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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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von selbst wanderte ihre Hand zum Amulett.
    Eine Rückkehr ist nur mit der Rune Raiðo möglich. Rufe ihre Macht an, und sie wird dich auf deiner Reise leiten.
    Sie erinnerte sich an Gaelithils Worte, so klar und deutlich, als sei es gestern gewesen.
    Suche den Ort auf, an dem sich die Kraftlinien beider Welten kreuzen. Dort berühre den Mondstein und singe noch einmal die Melodie, die dich nach Nymath geführt hat.
    Vorsichtig strich Ajana mit dem Finger über den Mondstein. Und wirklich: Kaum, dass sie ihn berührte, kam Bewegung in den kleinen roten Punkt, der im Herzen des Steins ruhte. Feine rote Linien züngelten daraus hervor, wurden länger, verzweigten sich und bewegten sich schließlich strömend durch den Stein, während der Punkt selbst immer kleiner wurde und langsam verging.
    Und während die Linien wie von Geisterhand das seltsame R bildeten, das Ajana schon einmal im Mondstein gesehen hatte, begann der Mondstein in einem sanften, weißen Licht zu leuchten.
    R für Raiðo. Ajana atmete tief durch. Es war Raiðo, die ihr den Weg nach Nymath bereitet hatte, und es würde Raiðo sein, die sie zurückführte.
    »Es ist also wahr.« Fasziniert beobachtete die Elbin, was geschah.
    »Inahwen.« Ajana hatte plötzlich einen dicken Kloß im Hals. Der Augenblick des Abschieds war nahe, aber sie fühlte, dass sie noch nicht bereit war zu gehen. Es gab noch so vieles, das sie sagen wollte, so viel Ungewisses, das sie belastete, so viel …
    »Es wird alles gut!« Inahwen legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter und schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln. »Der Götterbaum ist ein mächtiger Kraftort. Asza hat dich nicht belogen. Du kannst ihr vertrauen. Sie wird tun, was in ihrer Macht steht, um Keelin zu retten. Mach dir um ihn keine Sorgen, sondern richte den Blick auf jene, die in deiner Welt voller Ungewissheit auf deine Rückkehr warten. Sie vor drohendem Unheil zu bewahren muss nun deine vordringliche Aufgabe sein.«
    »Sagt ihm, ich werde zurückkommen.« Ajana schluckte schwer. Sie wollte nicht daran denken, dass Asza scheitern könnte. Nicht jetzt. Niemals.
    »Das werde ich.« Inahwen nickte ernst.
    Ajana erwiderte nichts. Schweigend nahm sie Cyllamdir aus ihrem Bündel und reichte es Inahwen. Dann ging sie, den Blick fest auf das Amulett gerichtet, auf den zerstörten Baum zu. Irgendwo in der fernen Welt, die ihre Heimat war, gab es Menschen, denen es wie ihr erging. Ihre Mutter, ihr Vater und Rowen hatten die Hoffnung auf ein Wiedersehen noch nicht aufgegeben. Sie sorgten sich um sie und waren vermutlich genauso verzweifelt wie sie in diesem Augenblick, da auch sie nicht wussten, ob sich ihre Hoffnung jemals erfüllen würde.
    Ich werde sie nicht enttäuschen … Ajanas Finger schlossen sich fest um das Amulett, und ihr Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. Sie war bereit.
    Als sie in den Schatten des Baums trat, hörte sie tief in sich jenen ersten dunklen Ton, den sie einst auch auf dem Klavier angeschlagen hatte. Erst leise, dann immer lauter summte sie die Melodie vor sich hin.
    Der Götterbaum verschwamm vor ihren Augen. Die Musik trug sie mit sich fort. Wie damals fühlte sie sich leicht und seltsam entrückt und hatte das Gefühl zu schweben, während alles ringsumher von einem gleißenden Nebel verschlungen wurde, der sich wie ein Strudel im Kreis um sie herum bewegte. Zuckende Fäden aus purem Licht woben ein bizarres Geflecht vor einem weißen Feuer, das die Welt hinter dem Nebel verschlang.
    Keelin!
    Der Gedanke kam einem Aufschrei gleich.
    Ich muss zu ihm! Ich muss zurück!
    Die Sehnsucht war übermächtig. Die Melodie verstummte, das weiße Feuer erlosch, und die zuckenden Fäden verblassten.
    Was blieb, war der gleißende Nebel. Für eine kurze Weile bewegte er sich noch um Ajana herum. Dann hielt auch er inne, ganz so, als hätte sie ein Karussell in voller Fahrt angehalten.
    Sie hatte immer noch das Gefühl zu schweben, leicht und körperlos im endlosen Raum, verloren zwischen den Welten.
    Was ist los? Wo bin ich?, dachte sie mit Schrecken.
    Panik stieg in ihr auf. Sie wollte schreien, doch kein Laut kam ihr über die Lippen, sie wollte sich bewegen, aber als sie an sich heruntersah, konnte sie ihren Körper nicht finden. Sie war wie ein Geist. Nein, nicht wie , sie war ein Geist.
    Jäh wurde ihr bewusst, dass sie einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. Aber es gab kein Zurück. Für Reue war es zu spät. Hin- und hergerissen zwischen zwei Welten, hatte sie sich selbst

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