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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schaar
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Sicherheit gibt es nicht, denn es geht hier immer um die Feststellung von Ähnlichkeiten, um einen bestimmten Grad an Übereinstimmung. Zudem können Messfehler und die Veränderung der körperlichen Merkmale durch Verletzung, Krankheiten oder Änderung des Aussehens die Erkennungsleistung beeinträchtigen. Schließlich kann die Qualität der jeweils herangezogenen Daten variieren (etwa abhängig von den Lichtverhältnissen oder dem Aufnahmewinkel). Wenn ein systemseitig festgelegter Schwellenwert der Übereinstimmung von aktueller Aufnahme und Referenzbild überschritten ist, gilt die Identität als gesichert. Dem Schwellenwert kommt deshalb wesentliche Bedeutung für die Sicherheit und Praktikabilität des Verfahrens zu. Ist etwa der Schwellenwert bei einer Zugangskontrolle zu hoch, werden viele Berechtigte nicht erkannt, ist er zu niedrig, werden auch Unberechtigte durchgelassen.
    Die biometrischen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Erkennungsleistung, der Praxistauglichkeit, der Fehleranfälligkeit, der Überwindungssicherheit und – last but not least – im Hinblick auf die Bedienerfreundlichkeit. Die in den letzten Jahren durchgeführten Tests haben verschiedene Mängel biometrischer Verfahren offenbart. Der größte Mangel betraf die Überwindungssicherheit. Kein System war gegen entsprechende Manipulationsversuche völlig sicher. Bei der Fingerabdruckerkennung waren Überwindungsversuche mit einfachen Mitteln (»Silikonfinger«) erfolgreich, die selbst geschultem Sicherheitspersonal nicht auffallen würden. Bei der Gesichtserkennung war unter bestimmten Bedingungen die Rate der Falscherkennung sehr hoch.
    Einige Tests wurden vorgenommen, um die Tauglichkeit der biometrischen Verfahren für die bereits europaweit beschlossene Verwendung in elektronischen Passdokumenten zu belegen. Das Bundesinnenministerium hat die teils ernüchternden Ergebnisse lange Zeit unter Verschluss gehalten, um den Kritikern keine unerwünschte Munition zu liefern. Es fällt schwer, für diese Geheimniskrämerei Verständnis aufzubringen. Gerade bei Verfahren, die tendenziell die gesamte Bevölkerung betreffen und erhebliche Risiken für den Datenschutz mit sich bringen, muss die öffentliche Diskussion ausführlich und in voller Kenntnis aller vorhandenen Informationen geführt werden.
    Auch im nicht öffentlichen Bereich werden zunehmend biometrische Verfahren verwendet, etwa bei der Zutrittskontrolle zu Sicherheitsbereichen oder bei der Identifikation von PC-Benutzern. Auch das Bezahlen an der Supermarktkasse soll künftig per Fingerabdruck möglich sein. Selbst bei Online-Verfahren – etwa bei einem internationalen Internet-Broking-Dienst – wird mittlerweile der Fingerabdruck zur Identifikation eingesetzt. An der Sinnhaftigkeit und Sicherheit derartiger Anwendungen bestehen nicht nur im Hinblick auf die Täuschungsrisiken erhebliche Zweifel.
    Biometrie kann nur vorhandene und geeignete Merkmale messen. Deshalb sind mit biometrischen Verfahren auch Diskriminierungsgefahren verbunden. So können Fingerabdrücke nicht von Personen genommen werden, die aufgrund einer Behinderung oder eines Unfalls keine Finger haben. Bei bestimmten demografischen Gruppen, etwa bei jungen Frauen asiatischer Herkunft, sind die Fingerlinien zudem nur wenig ausgeprägt, weshalb auch dieser Personenkreis mit den automatisierten Verfahren nicht oder nur mit erheblichen Unsicherheiten erkannt werden kann.
    Man unterscheidet zwei Arten der biometrischen Erkennung: Bei der Verifikation wird die Identität einer Person bestätigt oder widerlegt, also geprüft, ob die aktuell von der zu überprüfenden Person aufgenommenen und daraus errechneten Daten mit den gespeicherten Daten identisch sind (1:1-Vergleich). Bei der Identifikation werden die aktuell aufgenommenen Daten mit einer Vielzahl in einer Datenbank hinterlegter Datensätze abgeglichen (1:n-Vergleich).
    Bereits seit langer Zeit werden Kriminellen Fingerabdrücke genommen, was zur weit verbreiteten Assoziation der Fingerabdruckspeicherung mit der Verbrechensbekämpfung beigetragen hat. Allerdings werden Fingerabdrücke zunehmend auch von anderen Personengruppen genommen, etwa von Asylsuchenden, um dadurch Personen zu identifizieren, die bereits unter einer anderen Identität Asyl beantragt haben. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission treiben zudem die Arbeiten an einem europäischen Visainformationssystem (VIS) voran, in dem auch das digitalisierte Gesichtsbild und

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