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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lester del Rey
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City vielleicht dreißig Millionen – ungefähr ein Fünftel der Bevölkerung von Long Island. Falls Sie die Gesamtzahl für Nordamerika meinen: Die gegenwärtige Schätzung liegt bei etwa vier Milliarden, und in Südamerika kommt eine weitere Milliarde hinzu. Wir haben gute Arbeit geleistet. Wir können – als Resultat der Befolgung des elften Gebots – ziemlich sicher sein, daß heute einer von drei Erdenmenschen ein Amerikanischer Katholik ist.“ Beiläufig klatschte er nach einem dicken Brummer und schüttelte in milder Verärgerung den Kopf. „Manchmal glaube ich, die Fliegen schlüpfen jedes Frühjahr früher aus. Ich hätte besser eine Klatsche mitnehmen sollen.“
    Dreißig Millionen in New City – das übertraf allein schon die Gesamtbevölkerungszahl vom Mars! Und Long Island für sich hatte fast so viele Einwohner wie anderthalb Jahrhunderte zuvor der gesamte Kontinent, als Boyds Urgroßvater Aufnahme auf dem Mars fand.
    Auf der linken Straßenseite endete mit einmal das Gebäudegewirr ganz abrupt, abgelöst von einer großen Fläche unbebauten Landes. Bestanden von dünnen Grasbüscheln, wies es kein Zeichen menschlicher Besiedlung auf, wodurch die gegenüberliegende Straßenseite um so bevölkerter erschien.
    „Warum ist das Gelände dort unbebaut?“ erkundigte sich Boyd. „Oder lieben diese Menschen es, sich zusammenzudrängen?“
    Nur dünn maskierte Überraschung zeigte sich auf dem Gesicht des Priesters. „Keineswegs, Boyd, nur darf hier niemand bauen. Die Kirche benötigt den Platz. Er ist reserviert für die künftige Kathedrale der reichgesegneten Mutter. Aber ich vergaß – Sie sind ja Heide, nicht wahr?“
    „Ich gehöre keiner organisierten Glaubensgemeinschaft an“, erwiderte Boyd wachsam.
    „Ganz recht. Na ja, immerhin sind Sie nicht römisch oder sonst irgendeine Art von Ketzer. Wir waren uns darüber im klaren, daß jedermann vom Mars in den Zuständigkeitsbereich der Kongregation De Propaganda Fide fällt, weswegen ich auch beauftragt wurde, mich Ihrer anzunehmen. Ich bin das, was Sie einen Missionar nennen würden, obwohl unser Amt eigentlich keine missionarische Betätigung mehr kennt. Wir haben alle Hände voll zu tun, den Rundfunk und die Erziehung zu organisieren. Aha, die Kathedralenallee – wir sind da.“
    Ihr Slalom durch ein Labyrinth von engen Straßen und Gassen hatte sie auf eine fast vierzig Meter breite Verkehrsader geführt, die sich durch das Fehlen des Wirrwarrs von Ständen und Schuppen entlang der Seiten von den bisherigen Straßen unterschied.
    Zwar machten auch hier die Gebäude einen immer noch bemitleidenswert schäbigen Eindruck, aber es gab wenigstens unter ihnen keine Ruinen, und die Läden in den Erdgeschossen waren verglast. Die geringere Zahl von Menschen unterschied sich auch durch ihre Sauberkeit und durch geringeren Lärm. Lebhafter Verkehr, der sich hauptsächlich aus den Dreirädern, Zweirädern und Handkarren zusammensetzte, ergänzt von zahlreichen, munter vorbeituckernden Kraftwagen, füllte die Straße.
    Vom Ausleger eines Laternenpfahls baumelten zwei Leichen herab, deren Zustand anzeigte, daß sie dort bereits seit Tagen hängen mußten.
    „Gauner oder Diebe, wer weiß“, beantwortete Gordini Boyds Frage gelassen. „Hin und wieder erhält die Nachtwache einen Tip. Ich habe keine Ahnung, da es sich um eine rein zivile Sache handelt. Voraus erkennen Sie die Abteikathedrale der Barmherzigen Mutter. Ein hervorragendes Beispiel typischer Architektur des Amerikanischen Katholizismus. Sie ist natürlich kleiner als St. Bonaforte, aber eindrucksvoll genug. Von überallher kommen Pilger, um sie zu sehen und um die Reliquien zu besichtigen. Vielleicht werden Sie einige von ihnen sehen, wie sie bis zum Schluß des Abendgottesdienstes auf dem Platz warten.“
    Der wuchtige Bau, der die umgebenden Bauten um mehr als vierzig Meter an Höhe übertraf, ragte vor ihnen empor. Seine Grundfläche betrug schätzungsweise zweihundertfünfzig Meter im Geviert, die im Grundriß ein Kreuz bildete, von dem aus die massiven Mauern steil emporstiegen. Nach auswärts schlossen sich in allen Richtungen reihenweise Treppen mit endlosen Stufen an, die in unzähligen Ausgängen endeten. Im Näherkommen sah Boyd, daß die Kathedrale ein gutes Stück von der Allee zurücklag, von ihr durch einen säulenumstandenen, quadratischen freien Platz getrennt. Wie der Priester gesagt hatte, stand dort eine mit Fahnen und Plakaten bestückte, zur Prozession aufgereihte

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