Das Erbe Der Loge: Roman
öffnete endlich das Fenster um den Stummel hinauszuwerfen. »Nachdem gestern die Zahl 1953 gefallen ist, hatten wir beide doch den gleichen Gedanken. Nur leider ist uns jemand zuvorgekommen. Aus über hundert Meter Höhe ... das ist kein schöner Anblick. Hier, das hatte er bei sich.«
»Schon wieder eine Beweismittelunterschlagung?«, revanchierte ich mich für seine dumme Frotzelei.
»Maul halten und ab jetzt jedes Vorkommnis dokumentieren! Hier läuft ein Irrer rum, und ich kann das LKA nicht ausschließen, wenn die auf die gleiche Idee kommen wie wir beide. Der Mörder hinterlässt nicht die geringste Spur. Noch nicht einmal etwas, was man auf eine DNA untersuchen könnte. Bisher handelt es sich um
einen Selbstmord und einen Unfall. Am Fall des Landtagsmitgliedes sollen sich die da oben von mir aus die Zähne ausbeißen. Es wird ihnen immer ein Glied in der Kette fehlen. Verstanden?«
Und wie ich mal wieder verstand. Hauptkommissar Kögel hatte auf seine alten Tage Blut geleckt und sah in diesem Fall eine letzte Möglichkeit, noch kurz vor der Pensionierung eine schöne Stufe hochzufallen.
Aber das war nicht mein Problem. Für mich war nur wichtig, dass er sich in meine Hand begeben hatte und ich nun an der Quelle saß ... und die Tarotkarte, die er bei Martin Hofmann gefunden hatte. Sie trug die Nummer XI. Die Gerechtigkeit.
Verspürte ich da so etwas wie Genugtuung?
Der starke Martin war von einem Gerüst gefallen, das plötzlich Schwächen gezeigt hatte. Ein paar Sicherungen hier, ein paar Bolzen dort gelockert, und schon war es ein Unfall, mit dem sich die Berufsgenossenschaft herumzuschlagen hatte.
Die Kripo würde jedenfalls bald vermelden, dass eine Fremdeinwirkung nicht nachzuweisen gewesen war. Vielleicht hatte Martin sogar noch Restalkohol im Blut. Dann löste sich das Problem für alle Beteiligten ohnehin in Dunst auf.
Ich war gespannt, was Hannah daraus deuten würde. Denn solch ein Witzbold schien der Mörder — oder die Mörderin — nicht zu sein.
»Was haben wir jetzt vor?«, nahm ich Kögel gleich beim Wort.
»Werden Sie bald sehen«, murmelte er angespannt und begann sich mit Blaulicht den Weg durch den Verkehr zu bahnen.
Wenige Minuten später bogen wir in die Südstadt ab. Dieses Kölner Viertel mit seinen teilweise noch aus der Kaiserzeit stammenden Mietshäusern hatte sich im Laufe der Jahre zu einem Tummelplatz von Rentnern, Studenten, Künstlern, kinderreichen Familien und Angehörigen anderer Nationen entwickelt. Hier gab es noch so etwas wie Nachbarschaft, die einander kannte und auch half, wo es nötig war. Kleine Geschäfte wehrten sich mehr oder weniger erfolgreich gegen die Handelsriesen und vermittelten das Flair einer noch heilen Welt.
Nur mit Parkplätzen war es auch hier schlecht bestellt. Kögel stellte den Wagen kurzerhand in eine Einfahrt und ließ das Blaulicht laufen.
»Jetzt bin ich es leid«, knurrte er und schloss den Wagen ab. »Wollen doch mal sehen, was wir hier finden.«
Fast im Laufschritt erreichten wir einen Hauseingang, der schon seit Jahrzehnten keine Renovierung mehr erfahren hatte.
Kögels Blick flog die Klingelreihe entlang.
»Dritter Stock«, stellte er grunzend fest und hetzte die ausgetretenen Holzstufen hinauf.
»Hier ist es«, keuchte er und deutete auf eine der drei Wohnungstüren, an der ein kleines Messingschild den Namen »M. Hofmann« trug.
Er nestelte einen Satz Spezialschlüssel aus seiner Tasche und hatte in Sekunden das Sicherheitsschloss geöffnet.
»Na, na, tut man denn so was? Ich denke, es war ein Unfall. Dann ist das hier ein Einbruch«, drohte ich mit dem Finger.
»Seit wann fragen Journalisten nach Gesetzen?«, flüsterte er und schloss die Tür hinter uns.
»Entweder war schon jemand vor uns hier, oder dieser Hofmann war ein Schlamper.«
Die Wohnung sah allerdings wie nach einer gewaltsamen Durchsuchung aus. Alle Schubladen waren herausgerissen, Kleider lagen wild durcheinander herum, selbst das Geschirr aus dem Küchenschrank lag zerborsten auf dem Boden.
Hier stimmte etwas nicht. Das war nicht die Handschrift unseres Unbekannten. Der hatte bisher seinen Tatort so verlassen, als wenn es ihn nie gegeben hätte.
Kögel schien der gleichen Meinung zu sein. Er rief die Spurensicherung über Handy herbei.
»Hier will uns einer verarschen«, schimpfte er ungehalten. »Das war nicht unser Mann ...«
»Oder hier legt jemand eine falsche Spur«, gab ich zu bedenken.
»Glaube ich nicht. Denn fällt Ihnen etwas
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