Das Erbe der Carringtons
findest.“
Sarah
sah Kelly überrascht an. Ihre Mitbewohnerin hatte noch mit keinem Wort erwähnt,
dass sie das dachte. Aber so gut waren sie auch wieder nicht befreundet.
Dennoch war ihr Kellys Meinung wichtig, vor allem weil es bestätigte, was sie
sowieso schon vermutete. Lorraine und ihre Hexen-Freundinnen waren überhaupt
nicht, wofür sie sie gehalten hatte, und alle, an denen sie kein Interesse
hatten, konnten das sehen. Nur Personen, die sie mochten oder in ihren Bann
ziehen wollten, nahmen sie anders wahr. Ob das daran lag, dass sie sich dann
freundlicher verhielten oder Magie einsetzten, um jemanden zu manipulieren, war
eine andere Frage. Eines stand allerdings fest. Sarah war sich sicher, dass
sie, egal wie Lorraine und die anderen auf ihr klärendes Gespräch reagierten,
nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte. Aber darüber wollte sie im Moment
nicht reden.
„So
was in der Art“, erwiderte sie ausweichend. „Aber jetzt antworte ich erst mal
Ryan. Sieht so aus, als muss unser Date bis übermorgen warten.“
„Dann
lässt du ihn wenigstens ein bisschen zappeln“, sagte Selina aufmunternd.
Sarah
schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich dachte, du hältst nichts vom
‚Zappelnlassen’.“
Selina
lächelte scheinheilig und zuckte mit den Schultern. „Ich versuche nur, eine
gute Freundin zu sein und dich zu unterstützen.“
Sarah
grinste, froh darüber, dass nicht alle ihre Freunde wie Lorraine waren. Mit
Selina und Kelly hatte sie einen Glückstreffer gelandet.
Ariana
saß auf dem Beifahrersitz und winkte Sarah, die vor dem Studentenwohnheim auf
sie wartete, zu. Als ihre Freundin sie entdeckte, kam sie auf sie zu. Sie
wirkte nervös und unsicher, was Arianas Beschützerinstinkt noch mehr
ankurbelte. Als liefe der nicht sowieso schon auf Hochtouren. Vielleicht
sollten sie das Ganze abblasen. Lorraine und ihrer Hexen-Bande zu sagen, dass
sie damit aufhören sollten, Menschen zu manipulieren und mit ihnen nach Lust
und Laune zu spielen, war zwar nobel und absolut das Richtige, aber es war nicht
ungefährlich. Ariana hatte schon mehr als ein Mal beobachtet, wie Lorraine oder
eine der anderen mit Menschen umgingen. Sie waren nicht nur kaltblütig, sondern
auch noch trainierte Hexen, die wussten, was sie taten. Sarah hingegen war zwar
begabt, was Magie anging, aber eine blutige Anfängerin, die wahrscheinlich
weniger zaubern konnte, als die meisten fünfjährigen Hexen. Sarah schien davon
überzeugt zu sein, dass Lorraine sie mochte und ihr nichts antun würde, Ariana
war das nicht. Sie traute Lorraine fast alles zu.
Tief
Luft holend versuchte Ariana sich zu beruhigen. Sie hatte alles vorbereitet,
geplant und für jede Eventualität einen Plan und Ersatzplan geschmiedet. Es
konnte also nichts schiefgehen, oder?
„Hi“,
grüßte Sarah, als sie sich hinter Ariana ins Auto setzte. Dann lehnte sie sich
zu ihr vor und flüsterte: „Ich dachte, wir gehen allein ins Pandora. Es wird
schließlich kein spaßiger Abend.“
Neben
Ariana lachte Julian auf eine bittere Weise und drehte sich zu ihnen.
„Julian
weiß, warum wir ins Pandora gehen, und du kannst ihm vertrauen. Er ist
sozusagen unser Backup, oder noch besser, unsere Geheimwaffe“, erklärte Ariana.
„Geheimwaffe?“,
fragte Julian überrascht, sah aber auch erfreut und stolz aus. Ariana verdrehte
die Augen. Männern sollte man nie etwas sagen, das auch nur im Entferntesten
wie ein Kompliment klang. Ihre Egos wuchsen dadurch ins Unermessliche. Julian
war offensichtlich keine Ausnahme. Allerdings war sein Ego nicht besonders
groß. Vielleicht sollte sie ihm mehr Komplimente machen. Er könnte es
vertragen.
„Bist
du ein Magier, der es mit mehreren Hexen gleichzeitig aufnehmen kann?“ wollte
Sarah wissen, als sie Julian musterte.
Dieser
lachte. „Von Magie habe ich noch weniger Ahnung als du. Ich bin ein
Gestaltwandler.“
„Äh…
klingt toll“, entgegnete Sarah zaghaft. Dabei bekam Ariana das Gefühl, als
könnte sie hören, wie ihre Freundin in Gedanken hinzufügte: Aber wie soll
uns das helfen ?
Sie
schmunzelte. „Julian ist ein mächtiger Gestaltwandler. Ich habe noch nie
jemanden gesehen, der sich schneller als er verwandeln kann und obendrein
gehört er auch noch zur seltensten Art. Er kann sich nicht - wie die meisten -
nur in ein bestimmtes Tier verwandeln, sondern in alle Lebewesen, die er sich
vorstellen kann“, fing sie an, die ungestellte Frage zu beantworten und
ignorierte, wie Julian neben ihr anfing zu strahlen.
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