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Das Ende - Alten, S: Ende

Das Ende - Alten, S: Ende

Titel: Das Ende - Alten, S: Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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Töten, egal, wer die Kugel abfeuert. «
    »War an jenem Tag Hass in deinem Herzen?«

    »Hass? Ich war wie benommen. Ich befand mich auf einer Straße, die mit Leichenteilen übersät war, und das Blut von Kindern klebte an meinen Stiefeln. Plötzlich geschah etwas: Ich hörte diesen Schrei. Ich handelte ganz instinktiv. Was hätte ich denn empfinden sollen, wenn sie meine Tochter vergewaltigt hätten? Hass? Natürlich verspürte ich Hass. Du hättest ihre Augen sehen sollen. Sie waren wie die Augen wilder Tiere, voller Lust. Ich hätte sie aufhalten sollen. Ich hätte ihnen das beschissene Hirn wegblasen sollen!«
    »Drei Tote für eine entmenschlichte Seele. Ein Akt des Bösen, der sich immer weiter fortzeugt.«
    »Genau … Ich meine, nein. Es ist nur so, dass ich mich geschämt habe. Es ist, als hätte ich mich an dieser Tat beteiligt, weil ich nicht gehandelt habe. Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Du hättest handeln können, vielleicht hättest du sogar handeln sollen. Manchmal gibt es keine eindeutigen Antworten, manchmal leiden Unschuldige. Du hast mir gesagt, dass du mehrmals im Einsatz warst. Wie oft? Viermal?«
    »Ja. Das hier geschah bei meinem ersten Einsatz. In der dritten Woche.«
    »Es gibt da einige interessante Parallelen. Das Leben ist eine Prüfung, Patrick. Einige Seelen müssen, genau wie Soldaten, mehrere Einsätze ableisten. Sie sind dazu verdammt, ihre Reise zu wiederholen, bis sie ihre irdischen Lektionen gelernt haben. Die uralte Weisheit, von der ich dir erzählt habe, nennt diesen Prozess der spirituellen Reparatur das tikkun . Es heißt, dass eine Seele den malchut – die physische Welt – bis zu viermal bereisen wird, um ihre falsche Haltung zu korrigieren. Vielleicht hat dir der Schöpfer eine Möglichkeit zur Verwandlung angeboten.«
    »Virgil, ich bitte dich. Willst du damit sagen, dass Gott mich ganz bewusst zum Zeugen der Vergewaltigung eines unschuldigen Mädchens gemacht hat, damit ich irgendeine Lektion lerne? Wie könnte es überhaupt eine Lektion geben, die diesen Preis wert wäre?«
    »Das musst du selbst herausfinden. Der Schöpfer wirkt auf einer Ebene, die jenseits unserer Wahrnehmung liegt. Vergiss nie, dass ein einziger Akt des Bösen – genau wie ein einziger pestverseuchter Tropfen Wasser – Millionen Menschen infizieren kann. Aber genau dasselbe gilt auch für eine gute Tat. Was ist mit dem Mädchen passiert?«
    »Sie ist gestorben. Auf grauenhafte Weise.« Shep ging zur Betonbegrenzung der nach Süden führenden Fahrspur. Der Hudson zog seine Blicke auf sich. Er hielt inne, und sein Blut wurde plötzlich eiskalt, als er die Gestalt sah, die in nicht ganz zwanzig Metern Entfernung auf den Amtrak-Eisenbahnschienen stand.
    »Oh mein Gott.«
    Das rot blinkende Signal beleuchtete alle zwanzig Sekunden eine hagere Gestalt. Ein Umhang mit dunkler Kapuze. Das geschwungene Sensenblatt an einem langen Stab. Shep konnte das Gesicht des Schnitters nicht sehen, aber er spürte die kalte Ruhe, die die Gegenwart dieses Wesens ausstrahlte.
    »Virgil, mir müssen gehen. Wir müssen von diesem Highway verschwinden. Sofort!«
    »Beruhige dich, Sergeant.«
    Shep wirbelte herum und sah dem alten Mann direkt ins Gesicht. »Nenn mich nicht mehr so! Ich heiße Patrick oder Shep, nicht Sergeant. Ich bin nicht mehr beim Militär. «
    »Alles klar, Patrick. Der Impfstoff … beeinflusst er deine Wahrnehmung?«

    »Der Impfstoff?«
    »Er verursacht Halluzinationen. Hast du Halluzinationen? «
    »Ja. Vielleicht.« Er hielt Ausschau nach dem Sensenmann, doch er sah nur Schatten. »Um uns herum ist zu viel Tod, Virgil, zu viel Pest. Wenn du dich nicht mit dem Impfstoff schützen willst, dann sollten wir von diesem Highway des Todes verschwinden. Schau, direkt hinter der Brücke sind ein paar Ausfahrten. Wie wär’s, wenn wir bis dorthin joggen würden? Komm, ich helfe dir.«
    Patrick führte seinen rechten Arm um die Hüfte des älteren Mannes und eilte mit ihm zwischen den überall kreuz und quer auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeugen hindurch auf die in der Ferne schwelende George Washington Bridge zu.
     
    Governor’s Island, New York
Gebäude 20
20:43 Uhr
     
    Die Kellerwände bestanden aus grauen Steinblöcken, der Boden aus feuchtem Beton.
    Leigh Nelson lag in Embryohaltung zusammengekrümmt auf einer einfachen Matratze unter einer olivgrünen Army-Wolldecke. Noch immer schmerzte ihr Körper vom Aufprall der Gummigeschosse. Ihr Magen knurrte vor

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