Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
als angenehme Erinnerung. Einige Studenten erzählten von einem Spiel, das sie gespielt hatten, als sie in den Frühjahrsferien zusammen weggefahren waren. Es hieß »Dirty Rounds« und war eine Art Scharade, nur dass dabei nicht Buch- oder Filmtitel, sondern sexuelle Begriffe dargestellt und geraten wurden, zum Beispiel »rosa Socke« (der Anblick des Anus nach einem Übermaß an Analsex) oder »Schneeblasen«.
Das Ganze war wie ein Verbindungsfest, aber für Studenten, die schon seit einigen Jahren ihren ersten Abschluss hatten, bereits über erste Erfahrungen in der Arbeitswelt verfügten und die es nun genießen konnten, ein paar Stunden zu regredieren. Sie hatten das Selbstvertrauen und das Geld von Beinahe-Arrivierten, und sie protzten damit. Junge Männer in teuren Maßanzügen flirteten mit Frauen auf zehn Zentimeter hohen Absätzen, und beide Geschlechter versuchten einander im Gespräch über berufliche Angebote und sexuelle Eroberungen auszustechen. Manchmal mischten sich beide Aspekte in einer einzigen Äußerung: »Goldman und HSBC «, prahlte eine Frau. »Und? Machst du’s mir jetzt, wie ich will?« In einer Ecke unterhielt eine asiatische Schönheit ihre sechs Bewunderer mit der perfekten Imitation einer asiatischen Prostituierten: »Oh, du so groß. Ich dir lieben lang Zeit.« Damit hatte sie schon gezeigt, wo es langging, bevor einer der Typen überhaupt dazu kam, sie anzubaggern. (Wie sie mir später erzählte, nahm sie am Schluss den kleinsten Kerl in der Gruppe mit nach Hause, weil sie vermutete, dass er am besten im Bett sein würde.)
Ich hatte meine Nachforschungen an die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät einer Ivy-League verlegt, weil mir ein Freund erzählt hatte, die Frauen dort seien sexuell so aggressiv, dass sie Angst machten. Viele von ihnen waren vom Parketthandel oder von Investmentbanken geprägt, die ein furchterregendes Männer-Frauen-Verhältnis von beispielsweise zweihundert zu eins aufwiesen, und sie hatten gelernt, mit den Männern Schritt zu halten. (An der Fakultät selbst lag das Verhältnis bei paradiesischen sieben zu drei.) Frauen erzählten mir, wie sie bei der Arbeit von FKB s (Finanz-Kotzbrocken) angebaggert wurden, die nicht einmal ihren Ehering abgenommen hatten, und sie berichteten, dass sie am Montagmorgen in Konferenzen saßen, in denen zunächst einmal berichtet wurde, wer am Wochenende wen (oder was) gebumst hatte. Sie wurden routinemäßig von männlichen Kollegen belästigt, die ihnen immer ausgefallenere Pornos zeigten, die sie auf ihre Handys heruntergeladen hatten, und Schneeblasen war harmlos dagegen. Im Allgemeinen reagierten sie auf solche Dinge nicht, indem sie zum Rechtsanwalt gingen, sondern indem sie sich der Situation gewachsen (beziehungsweise geschrumpft) zeigten.
Die durchschnittliche Studienanfängerin wäre über das Tempo und die Rohheit der Anmache vielleicht schockiert gewesen, doch in diesem Umfeld fand ich kaum eine Person, die die Vulgarität überhaupt noch bemerkt hätte, bis ich auf eine Studentin stieß, die neu in der Szene war. Sie war erst zwei Wochen zuvor aus Argentinien gekommen und völlig schockiert über die Partys auf dem Campus. »Hier in Amerika geben die Frauen Mund, Arsch und Titten her, bevor sie den Kerl überhaupt kennen«, sagte sie, wobei sie das Gesagte mit den entsprechenden Handbewegungen unterstrich. »Es geht: ›Hallo.‹ ›Hallo.‹ ›Gehst du mit mir ins Bett?‹ ›Na klar.‹ Die sind so was von aggressiv! Haben die Herzen aus Stahl, oder was? In meinem Land wäre eine solche Frau am Verzweifeln. Oder eine Prostituierte.«
Aber vielleicht betrachten diese Frauen ein Herz aus Stahl als fairen Preis für ihren neuen hohen Rang in der sozialen Hierarchie des Milieus? Früher wären hübsche Frauen in einer betriebs- und finanzwirtschaftlichen Szene Außenseiter gewesen, die man zur Belebung der Party eingeladen hätte, Sekretärinnen vielleicht, oder bezahlte Frauen von einem Begleitservice wie in der Frühzeit der Playboyclubs. Hier jedoch waren die Frauen, die sich mit Federohrringen, schenkelhohen Stiefeln und wissendem Lächeln durch den Raum bewegten, sozial gleichgestellt – mindestens. Diese Achtundzwanzigjährigen, die auf dem besten Weg zu einem betriebswirtschaftlichen Abschluss an einer Elite-Universität waren, jetzt schon fünfjährige Erfahrung in der Finanzwelt besaßen und genug Geld hatten, um bei Barneys einzukaufen, setzten ihren Sex-Appeal nicht nur ein, um sich einen Mann zu
Weitere Kostenlose Bücher