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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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werden es, wenn die Krise vorbei ist. Alle außer dir!«
    »Ach, deine Kommission wird nicht mehr lange das Sagen haben!«, erwiderte sie knurrend. »Die Frau des Wilden hat etwas im Kopf, vor dem sie Todesangst haben. Sie durchkämmen ganze Sektoren, um sie zu finden, weißt du. Sie fürchten sich vor ihr! Und jetzt ist sie bei uns.«
    Und so ähnlich ging es die ganze Zeit weiter, bis Stolperzunge wieder in Tagträumereien verfiel. Wie immer rief er sich das Bild seiner Frau ins Gedächtnis und versuchte sich vorzustellen, wie sie gemeinsam auf der Oberfläche lebten. Das erinnerte ihn wieder an die Mitglieder seines Stammes, und bevor er es sich anders überlegen konnte, hatte er das Dach gebeten, sie ihm noch einmal zu zeigen.
    Er sah, wie sie eine erfolgreiche Jagd feierten. Gliedmaßen unterschiedlicher Art brutzelten an Spießen, während die Frauen um die Männer herumtanzten und die Kinder das bratende Fleisch beobachteten und sich die Lippen leckten. Als er Steingesicht nirgendwo sah, geriet er für einen Moment in Panik. Der große Mann hätte dabei sein sollen, um sich mit den anderen zu freuen, mit seinem Beitrag zur Jagd zu prahlen oder seinen Kameraden zu erklären, was sie falsch gemacht hatten. »Ihr hättet angreifen sollen! Ihr habt euch zu lange zurückgehalten, ja? Und was hat es euch am Ende gebracht?« Wo war er nur?
    Das Dach brachte ihn unverzüglich in den verborgenen Raum, den Steingesicht für sich beansprucht hatte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den moosbewachsenen Stein, hatte die Beine ausgestreckt und die Füße gegen die andere Seite gestemmt. Wenn er fest genug drückte, würde sich sein Rücken vielleicht wieder geradebiegen.
    Sodasi saß wie zufällig neben dem Eingang zum Raum, gleich um die Ecke. Sie war still und konnte offenbar Stein gesichts heimliches schmerzhaftes Stöhnen hören, als er sein en Rücken immer fester gegen die Wand presste. Aber sie sagte nichts, und Stolperzunge vermutete, wenn das Essen fertig war, würde sie losrennen, um nicht eine, sondern zwei Portionen zu holen. Genug! Er hatte genug gesehen.
    Aber was sollte er sonst tun? Etwa in den Shuttle und zu den sinnlosen Streitereien zwischen Hiresh und Jagadamba zurückkehren?
    Stolperzunge spürte, wie sein Geist zurückzukehren begann. Er lenkte ihn in eine neue Richtung, dachte an die Wühler; er wollte wissen, wie weit sie schon gekommen waren. Das würde er schaffen. Vielleicht konnte er auch den Aufenthaltsort anderer Bestien ausspionieren. Wenn er zur Oberfläche zurückkehrte, waren solche Informationen von großem Wert für den Stamm.
    Er trieb über die Hügel hinweg und sah auf der anderen Seite die grauenerregenden Felder der Wühler. Noch vor wenigen Hundert Tagen, als sich seine kleine Gruppe über diese felsigen Hänge geflüchtet hatte, waren die Bestien weit von hier entfernt gewesen. Doch nun erkannte Stolperzunge immer neue Reihen von eingepflanzten, stöhnenden Körpern, die am Leben gehalten wurden, während sie von den winzigen gelben Maden innerlich zerfressen wurden, die schließlich zu Wühlern heranwuchsen.
    Er hing eine Zeit lang über den Feldern, ging aber nicht so nahe heran, dass er die Schmerzenslaute hören oder den Verwesungsgestank riechen konnte, an die er sich gut erinnern konnte. Doch dann setzte sein Herz für einen Schlag aus, als er die weiß schimmernde Haut von Geschöpfen erblickte, die nur Skelette sein konnten. So nahe? Waren sie wirklich schon so nahe? Er bewegte sich weiter und befürchtete, er würde als Nächstes Vierbeiner sehen – oder Schleimer oder gar Menschen.
    Die gepeinigten Wesen versanken immer tiefer im Boden, je weiter er sich von den Hügeln entfernte. Bald erreichte er eine Stelle, wo alles bis auf die Köpfe verzehrt war. Aber auch das änderte sich bald. Fette, dreckige Larven, die so groß wie sein Arm waren, stritten sich um die Reste und vertrieben die Verlierer, bis ein Sieger den Mund weit genug öffnen konnte, um das schreiende Gesicht des Opfers in einem Stück zu verschlingen.
    Anschließend, so erzählte ihm das Dach, als er sich eine entsprechende Frage nicht verkneifen konnte, grub sich die große Larve in die Erde ein und schlief, bis sie als erwachsener Wühler wieder erwachte. Und es gab viele von ihnen! Sehr viele!
    Stolperzunge blickte sich um und sah in allen Richtungen nur noch vergiftetes, verwüstetes Land. Die neugeborenen Wühler würden hier nichts mehr zu essen finden und ihre Jungen nur noch mit ihren eigenen

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