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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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erinnern konnte. Aber das war jetzt ohne Belang. Es sah aus, als wäre der Hügel aufgerissen worden. Uralte Rohre und Schaltkreise lagen frei und … tropften. Anders ließ es sich nicht beschreiben. Schleimperlen funkelten im Licht, ähnlich wie zuvor Hireshs Tränen. Die Tropfen fielen von einer Ebene der Maschinen auf die nächste, sammelten sich zu Pfützen und bildeten schließlich kleine Rinnsale, die in jede Richtung davonflossen.
    »Ich bin beeindruckt«, sagte eine krächzende Stimme hinter ihm.
    Hiresh bekam einen furchtbaren Schreck. Als er sich umdrehte, starrte er auf die breite Brust eines Wärters des Sondereinsatzkommandos – eines Angehörigen der Elite. Er hielt einen Sprecher in der Hand. Andere tauchten aus der Dunkelheit auf und traten in den Lichtkreis.
    Männer und Frauen wie diese hatten während der Rebellion so viel Angst verbreitet, dass die Religiösen oft schon die Seite gewechselt hatten, wenn das Gerücht die Runde machte, dass sie auf der Suche nach ihnen waren.
    Obwohl sie in diesen Zeiten der Nano-Knappheit selten geworden waren, stand er nun einem kompletten Trupp gegenüber. Welche Art von Bedrohung machte es erforderlich, dass mehr als einer von ihnen gebraucht wurde, um sie aus der Welt zu schaffen? Doch Hiresh wusste die Antwort auf diese Frage bereits.
    Der Mann öffnete den Helm, unter dem ein vernarbtes, aber hübsches Gesicht zum Vorschein kam, wie es sich Hiresh schon immer für sich selbst erträumt hatte. Und es war ein junges Gesicht, das gar nicht zu der gebrochenen Stimme passte.
    »Wie du uns gefunden hast, werde ich nie verstehen«, krächzte der Mann. »Aber du hast recht. Jetzt werden wir ihre Spur nicht mehr verlieren. Nicht, nachdem wir so weit gekommen sind.« Er klopfte Hiresh auf die gesunde Schulter. »Du hast alles getan, was wir uns erhoffen konnten, und noch viel mehr. Auch wenn zwei dumme Neandertaler-Sergeants beinahe alles verdorben hätten.« Der vernarbte Mann blickte sich im tropfenden, verwüsteten Obergeschoss um. »Es war sehr schlau von ihnen, die Hexe hier oben zu verstecken. Aber bis zum Morgen wird sie uns gehören. Und wenn ich ihren Wilden in die Finger bekomme …« Er grinste.
    Hiresh konnte nur entgeistert starren.
    Stolperzunge spürte die Kälte sogar im Schlaf. Er träumte, dass Indrani an seiner Seite zitterte, im Fieberwahn wie nach ihrer Vergiftung. Sie war auf einmal so schwach gewesen, nachdem sie zuvor so stark gewirkt hatte. Das Geplapper wurde lauter, je fester er sie an sich drückte. Dann wachte er auf und sah, dass Jagadamba kraftlos auf sein Gesicht einschlug und ihn wütend anbrüllte.
    Er ließ sie los und erhielt zur Strafe noch einen weiteren Hieb. Sie spuckte ihm einen kleinen Klumpen entgegen, der jedoch nur ein Zehntel dessen ausmachte, was sie bei ihrer ersten Begegnung zustande gebracht hatte. Dann beschäftigte sich ihre steife Gestalt damit, ein paar kleine Dinge zusammenzusuchen – Nahrungsmittelpäckchen und dergleichen.
    Das war der Moment, als er bemerkte, dass Hiresh nicht mehr da war. Er fluchte. Sein erster Gedanke war, dass der Junge davongekrochen war, um sich zu erleichtern, worauf er gestürzt war. Er musste große Schmerzen haben – mit dem verletzten Arm musste jeder Schritt ihm furchtbare Qualen bereiten.
    »Hiresh? Hiresh?«
    Er nahm Jagadamba den kleinen Lichtmacher weg und suchte den Platz hundert Schritte weit in jede Richtung ab, wobei er ständig den Namen seines Freundes rief. Nichts. Er sah nur zahllose Korridore und Durchgänge, die sonst wohin führen mochten. Vielleicht lag der Junge irgendwo zwischen all den Leichen, oder er hatte sich in irgendeiner Nische verkrochen. Wie auch immer. Stolperzunge hatte keine Ahnung, wie er in dieser Umgebung jemanden aufspüren sollte.
    Hiresh war fortgegangen, höchstwahrscheinlich aus eigenem Antrieb. Vermutlich dachte er, dass er seine Freunde nur behinderte, und hatte sich für den Stamm geopfert. Er war ein »Freiwilliger«, wie Stolperzunges Leute es bezeichnet hätten, und es gab nichts in der Welt, das schöner oder edler war. Aber in diesem Fall – weniger als einen Tag von Indranis Versteck entfernt – kam es ihm so unnötig vor, so falsch.
    »Hiresh!« Stolperzunge rief noch ein paarmal den Namen seines Freundes. Sein Tonfall wurde immer verzweifelter. »Hiresh!«
    Doch die einzige Antwort kam von Jagadamba. Sie trat in den kleinen Lichtkreis, und ihr Atem dampfte wie Feuerwolken. Sie griff mit der Faust in seine Kleidung und zwang ihn,

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