Das Ende
wie du es nennen würdest. So hast du erfahren, wie ernst es um Noahs tikkun steht.«
»Wieso hast du nichts getan? Als die Flugzeuge in die Türme rasten …«
»Und unschuldige Familien von amerikanischen Soldaten abgeschlachtet wurden? Wie ich schon sagte, Patrick, Gott ist kein Verb. Das Licht fließt jenseits aller Absichten. Es geht immer wieder um den freien Willen. Diejenigen, die ihr Leben im Einklang mit den Geboten des Schöpfers führen, werden bewahrt werden. Doch eine wundersame Rettung bei diesem Stand der Dinge würde nur als religiöses Ereignis gedeutet werden und schließlich genau zu dem Krieg führen, den du zu vermeiden versuchst. Ein solches Wunder würde Satan dienen, der durch diese Taten der Dunkelheit immer mächtiger wird.«
»Das ist mir egal. Mag sein, dass Noah untätig zugesehen hat, wie die Welt unterging. Ich werde das nicht tun. Du und ich, wir haben nach der Flut einen Bund geschlossen. Die Arche war unser Bund. Du hast versprochen, die Menschheit nie wieder auszulöschen!«
»Es ist nicht der Schöpfer, der die Menschheit zerstören wird, Patrick. Sieh hin!«
Im Westen teilte sich die braune Wolkendecke, sodass die drei Hubschrauber zu sehen waren, die in der Zeit erstarrt über dem Hudson schwebten. »Für diese Sintflut ist der Mensch verantwortlich, und durch seine Taten wächst Satans Macht.«
Virgil deutete auf den Rand der Baugrube, wo sich der Todesengel materialisiert hatte. Der düstere Schnitter war von der Sense seines weiblichen Gegenstücks aufgespießt worden. Die Klinge steckte in der Basis seines verödeten Schädels.
»Was ist mit ihm passiert? Wie kann man einen Engel umbringen?«
»Jedes Element der Schöpfung besteht aus einem männlichen und einem weiblichen Aspekt. Das gilt auch für
den Todesengel. Der Schnitter und die Schnitterin wurden einst in der physischen Welt als Menschen geboren. Wenn für einen Todesengel die Zeit gekommen ist, weiterzuziehen, wählt er unter den Lebenden jemanden aus, der an seine Stelle tritt. Der weibliche Aspekt des Todes, der durch die Verdorbenheit des Mannes immer stärker geworden ist, lässt sich nicht mehr im Zaum halten. Wenn die Menschheit nicht ausgelöscht wird, wird die Schnitterin ungehindert über die Erde ziehen und den malchut vergiften, sodass das Licht in dieser Dimension nie wieder offenbart werden kann.«
Shep starrte den Sensenmann an. Die übernatürliche Kreatur vibrierte. In ihren Augenhöhlen war nur noch ein schwaches Flackern, ihre Lebensenergie schwand rasch dahin.
»Ich habe mein tikkun noch nicht vollendet, oder, Virgil? Nicht als Noah und auch jetzt nicht, als Patrick Shepherd. Aber du hast gesagt, jede Seele hätte vier Einsätze. «
»Das war dein letzter.«
»Wer war ich sonst noch? Ein Massenmörder? Ein Alkoholiker wie mein Vater?«
»Ehrlich gesagt warst du ein Dichter, ein Mensch, der vom Licht inspiriert war und gleichzeitig so wenig Disziplin besaß, dass er sich ständig an der verbotenen Frucht berauschte. James Douglas Morrison. Seine Freunde nannten ihn Jim.«
»Moment mal. Jim Morrison von den Doors? « Patrick wandte sich an Trish. »Ich war Jim Morrison?«
Die einstige Pamela Courson drückte die Hand des verstorbenen Rockmusikers.
Der alte Mann legte die Hand auf Patricks Schulter. »Bist du bereit, deine Reise fortzusetzen, mein Sohn?«
»Nein … Das heißt, warte. Warte noch eine Sekunde. Du hast gesagt, dass jede Seele ihr tikkun zu Ende führen muss, bevor sie in das Obere Reich eingeht. Wie kann ich mit meiner Seelengefährtin im Oberen Reich wiedervereint werden, wenn ich mein tikkun noch nicht beendet habe? Und wie kann ich mein tikkun beenden, wenn du zulässt, dass diese Pandemie die Menschheit auslöscht?«
»Die Menschheit hat die Wahl getroffen, sich vom Licht zu entfernen. Die Generation der Pest wird an der zukünftigen Welt keinen Anteil haben.«
»Dann lässt du es also geschehen, dass Scythe alles Leben ausradiert? Einfach so?«
»Gott ist nicht der Diener der Menschheit. Gott ist einfach nur. Es ist der Mensch, der handeln muss, nicht der Schöpfer. Genau darin besteht die Prüfung der Existenz. «
Frustriert ballte Shep die Fäuste. »Weißt du was, Gott? Du gehst mir als Vater ganz furchtbar auf die Nerven. «
»Shep …«
»Nein, Trish. Das muss er sich schon anhören. Du sagst, dass wir uns vom Licht entfernen. Aber vielleicht ist das ja auch dein Fehler. Vielleicht hätten wir etwas mehr spirituelle Führung gebraucht. Oder wie
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