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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Träumen siehst. Und du wirst dich fürchten. Doch dann wirst du dich erinnern und die Furcht bezwingen. Schau auf meinen Stern, Ciri. Wende den Blick nicht von ihm!«
    Es blitzte. Es donnerte.
    »Sprich! Ich befehle es dir!«
    Blut. Yennefers Lippen, zerquetscht und zerschlagen, bewegen sich lautlos, verströmen Blut. Weiße Felswände huschen im Galopp vorbei. Ein Pferd wiehert. Ein Sprung. Ein Abgrund, bodenlos. Ein Schrei. Ein Flug, ein nicht endender Flug. Der Abgrund  ...
    In der Tiefe des Abgrunds Rauch. Eine Treppe, die hinabführt.
    Va’esse deireádh aep eigean  ... Etwas geht zu Ende  ... Was?
    Elaine blath, Feainnewedd  ... Kind des Älteren Blutes? Yennefers Stimme scheint von weit her zu kommen, sie ist dumpf, weckt Echos inmitten der von Nässe triefenden Felswände. Elaine blath  ...
    »Sprich!«
    Die veilchenblauen Augen blitzen, brennen in dem schmal und vor Qual schwarz gewordenen Gesicht, verdeckt von einem Schwall struppiger, schmutziger schwarzer Haare. Dunkelheit. Feuchtigkeit. Gestank. Die durchdringende Kälte der steinernen Wände. Die Kälte des Eisens an den Handgelenken, den Füßen  ...
    Der Abgrund. Rauch. Die abwärts führende Treppe. Die Treppe, die sie hinabgehen muss. Muss, weil  ... weil etwas zu Ende geht. Weil das Tedd Deireádh naht, die Zeit des Endes, eine Zeit der Wolfsstürme. Die Zeit der Weißen Kälte und des Weißen Lichts  ...
    Das Löwenjunge muss sterben! Die Staatsräson!
    Gehen wir, sagt Geralt. Die Treppe hinab. Wir müssen. Es muss sein. Es gibt keinen anderen Weg. Nur die Treppe. Hinab!
    Ihre Lippen bewegen sich nicht. Sie sind von fahlem Blau. Blut, überall Blut  ... Die ganze Treppe ist voller Blut  ... Nur nicht ausrutschen  ... Denn ein Hexer stolpert nur einmal  ... Eine Klinge blitzt auf. Ein Schrei. Tod. Hinab. Die Treppe hinab.
    Rauch. Feuer. Wahnsinniger Galopp, das Donnern der Hufe. Feuer ringsumher. Halte aus! Halte aus, Löwenjunges von Cintra!
    Das schwarze Pferd wiehert, bäumt sich auf. Halte aus!
    Das schwarze Pferd tänzelt. Im Sehschlitz des Helms, der mit den Flügeln eines Raubvogels geschmückt ist, blitzen und brennen gnadenlose Augen.
    Das breite Schwert, auf dem sich das Feuer spiegelt, saust pfeifend herab. Eine Volte, Ciri! Finte! Pirouette, Parade! Volte! Volte! Zu langsaaam!!!
    Der Stoß blendet die Augen mit einem Blitz, erschüttert den ganzen Körper, der Schmerz lähmt sie für einen Moment, macht sie benommen, gefühllos, dann bricht er plötzlich mit ungeheurer Kraft hervor, krallt sich mit grausamen scharfen Klauen in die Wange, reißt, dringt hindurch, strahlt auf den Hals aus, die Gurgel, die Brust, die Lunge ...
    »Ciri!«
    Am Rücken und Hinterkopf fühlte sie die raue, unangenehm reglose Kälte des Steins. Sie erinnerte sich nicht, wann sie sich gesetzt hatte. Yennefer kniete neben ihr. Sanft, aber entschieden öffnete sie ihr die Finger, führte die Hand von der Wange weg. In der Wange hämmerte, pulsierte der Schmerz.
    »Mama  ...«, stöhnte Ciri. »Mama  ... Wie das wehtut! Liebe Mama  ...«
    Die Zauberin berührte ihr Gesicht. Ihre Hand war kalt wie Eis. Der Schmerz hörte augenblicklich auf.
    »Ich habe gesehen  ...«, flüsterte das Mädchen und schloss die Augen. »Das wie in den Träumen  ... Den schwarzen Ritter  ... Geralt  ... Und dann noch  ... dich  ... Ich habe dich gesehen, Frau Yennefer!«
    »Ich weiß.«
    »Ich habe dich gesehen  ... Habe gesehen, wie  ...«
    »Nie wieder. Du wirst das nie mehr sehen. Nie mehr wirst du davon träumen. Ich werde dir Kraft geben, die diese Albträume von dir vertreibt. Dazu habe ich dich hierhergeführt, Ciri, um dir diese Kraft zu zeigen. Morgen beginne ich, sie dir zu geben.«
     
    Es folgten schwere, anstrengende Tage, Tage intensiven Studiums, erschöpfender Arbeit. Yennefer war resolut, fordernd, oft streng, manchmal richtig böse. Aber langweilig war sie nie. Früher hatte Ciri in der Tempelschule mit Mühe dagegen angekämpft, dass ihr die Lider zufielen, und es war auch vorgekommen, dass sie während des Unterrichts einschlief, von der monotonen, sanften Stimme von Nenneke, Iola der Ersten, Hroswit oder einer anderen unterrichtenden Priesterin eingelullt. Bei Yennefer war das unmöglich. Und nicht nur im Hinblick auf das Timbre ihrer Stimme, auf die von ihr benutzten kurzen, scharf akzentuierten Sätze. Am wichtigsten war der Inhalt des Unterrichts. Des Unterrichts in Magie. Eines faszinierenden, erregenden,

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