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Das Erbe Der Loge: Roman

Das Erbe Der Loge: Roman

Titel: Das Erbe Der Loge: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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raffinierten Mörder?«
    Das stimmte. Warum sprach man generell vom Mörder? Jeder setzte bei einem solchen Kapitaldelikt voraus, dass es ein Mann sein musste.
    Die Polizei sprach im Maskulinum, und wir Rindviecher der Presse plapperten es ungefragt nach. Wie viele Morde wurden in der Geschichte nicht aufgeklärt, weil vorausgesetzt wurde, dass es ein Mörder gewesen sein musste?
    Hier klaffte ein Zwiespalt der Geschlechter.
    Der Mann ging grundsätzlich davon aus, dass nur seinesgleichen die Kraft, Frechheit und den Mut hatte, jemand zu töten. Die Steinzeit ließ grüßen.
    Und die Frau? Auch sie sprach nur vom Mörder. Ich hatte bis heute niemals eine Frau gehört, die sich dieser Vorverurteilung eines Geschlechts nicht angeschlossen hatte.
    »Wie willst du weiter vorgehen?«
    Eine gute Frage.
    Ich war bisher davon ausgegangen, dass der Kasten noch vor dem Krieg eingemauert worden war. Wie es jetzt aber aussah, erhielt der Fund eine bisher nicht geahnte Brisanz.
    Bei meiner ersten Annahme wäre die Möglichkeit sehr gering gewesen, dass es noch viele Menschen gab, die überhaupt noch davon gewusst hätten. Aber bei dem Jahr 1953 stieg die Wahrscheinlichkeit der Mitwisser ins Unkalkulierbare. Der Personenkreis hatte sich, vorausgesetzt, dass der Steinmetz damals mindestens zwanzig Jahre alt gewesen sein durfte, bevor man ihn in diesen Höhen arbeiten ließ, um mindestens achtzehn Jahre verjüngt. Damit kamen jetzt nicht mehr die über Neunzigjährigen in Frage, sondern die weitaus größer Gruppe der Siebzigjährigen.
    »Ich muss mit Martin Hofmann sprechen.«
    »Diesem Muffel?« Hannah verzog das Gesicht. »Du hast mir doch erzählt, dass ihr beide nicht gerade Freunde seid.«
    »Genau deswegen. Warum hat er mich die Freilegung dokumentieren lassen und nicht einen anderen Reporter?«
    »Das wäre sehr schade gewesen«, lachte sie laut. »Dann würde ich hier womöglich mit einem Jüngling sitzen, der mich anbaggert, oder einem frustrierten Familienvater, der mich mit seinem Weltschmerz nervt. Brrrr!« Sie schüttelte sich bei dem Gedanken. »Es sollte so sein, und nicht anders.« Sie lächelte verschmitzt.

6

    Irgendwie hatte ich am Morgen danach die Kurve nicht gekriegt und war zu spät in der Redaktion.
    »Wo steckst du? Zu Hause warst du nicht, und dein verdammtes Handy ist auch nicht an«, empfing mich der Chefredakteur.
    »Sam hat wieder eine Meldung von einem Unfall mitgehört. Nur ist das schon über zwei Stunden her. Also, vergiss es und fang mal an, deinen Saustall von Schreibtisch freizuschaufeln.«
    Es war ein Kampf gegen Windmühlen, den er schon seit Jahren führte, um uns Redakteuren Ordnung beizubringen. Da Schreibtischaufräumen bei ihm zur Standardstrafe bei Verfehlungen gehörte, die nur noch durch Recherche im Archiv verschärft werden konnte, nahm ich seine schlechte Laune nicht persönlich.
    »Kam gegen halb neun rein«, sagte Sam und spielte mir die Aufnahme vor.
    »Unfall am Nordturm mit Todesfolge ...«, war alles, was ich noch wahrnahm. Dass Sam mir noch hinterherrief, ein Kollege sei bereits vor Ort, registrierte ich kaum noch.
    Kögel war im Begriff, in seinen Wagen zu steigen, und die Tür des Rettungswagens wurde gerade geschlossen, als ich angehetzt kam.
    »Oho, funktioniert Ihre Buschtrommel nicht mehr?« Er verzog sein Gesicht zu einem hämischen Lächeln. »Oder hat Sie die schöne Jüdin letzte Nacht alle gemacht?«
    »Arschloch«, entfuhr es mir.
    »Vorsicht, mein Lieber«, drohte er mit dem Finger, »wenn Sie heute nicht so beschissen aussehen würden, könnte ich das als Beamtenbeleidigung auffassen. Los, steigen Sie ein.«
    Wir fuhren einmal um den Innenstadtring, und Kögel schien meinen wirklich nicht erhebenden Zustand auf seine noch vorhandene Belastbarkeit prüfen zu wollen. Sein Zigarillo stank im geschlossenen Wagen abscheulich und begann bei mir einen Brechreiz hervorzurufen.
    »Kotzen Sie mir ja nicht in den Wagen«, meinte er, mich aus dem Augenwinkel beobachtend. »Erzählen Sie mal. Wie ist das denn so, mit 'ner halb so alten Frau? Geht das noch mit sechzig?«
    Ich kniff die Lippen zusammen und schluckte den Magensaft wieder hinunter.
    »Verstehe«, lachte er und schlug aufs Lenkrad. »War wohl nichts. Würde ich auch nicht drüber reden ... bei dem, der da vom Gerüst gestürzt ist, geht auch nichts mehr. War doch Ihr Jahrgang, oder?«
    »Muss ich ihn kennen?«, presste ich hinter vorgehaltener Hand hervor.
    »Stellen Sie sich nicht dumm«, knurrte er und

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