Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
Vom Netzwerk:
schmutzigen Kleidung, und
machte sich auf zum Fluss, um sie in Gesellschaft der anderen Frauen zu waschen. Begeistert lief Niketas ihr nach.
     
    »Dreißig Dinare?«, lachte Halim und ließ das Buch auf den Tisch fallen, als würde das Gewicht den Wert bezeugen. »Dreißig Dinare für dieses Prachtstück von Kunst und Gelehrsamkeit? Ihr wollt mich beleidigen!«
    Der Agent des Sultans seufzte vernehmlich und wünschte sich zurück in die Gassen des Basars, um bei einem friedlichen Pfeifchen zu sitzen. »Du solltest es mir schenken! Ist die Ehre, das Buch im Besitz von Sultan Omar zu wissen, nicht allemal mehr wert als schnöde Münze?«
    »Von der Ehre des verehrten Sultans Omar, gepriesen sei er, kann ich meine Familie nicht ernähren, meine Frau nicht, meine vielen Kindern nicht«, ereiferte sich Halim und schüttelte nun die Faust. »Und wenn dein Herr so geizig ist, dann wundert mich sein Reichtum nicht!«
    Es war heiß, und ein Geruch von tausend Gewürzen wehte in den schattigen kleinen Laden, den Halims Familie seit sechs Generationen in Bagdad führte.
    »Fünfunddreißig Dinare, sonst kostet mich der Kauf meine linke Hand als Aufschlag!«, sagte der Hofbeamte.
    »Gib mir vierzig Dinare, und gib sie mir schnell, sonst gibt es ein Unglück!«, schrie Halim und bekam tatsächlich die geforderte Summe zugeschoben. Dafür packte er das feine Buch in edles Papier und klebte sein Siegel darauf.
    Der Agent des Sultans verbeugte sich tief, und beide Männer trennten sich in der Gewissheit, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Zufrieden setzte sich Halim auf seinen Schemel und kaute ein paar Pinienkerne.
    »Vierzig Dinare?«, hörte er die Stimme von Sura, seiner Tochter, die im Hinterzimmer die Rechnungsbücher für ihn
führte. »Du hättest sechzig verlangen sollen - und fünfzig bekommen.«
    Sie brachte ihm einen Hong Cha in einer dünnwandigen Schale, und Halim ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich hätte fünfundvierzig bekommen, doch der Sultan hätte sich künftig einen anderen Schriftenhändler gesucht. Es ist nicht gut, den Kunden zu verprellen.«
    »Du bist der beste Antiquar im ganzen Reich, niemand bei Verstand kauft woanders«, beharrte Sura, und Halim fiel wieder ein, warum sie trotz ihrer Schönheit noch nicht versprochen war. Er hatte es allerdings auch nicht eilig, sie unter die Haube zu bringen. Seine Hamra war früh verstorben, und Sura war sein einziges Kind. Von großer Familie sprach er nur, wenn es galt, einen guten Preis zu erzielen.
    Eine Windböe trieb Sand durch die Gasse und kündigte einen größeren Sturm an. Halim hustete schwer. »Wir sollten für heute schließen.«
    Sura klappte die Läden vor den Fenstern zu und zurrte das schwere Tuch vor dem Eingang fest. »Es sammelt sich in deinen Lungen, Vater. Die Hitze ist so schädlich für dich wie die Trockenheit. Ich habe gelesen …«
    »Möge mir der Himmel verzeihen, dass ich dich lesen gelehrt habe«, lamentierte Halim. »Es geht mir gut.«
    »Wir könnten das Geschäft an einen anderen Ort verlegen«, fuhr Sura unbeeindruckt fort. »Wo Antiquare unseres Schlages neu sind und die Herrschenden darauf erpicht, unsere Schriften zu kaufen.«
    »Wo soll das sein?«
    »Dort, wo die Sonne untergeht«, sagte Sura. »Wir reisen über Land, bis kein Land mehr kommt. Und dort lassen wir uns nieder.«
    Er kannte ihren Hunger, die Welt zu sehen, und manchmal
gefiel Halim der Gedanke, in ein anderes Reich zu ziehen, in eine andere Stadt, und unter anderen Herrschern zu dienen.
    »Vielleicht«, sagte er bedächtig und hustete erneut.
    Sura stöhnte frustriert.
     
    Rahel trug acht Krüge des dunklen Biers ohne Mühe, und ihre muskulösen Oberarme ließen jeden Gast in der Taverne anständig danken, statt ihr auf den Hintern zu klatschen oder an die Brust zu fassen. Sie hatten schon Nordmänner hinausgeworfen, die sie um zwei Haupteslängen überragten. So mancher kam nur in die Schenke, um sich zu überzeugen, dass sie tatsächlich von einem Weibsbild allein geführt wurde.
    Es gefiel Rahel, so viele Menschen um sich zu haben und ihnen auf ihren Reisen eine kleine Verschnaufpause zu ermöglichen. Ein paar Mädchen aus dem Viertel halfen aus, wenn es Pferde zu versorgen galt oder ein Fest auszurichten war. So hatte sie fast ständig eine »Familie« aus dreißig wechselnden Köpfen um sich, ohne selbst verheiratet zu sein.
    An diesem Morgen war jedoch nicht viel los. Das Wetter war schlecht, und kaum ein Reisender tat freiwillig einen Schritt

Weitere Kostenlose Bücher