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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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Körpern füttern können. Die Qual würde sie bald über die Hügel treiben.
    »Ich will aufwachen!«, sagte er zum Dach. »Bitte weck mich auf!«
    Er stellte fest, dass sich seine Begleiter immer noch stritten – auch wenn sie jetzt erstaunlicherweise nicht mehr so bissig waren.
    » Aber wir sind keine Inder!«, sagte Hiresh soeben. »Jah rtausende und Lichtjahre trennen uns von ihnen, und wir haben uns kontinuierlich verändert. Sie würden uns hassen. Wir sind so weit von ihnen entfernt wie Stolperzunge von …« Er schloss für einen Moment die Augen. »… von den alten Römern! Unsere Sprachen sind anders, unsere Sitten sind anders, und was unsere Religionen betrifft …«
    »Was weißt du schon von Religionen, Narr!«
    »Ich weiß einfach, dass unsere Vorfahren an unserer Kultur nichts mehr wiedererkennen würden. Sie würden glauben, dass wir …«
    »Ach, Wilder!«, sagte Jagadamba. Sie wirkte fast erleichtert, dass sie Hireshs Wortschwall unterbrechen konnte. »Wie ich sehe, bist du zu uns zurückgekehrt. Es hat nicht lange gedauert, dich in einen nutzlosen Träumer zu verwandeln, nicht wahr?«
    Stolperzunge fühlte sich erschöpft, und seine Muskeln waren steif. Er brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, warum er die Traumwelt so überstürzt verlassen wollte.
    »Dein kleiner weltlicher Freund«, fuhr Jagadamba fort, »ist klüger, als gut für ihn ist. Mit seinem intelligenten Mundwerk wird er sich irgendwann in große Schwierigkeiten bringen.«
    Hiresh schnaufte. »Es gibt nichts, das du mir sagen könntest, altes Weib, das ich nicht schon von ihm gehört hätte!«
    »Damit meint er natürlich seinen frommen Vater. Er …«
    »Fromm! Du bezeichnest ihn als fromm!«
    »Wie auch immer«, sagte Stolperzunge. Er hatte den Geschmack nach Schlaf im Mund, und sein Kopf schmerzte leicht. »Wir müssen uns beeilen. Ich muss zu Indrani und dann so schnell wie möglich auf die Oberfläche zurückkehren. Mein Stamm schwebt in großer Gefahr.«
    Die alte Dame hob tadelnd einen Finger. »Dummer Wilder, schau auf das Licht außerhalb des Shuttles. Schau genau hin!«
    Stolperzunge tat es. Hinter dem Glas war es dunkel, abgesehen von einem einzigen Leuchtstreifen.
    »Im Tunnel sind Hunderte von Lampen, jeweils im Abstand von einhundert Schritten. Wir können uns unmöglich noch schneller bewegen! Wir würden plattgedrückt. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr, denn wir sind fast da.«
    Tatsächlich löste sich der Lichtstreifen in immer kleinere verschwommene Flecken auf, während der Shuttle langsamer wurde.
    Sie trafen in einem Bereich ein, der ebenfalls von den Religiösen dominiert wurde. Hier trugen die Menschen Masken mit kalt glitzernden Augen. Manche hatten sich die Haut blau bemalt, einige in Gold oder anderen Farben. Sie benutzten eine Sprache, die der von Stolperzunges neuem Stamm recht ähnlich war, wie Hiresh ihm sagte.
    Ein blauer Mann mit dünnen Armen winkte ihnen, dass sie ihm in einen Raum ohne bewegte Bilder folgen sollten. »Meine Kontaktperson«, flüsterte Jagadamba.
    Zu Stolperzunges Überraschung stach der Mann ihn mit einer Nadel, raubte ihm einen Tropfen Blut – etwas, wozu eigentlich nur ein guter Freund berechtigt war – und verschwand damit für ein paar Minuten. Als er wiederkam, lächelte er und nickte Jagadamba zu.
    »Also bist du wirklich echt, Monster. Ich habe es ihnen gleich gesagt.«
    Doch Stolperzunge beachtete ihn kaum. Hier waren die Wände mit Bildern bemalt, anscheinend von Hand. Sie zeigten andere blauhäutige Männer, die gegeneinander kämpften. Sie benutzten Metallwaffen und geschickte Vorrichtungen, die Bogen genannt wurden und mit denen man kleine Speere über große Entfernungen schießen konnte. Er sah sich die Bilder genau an und war viel zu fasziniert, um zu protestieren, als man ihn entkleidete und mit goldener Farbe bestrich. Einige maskierte Frauen unterzogen die quäkende Jagadamba der gleichen Prozedur.
    »Eine Frau sollte ihren Körper bedecken! Das ist unanständig!« Doch sie kreischte noch lauter über etwas, das offenbar ihr Kontaktmann zu ihr sagte. »Du machst wohl Witze! Dorthin sollen wir gehen?«
    Auch Hiresh sah keineswegs glücklich aus, bis man sein Gesicht unter einer Maske verbarg. Die Männer murmelten und zeigten auf seinen mageren Körper. Stolperzunge konnte es ihnen nicht verübeln.
    »Du hast mir niemals gesagt, dass auch du ein Jäger bist«, flüsterte Stolperzunge. »Wenn du solche … solche Narben hast.«
    Hiresh sagte nichts.

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