denkst du nicht?“
„Ja, und gefährlich!“, sinnierte Till.
„Und er ist dort ganz allein!“, antwortete Lilly. „Wir sollten bei ihm sein und ihm helfen. So was tun Freunde doch!“
„Ja, aber vielleicht will er unsere Hilfe nicht! Oder vielleicht braucht er sie auch gar nicht! Vielleicht hat sich in der Zwischenzeit schon alles von allein geklärt!“
„Das wäre zwar schön, ist aber nicht anzunehmen!“, sagte Lilly bestimmt.
„Wieso nicht?“
„Sein Freund der Elfenkönig, der hätte ihn doch suchen lassen. Er hätte Farzanah bestimmt dazu gebracht, ihm zu verraten was sie mit seinem Freund gemacht hat und dann wäre er gekommen!“
„Hm!“
„Was denn?“
„Ja, du hast wahrscheinlich recht. Wenn er ein wirklich guter Freund ist, dann hätte er das getan. Aber wer weiß schon, was dort in so vielen Jahren alles geschehen ist. Denk nur, was hier auf der Erde in den letzten hundert Jahren los war. Es kann sonst was sein!“
„Genau! Deswegen mache ich mir auch Sorgen um Alrick!“
Lilly sah ehrlich besorgt aus und nach und nach fing Till an, ihre Befürchtungen zu teilen.
„Aber selbst wenn wir wollten, wir können nicht allein hinüber. Wir sind nicht in der Lage, das Boot zu rufen“, sagte er, nachdem ihm kurz der Gedanke gekommen war, Alrick zu folgen. „Und außerdem, wie willst du Oma Gertrude klarmachen, dass wir die Ferien mal so eben im Feen- und Elfenreich Arwarah verbringen wollen?“
Den letzten Satz hatte er eigentlich scherzhaft gemeint, aber Lilly machte sich ernsthaft Gedanken darüber.
„Ich weiß nicht, aber vielleicht würde sie es verstehen. Sie ist doch von Feen so beeindruckt. Und die Zeit wäre nie wieder so günstig wie jetzt!“
„Wie meinst du das?“ Till verstand nicht, worauf Lilly hinauswollte.
„Na, meine Eltern sind nicht da, und übermorgen beginnen die Ferien!“
„Ach, daran habe ich gar nicht gedacht! Ja, wenn man es so betrachtet …“
Till war erstaunt, wie ernst es Lilly war. Doch im Augenblick war da nichts zu machen und das musste auch Lilly einsehen.
„Na, dann zieh ich mich mal an und gehe in die Schule. Wir haben nicht mehr viel zu tun, aber es ist besser, wenn ich mich für den Rest des Tages noch blicken lasse. Heute gehen wir nach dem Unterricht ins Theater und darauf freue ich mich eigentlich. Außerdem will ich Omi nicht belügen!“
„Ja, das ist wirklich nicht schön. Ich muss mich auch beeilen, ich geh’ in den Heilstollen zum Inhalieren. Vielleicht …“
Lilly ließ Till gar nicht erst aussprechen. „Mach die Augen auf, ob du was siehst oder hörst! Ich würde ja gern mitkommen, aber …“
Die beiden machten ein schnelles Frühstück und nachdem sie Moritz kurz gestreichelt hatten, verließen sie das Haus in verschiedene Richtungen.
Tills Besuch im Heilstollen war unspektakulär und enttäuschend. In dieser eher kahlen Grotte erinnerte nichts an das Abenteuer, das er gestern im Märchendom erlebt hatte, und der starke Besucherstrom ließ keinen Zweifel übrig, dass selbst der Zwerg den Märchendom meiden würde. Also machte er sich resigniert auf den Heimweg und schalt sich selbst einen Narren, da er insgeheim auf irgendein Zeichen von Alrick gehofft hatte.
Auch der übrige Tag brachte nichts an Aufregung oder Abwechslung mit sich. Um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, half Till Oma Gertrude ein wenig im Garten und die Zeit, bis sie Flora aus dem Kindergarten holen würden, verbrachte er mit Lesen im Almanach. Es gab noch so viel
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