Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
sogleich mühevoll erhob. Das Gesicht des Elfenkönigs war von Blässe und Müdigkeit gezeichnet, aber das Schlimmste war, dass Till an seiner schmutzigen und zerrissenen Kleidung Flecken getrockneten Blutes bemerkte, die auf zahlreiche Verletzungen hindeuteten. Ein Zeichen, dass er sich seinen Feinden mutig widersetzt hatte. Um seine Schwäche zu verbergen, lehnte er sich scheinbar lässig mit dem Rücken an die Wand. Dabei blickte er den Eintretenden so gelassen und kühn wie möglich entgegen.
Ein buckliger Gnom betrat den Raum als Erster und leuchtete dem Gefangenen unmittelbar ins Gesicht. „Er-er-heeebe d … d … dich, dich!“, stotterte er und wurde seiner Dummheit wegen von der Person hinter ihm mit einem Peitschenhieb bestraft.
„Nichtsnutziges, dummes Vieh!“, schalt eine scharfe Frauenstimme. „Leuchte einfach und halte dein Maul!“
Der Gnom trat ungeschickt beiseite, sodass man jetzt die Frau sehen konnte, die ihnen augenblicklich den Rücken zukehrte. Sie war in einen langen, dunkelvioletten Mantel gehüllt, dessen Kapuze sie über den Kopf gezogen hatte und obwohl Till sie nie zuvor gesehen hatte, wusste er sofort, dass es Farzanah war.
„Mein Freund!“, sagte sie mit falscher Liebenswürdigkeit. „Auch heute bin ich gekommen, um zu sehen, dass es dir hoffentlich an allem fehlt!“ Dabei blickte sie sich scheinbar überrascht im Kerker um. „Und wie mir scheint, machst du gute Rückschritte! Ha, ha, ha! … Genau wie dein verfluchtes Lichtelfenvolk! Das dunkle Heer hingegen wächst mit jeder Stunde! Mein Zauber breitet sich unaufhaltsam aus! Täglich kommen neue Untertanen aus allen Himmelsrichtungen des Reiches, um mir den Treueeid zu leisten.“
„Du lügst!“, sagte der Elfenkönig mit leiser, fester Stimme. „Die Lichtelfen werden nicht unterliegen! Das uralte Gesetz von Ehrlichkeit, Treue und Recht ist auf unserer Seite.“
„Recht!“, schrie Farzanah und schlug hart mit der Gerte zu. „Recht ist nicht Macht! Macht schafft ihre eigenen Gesetze, die des Stärkeren, und allein der entscheidet, was geschieht!“ Angriffslustig wie ein Raubtier belauerte sie den König. „Wähle mit Bedacht! Wenn du bereit bist, an meiner Seite zu stehen, biete ich dir die Hälfte des dunklen Throns im gesamten Elfenreich! Und wenn meine Armee durch die Feentore gezogen ist, dann wird sich unsere Macht auch auf die Menschenwelt erstrecken!“
„Du willst die Menschen unterwerfen!? Das wird dir niemals gelingen!“
„Etwas mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten wäre angebracht!“, fauchte Farzanah und schlug ein weiteres Mal hart zu. „Diese nichtsnutzige Brut ist untereinander so uneins, dass es ein Leichtes sein wird, sie zu unterwerfen. Ihr hohes Potenzial an schlechten Eigenschaften wird mich dabei bestens unterstützen. Jeder weiß, dass sie neidisch, streitsüchtig und voller Habgier sind. Ich werde ihre Träume vergiften und ihre Gedanken verwirren!“
Farzanah lachte höhnisch und kostete den Eindruck, den ihre Worte auf den Elfenkönig hatten, boshaft aus. „Außerdem“, fuhr sie mit scheinbar aufrichtiger Stimme fort, „gibt es einen weiteren Vorteil, den du nicht unbeachtet lassen solltest: Wenn du zu mir stehst, werden auch die restlichen Lichtelfenritter die Waffen strecken. Eine blutige Schlacht wäre dann überflüssig! Bedenke nur, wie viele Leben du retten könntest!“
König Arindal horchte auf. Ein paar seiner treuen Gefolgsleute waren also am Leben und frei! Solange sie unbesiegt waren, gab es Zuversicht! Sowohl für das Volk als auch für ihn. Wütend bemerkte Farzanah den Hoffnungsschimmer im Gesicht des Elfenkönigs und begriff sogleich, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Rasende Wut bemächtigte sich ihrer. Wie überaus dumm von ihr! Anstatt seine Kraft zu brechen, hatte sie sie genährt!
„Hoffe nicht auf sie! Dieses kleine Häufchen Unseliger!“, zischte sie mit sich überschlagender Stimme. „Sobald sich der himmlische Jäger mit seinem Schwert über den Bergen von Sinbughwar zeigt, ist mein Zauber unumwandelbar! Dann ist die Zeit für die entscheidende Schlacht gekommen und für jene, die sich mir bis dahin nicht unterworfen haben, wird es keine Gnade geben. Noch hast du Zeit, deinen Sinn zu wandeln!“
„Lieber sterbe ich!“, sagte der König mit so viel Verachtung, dass Farzanah einen Schritt zurückwich. Selbst hier, im tiefsten Kerker, gedemütigt, verletzt und ausgeliefert, wagte er ihr zu trotzen!
„Nun, das lässt sich einrichten!“
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