Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
geben und die ihnen dann per SMS schreiben: »Solltest du nicht an deine Eizellen denken?«. Außerdem reden sie über ihre Freundin Anna, »die den ganzen Tag auf dem Sofa sitzt und überlegt, wie sie den Einen finden kann«. Diese Bemerkung trieft vor Sarkasmus.
Sabrina hatte an der Fakultät eine ganze Reihe von Annas kennengelernt. Frauen, die jede SMS und jeden Anruf auf das Genaueste analysieren, die ständig warten, dass ihr Handy klingelt oder piept oder ihnen mit einer Pirouette aus der Hand springt oder was es sonst tut, wenn sie eine SMS von einem Mann bekommen. Und die, wenn das nicht passiert und das Handy einfach nur wie ein permanenter Schandfleck in ihrem Schoß liegt, stöhnen: »Warum schickt er mir keine SMS ? Was ist bloß los mit ihm?« (sagt Sabrina in einer perfekten Parodie auf die arme irre Cosmopolitan- Leserin). »Na ja, wir brauchen alle mal Zuneigung, und er hat sie in jener Nacht eben von dir gekriegt«, knurrt sie die imaginäre Anna an. »Idiot.«
Ob sie noch nie auf einen Anruf gewartet habe? »Nein. Niemals!« Wenigstens nicht mehr seit dem Grundstudium, als sie noch nicht so gut darin war, die Signale zu verstehen. »Ich begann darüber nachzudenken, wozu ich einen Mann brauche«, sagte sie, lehnte sich auf dem Sofa ihrer Freundin zurück und legte die mit Socken bestrumpften Füße auf den Kaffeetisch. »Ich brauche ihn nicht wegen des Geldes. Ich brauche ihn nicht, um etwas zu unternehmen. Ich habe eine Menge Freunde hier. Also scheiß drauf.«
Ein Problem, das ich mit dem Gespräch hatte, war die kognitive Dissonanz, die der Widerspruch zwischen dem, was sie sagte, und dem, wie sie war, bei mir auslöste. Das wichtigste Kennzeichen von Sabrina ist ihre unangestrengte, natürliche Schönheit. Es ist schwer, ihre Körperlichkeit zu beschreiben, ohne auf alte Klischees wie »jugendlich« und »frisch« zurückzugreifen. Sie ist Halbasiatin mit cremefarbener Haut, langen schwarzen Haaren und klaren grünen Augen. Als ich sie kennenlernte, trug sie ein Outfit, mit dem Katniss, die Heldin von Die Tribute von Panem , auf die Jagd gehen könnte: Jeans und ein kariertes Männerhemd und kein Make-up. (Sie änderte überhaupt nichts an ihrem Äußeren, als sie aufbrach, um »den heißen Typ« in der Bar zu treffen.) »Bei beidem bin ich ein Jäger, ein Killer, glaube ich«, sagte sie bezüglich ihrer Art, sich mit Männern zu verabreden und Verhandlungen zu führen.
Mein größeres Problem bestand jedoch darin, dass ich nicht einschätzen konnte, wie viel von dem, was sie sagte, Prahlerei war und wie viel der Wahrheit entsprach. Und selbst wenn es der Wahrheit entsprach, wusste ich immer noch nicht, ob Sabrina ein außergewöhnlicher Fall war oder ob in allen Frauen dieser Generation ein bisschen von Sabrina steckte. Ich könnte es nicht sagen. Auf jeden Fall aber wollte ich wissen, ob sie durch ihre Jahre in der Hook-up-Kultur und an der Wall Street in eine extreme und unhaltbare Situation geraten war.
Man hat uns beigebracht, dass es gar nicht so schlecht ist, wie ein Mädchen zu handeln, selbst wenn wir schon erwachsen sind. Mädchen werden auf Arten umsorgt, wie es Jungen nicht erfahren. Von Mädchen wird nicht erwartet, dass sie für sich selbst kämpfen oder sorgen: andere tun das für sie. Süß, unschuldig und in jeder Hinsicht nett, das sind kleine Mädchen. Wer wollte nicht in jeder Hinsicht nett sein?
So lautet die Diagnose von Lois Frankel in Nice Girls Don’t Get the Corner Office, einem von Sabrinas Lieblingsbüchern. Die warnenden Beispiele in Frankels Buch, die Susans und Rebeccas und Jills, sind höflich und zuvorkommend. Sie arbeiten hart, und sie beteiligen sich nicht an den üblichen Bürointrigen. Meistens warten sie darauf, dass man ihnen gibt, was sie wollen, genau wie Anna darauf wartet, dass das Telefon klingelt. Nice Girls ist ein Ratgeber für Frauen im Berufsleben, aber Sabrina verwendet das Buch auch als Beziehungsratgeber, als Leitfaden, wie man sich bei der Partnersuche in der Großstadt verhalten muss, um nie zu verlieren.
Sabrina war dreiundzwanzig und hatte gerade ihren ersten Hochschulabschluss gemacht, als sie einen jungen Mann kennenlernte, der aussah wie Justin Timberlake. »Ich verlor völlig den Kopf«, sagt sie über diese Zeit. »Ich war wie besessen.« Nach weniger als einem Jahr verlobten sie sich, und dann betrog er sie. Es ging mir »wahnsinnig schlecht«, berichtete sie. »Ich war völlig hilflos, und ich hasse es, wenn ich mich so
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