Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
angeln oder ihn mit einem wilden Strip zu verwirren, sondern um ihn in seinem wichtigsten Bereich herauszufordern, in der Arbeitswelt.
Ich hatte den Eindruck, dass die jungen Betriebswirtschaftlerinnen sich selbst auf die Probe stellten, als ich sie beim Flirten an der Bar beobachtete. Wenn sie es schafften, die pornografischen Witze zu ignorieren, konnten sie sich auch auf dem Börsenparkett behaupten. Wenn sie hier den ersten Zug machen konnten, würden sie die Männer auch bei geschäftlichen Verhandlungen schlagen. Sie verlegten sich darauf, die Männer psychisch zu besiegen, indem sie in keinem der Spiele nachgaben, in denen sie früher als die Schwächeren gegolten hatten.
Möglicherweise setzen Frauen in ihrem Alter ihren Sex-Appeal nicht nur ein, um mit den Männern Schritt zu halten, sondern um sie zu übertreffen. Während sie ihre sexuelle Anziehungskraft im Studium noch im Zaum halten müssen, um sich auf ihre Karriere zu konzentrieren, ist sie nach der Hochschule vielleicht ein Mittel, das sie zur Förderung ihrer Karriere einsetzen können. Seit ein paar Jahren versuchen Wirtschaftswissenschaftler den konkreten Marktwert verschiedener unscharf definierter Eigenschaften (wie soziale Kompetenz, kulturelles Kapital oder »Soft Power«) zu messen, die sich alle nicht auf klar bestimmbare Aktiva oder Fertigkeiten beziehen. Kürzlich hat die britische Wirtschaftswissenschaftlerin Catherine Hakim »erotisches Kapital« als neues potenzielles Aktivum identifiziert. Der Begriff bezieht sich nicht primär auf Schönheit oder sexuelle Attraktivität, sondern eher auf Charme und Charisma. Menschen, die (wie Michelle Obama oder Ségolène Royal) erotisches Kapital haben, machen auch finanziellen Gewinn, weil sie andere Leute für sich begeistern können und als potenzielle Führungsfiguren wahrgenommen werden. »Richtig verstanden«, so Hakim, »ist erotisches Kapital das, was Wirtschaftswissenschaftler als ›persönliche Qualität‹ bezeichnen, und wird seinen Platz neben wirtschaftlichem, kulturellem, menschlichem und sozialem Kapital einnehmen. Es ist genauso wichtig (wenn nicht noch wichtiger) für sozialen Aufstieg und Erfolg.«
Hakims Ansicht nach ist erotisches Kapital schon immer ein offensichtliches Plus gewesen, obwohl ihm kein messbarer Wert am Arbeitsplatz zugeschrieben wurde. Die männlichen Verantwortlichen werteten es ab, weil es eine Stärke der Frauen war. Und die Feministinnen waren dagegen, es als echte Quelle von Macht in Anspruch zu nehmen. Laut Hakim ändert sich diese Dynamik heute jedoch. Anstatt sich von einer stark sexualisierten Kultur fertigmachen zu lassen, lernen die Frauen, sie zu ihrem eigenen Vorteil zu manipulieren. In einer Volkswirtschaft, die soziale Kompetenz und einen charismatischen Führungsstil schätzt, ist Attraktivität ein echter Vorteil. Wirtschaftswissenschaftler haben gemäß der Idee, dass die persönliche Anziehungskraft in direktem Zusammenhang mit dem Machterwerb steht, angefangen, »die Schönheitsprämie« zu messen. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel hatte eine große nationale Studie das Ergebnis, dass Menschen, die als »attraktiv« gelten, 12 bis 17 Prozent mehr verdienen als solche, die als »reizlos« empfunden werden. Der Vorteil wurde für beide Geschlechter festgestellt, aber die Frauen sind schon viel länger im Spiel.
Die Männer versuchen unter dem Druck der Verhältnisse natürlich aufzuholen. Der jüngste Boom der plastischen Chirurgie ist den Männern zu verdanken, und zwar hauptsächlich Männern mittleren Alters. Sie stehen für Faceliftings, Botox und Fettabsaugen regelrecht Schlange. Im Jahr 1986 wurde der Schauspieler Mark Harmon von der Zeitschrift People zum sexuell attraktivsten Mann des Jahres gekürt. Er hatte so viel Rückenhaar, dass man es auch von vorne sah. Heute sind die Enthaarungsnormen für Männer genauso streng wie für Frauen. Die neuen Männermagazine schreiben direkt bei der Cosmopolitan ab. WAS ATTRAKTIVE FRAUEN LIEBEN ! und WASCHBRETTBAUCH sind Themen, die alle paar Monate auf ihren Covern recycelt werden. Designer fangen an, »Mancessories« auf den Markt zu bringen: Federarmbänder, Armringe aus Metall und sogar Make-up für Männer.
Natürlich bedeuten diese Verschiebungen in der Dynamik der Macht nicht, dass Männer und Frauen bei der Partnersuche nun einfach die Rollen getauscht hätten. In der allerersten Episode von Sex and the City, die 1998 ausgestrahlt wurde, fragt Carrie Bradshaw in ihrer Kolumne,
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