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Das Ende der Einsamkeit

Das Ende der Einsamkeit

Titel: Das Ende der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CATHY WILLIAMS
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zu bewahren. Es war ein wahrer Kraftakt gewesen, eine Horde Sechsjährige dazu zu bringen, ihren Text auswendig zu lernen, und ein Tag vor Beginn der Schulferien war ein schlecht erzogenes Gör, das sich weigerte, einen Baum zu spielen, wirklich das Letzte, was sie noch brauchte.
    „Du bist ein sehr wichtiger Baum“, erklärte sie sanft. „ Sehr wichtig. Die Krippe wäre gar nichts ohne einen sehr wichtigen Baum daneben!“ Mit einem verstohlenen Blick auf die Uhr versuchte sie zu ergründen, wie viel Zeit ihr noch blieb, diesen Baum zu überzeugen, seine Hauptrolle auf der Bühne anzutreten – eine Rolle, die von ihrem kleinen Darsteller lediglich verlangte, hin und her zu schwanken und mit den Armen zu wedeln. Denn obwohl Megan erst seit diesem Halbjahr an der Schule war, kannte sie ihre Pappenheimer schon sehr gut und hatte sie geschickt von allen Rollen mit Text ferngehalten.
    „Meine Mummy soll kommen. Sie wird Ihnen schon sagen, dass ich spielen kann, was ich will! Und ich will der Esel sein!“
    „Lucy ist der Esel, Darling.“
    „Ich will aber der Esel sein!“
    Megan wünschte sich, sie hätte auf ihre Freundin Charlotte gehört, die St. Margaret’s verlassen und eine Stelle an einer anderen, weniger schicken Privatschule angenommen hatte. Mit Kindern, die ganz normal aufsässig waren, kam Megan bestens zurecht. Das hatte sie nach ihrem Abschluss drei Jahre lang an der St. Nick’s in Schottland bewiesen. Und von den Kindern dort hatte ihr keines mit Gefängnis gedroht!
    „Schön, wie wär’s, wenn wir deine Mummy holen und sie dir sagt, wie wichtig es ist, dass du deine Rolle spielst? Denk daran, was wir gelernt haben, Dominic! Es geht darum, etwas gemeinsam zu tun und die anderen nicht im Stich zu lassen.“
    „Esel“, lautete die Antwort, und Megan tauschte seufzend einen Blick mit der Schulleiterin, die ihre Bemühungen mitfühlend verfolgt hatte.
    „Er ist nicht gerade einer unserer einfachsten Schüler“, vertraute Jessica Ambles Megan in gedämpftem Ton an, als diese sich aufrichtete. „Und es könnte sich als schwierig erweisen, seine Mutter herzuholen. Ich habe mich schon draußen im Publikum umgesehen und konnte sie nicht entdecken.“
    „Was ist mit dem Vater?“
    „Die Eltern sind geschieden.“
    „Der arme Kleine“, meinte Megan verständnisvoll.
    Jessica Ambles lächelte zweifelnd. „Das würden Sie nicht sagen, wenn Sie dabei gewesen wären, als er beim Sportfest Ellie Maycock mit einem Ei beworfen hat.“
    „Mein letztes Angebot.“ Entschlossen bückte sich Megan wieder zu Dominic herab und nahm seine beiden Hände. „Du spielst den Baum, und ich frage deine Mummy, ob du mir in den Ferien beim Fußballspielen zusehen darfst, falls du Zeit dazu hast.“
    Fünfundvierzig Minuten später konnte Megan behaupten, dass sie gewonnen hatte. Dominic Park hatte den Baum sehr überzeugend gespielt und sich tadellos benommen. Blieb nur das kleine Problem des versprochenen Fußballspiels. Nicht, dass es Megan unangenehm gewesen wäre, wenn der sechsjährige Dominic ihr beim Fußballspielen zugesehen hätte. Aber sie sah eigentlich nicht ein, dass sie ihren Schülern über ihre normale Arbeitszeit hinaus zur Verfügung stehen müsste.
    Außerdem war sie sich nicht sicher, wie die Schulleitung zu derartigen Freizeitangeboten ihrer Lehrkräfte stand, und wollte kein Risiko eingehen. Sie liebte ihren Job und hatte sich diese Stelle verdient. Hatte sie nicht lange genug darum gekämpft, sich beim Aufstehen morgens wieder auf den bevorstehenden Tag freuen zu können?
    Hinter dem geschlossenen Vorhang lauschte sie auf den immer noch nicht enden wollenden Applaus. Bemüht, an dem einen Tag, den sie für ihre Elternpflichten erübrigen konnten, ihre Hingabe zu beweisen, überboten sich die anwesenden Eltern in ihrem Überschwang und hatten auch während der Vorstellung eifrig fotografiert und gefilmt. Lächelnd räumte Megan ein, dass ihre Gedanken vielleicht etwas unfair sein mochten, aber sie hatte sich noch nicht ganz daran gewöhnt, die Kinder der Reichen und Berühmten zu unterrichten.
    Eltern, für deren Wohl im Übrigen bestens gesorgt wurde mit einem Buffet in der großen Halle, das angefangen von Rohkostplatten über Lachshäppchen und Hackbällchen bis hin zu Sushi alles für den verwöhnten Gaumen zu bieten hatte. Köstlichkeiten, bei deren Anblick Megan nur staunen konnte, denn ihre Kochkünste waren zu ihrem Leidwesen immer noch sehr bescheiden.
    Wie aus dem Nichts kam ihr

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