Das Erbe Der Loge: Roman
lenkte er ein. »Ich muss ja nicht jedem auf die Nase binden, dass ich es von Ihnen habe.«
Mein Auto war noch nicht abgeschleppt worden. Das Presseschild hinter der Windschutzscheibe hatte einmal etwas Positives bewirkt. Dafür stapelten sich die untergeklemmten Strafzettel unter dem Scheibenwischer.
»Auf der Domplatte ist auch für Journalisten das Parken verboten«, grinste Kögel. »Aber ich könnte das abbiegen, wenn Sie mich für Ihren Artikel über Martin Hofmann einmal Ihr Chefredakteur sein lassen würden.«
Ich überschlug die Summe der Knöllchen und befand, dass sein Vorhaben nicht schlimmer sein konnte als die Aussicht, eine Woche kein Geld für Bier zu haben.
»Was soll ich schreiben ...?«
7
Meine Mailbox zeigte mehrere Anrufe aus Hannahs Hotel an. Aber ich hatte kein Bedürfnis, mir schon wieder eine Nacht mit ihr um die Ohren zu schlagen.
Dreißig Jahre Altersunterschied waren reizvoll und ließen Blut in Wallung geraten, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich es überhaupt hatte. Aber jede Nacht ...?
Ich nahm Kögels Warnung als willkommene Ausrede, diesen Abend mal wieder unter Freunden in meiner Stammkneipe zu verbringen. Ohne Frau.
Weit nach Mitternacht zog ich mich am Treppengeländer in den vierten Stock hoch.
»Oh je«, ertönte von oben eine bekannte rauchige Stimme. »Schaffst du es noch alleine, oder soll ich helfen?«
Die letzten Stufen versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen und den aufrechten Gang wieder einzuführen.
»Was machst du denn hier?«, stellte ich die immer gleiche dumme Frage von Betrunkenen, wenn sie überrascht wurden.
»Ich suche eine Toilette. Beeile dich!« Hannah trat von einem Bein auf das andere.
Es dauerte länger als sonst, bis der Schlüssel ins Schloss glitt.
Und mir fiel nichts Besseres ein, als mir in dem Augenblick, in dem Hannah in der Toilette verschwand, darüber Gedanken zu machen, ob ich die Kloschüssel geputzt hatte. Dass die Brille hochgeklappt war, konnte ich jetzt auch nicht mehr ändern.
»Entschuldige, dass ich dich so spät noch nerve«, ließ sie sich neben mir auf dem Sofa nieder, ohne den Zustand meines stillen Örtchens und die nicht beantworteten Anrufe zu erwähnen. »Ich muss die erste Maschine nach Johannesburg nehmen. Aber ich glaube zu wissen, was die Karten sagen sollen.«
»Es gibt noch eine«, murmelte ich.
»Umso besser. Lass mich erklären, was es damit auf sich haben kann.«
Sie sagte das, als sei es völlig normal, dass hinter jeder Karte auch ein Toter hing oder lag.
»Mach nicht so ein Gesicht. Ich habe es doch prophezeit. Und wenn jetzt drei Karten immer noch keinen Sinn ergeben, dann wird es noch ein paar Tote geben. Bis es eben einen Sinn ergibt. Also versuche mir bitte jetzt ein paar Minuten zu folgen. Oder soll ich dir vorher noch ein Bier zum Nüchternwerden holen?«
Das fehlte noch, und ich schüttelte den Kopf.
»Ich habe dir hier etwas aufgezeichnet«, sie breitete zwei Blätter auf dem Couchtisch aus, »was wahrscheinlich der Code ist, um die Botschaft der oder des Unbekannten zu entschlüsseln, und vermutlich auch dazu führen wird, dass wir irgendwann den Gesamtcode in diesem Buch verstehen können.«
Es folgte die Erklärung einer Tabelle, mit der ich auch ohne ein paar Bierchen zu viel meine Probleme gehabt hätte.
Hannah ging davon aus, dass das hebräische Alphabet aus nur 22 Schriftzeichen bestand, im Gegensatz zum deutschen Alphabet, das ohne Umlaute 26 Buchstaben umfasste.
Jedes Schriftzeichen, das man sehr laienhaft mit einem Buchstaben vergleichen konnte, hatte eine Ziffer. So wie bei uns das »A« Nummer 1, und »Z« Nummer 26 im Alphabet waren.
Jedem Schriftzeichen war eine Trumpfkarte des Tarot zugeordnet.
»Verstehst du das bis hierher?«, überprüfte sie meine Aufnahmefähigkeit.
Ich nickte notgedrungen.
»Gut. Wir haben jetzt drei Trumpfkarten. Den Wagen mit der Kartennummer VII, den Hängenden mit der Nummer XII und die von heute, die Gerechtigkeit mit der XI. Diese Karten suchst du am rechten Rand und vergleichst, welches Schriftzeichen ihr zugeordnet ist. Kannst du immer noch folgen?«
»Ich brauche doch ein Bier«, stöhnte ich.
»Bleib sitzen. Du kommst ja nicht mehr hoch. Wo ist es?«
Ich deutete Richtung Küche, aus der es Sekunden später kam: »Typisch Junggeselle. Bei mir sieht es auch nicht anders im Kühlschrank aus.«
Sie kam mit zwei Flaschen zurück und stieß mit mir an. »Le chaim!« Nach einem großen Schluck fuhr sie unbeirrt fort: »Der
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