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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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lächelte, als sie begriff, was die wortlose Botschaft bedeutete. Ehrfürchtig hielt sie die jungfräuliche Knospe ins Licht, drehte sie langsam und betrachtete sie von allen Seiten, als sei sie ein Edelstein von unschätzbarem Wert.
    »Ein Blatt!«, wiederholte sie und schaute dann zu Inahwen. »Wie lange noch?«
    »Zehn Sonnenaufgänge.« Die Elbin lehnte sich entspannt zurück. »Wenn es schnell wärmer wird, vielleicht auch weniger. Ein Falke trug die Knospe am Morgen nach Sanforan. Sie ist ein Zeichen dafür, dass die Kraft des Ulvars zurückgekehrt ist. Sobald sich die Blätter entfalten, kannst du heimkehren.«
    »O Inahwen!« Wie einen Schatz barg Ajana die Knospe in ihren Händen.
    »Nur zehn Sonnenaufgänge?« Fassungslosigkeit schwang in Keelins Stimme mit, als er die Worte der Elbin wiederholte.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es so bald sein würde.« Ajana flüsterte fast.
    »Ich auch nicht.« Keelin erhob sich mit versteinerter Miene und verließ den Raum.
    »Keelin, warte!« Ajana sprang auf, aber Inahwen hielt sie zurück. »Lass ihn«, sagte sie knapp. »Es ist schwer für ihn zu verstehen, dass eure gemeinsame Zeit sich dem Ende zuneigt.« Sie schüttelte bekümmert den Kopf. »Nach dem langen Winter hatte ich gehofft, dass er die Botschaft gefasster aufnehmen würde.«
    »Ich auch.« Ajana machte eine hilflose Geste und ließ sich wieder in den Sessel sinken. »Ich wünschte, ich könnte ihm den Kummer ersparen.«
    »Das kannst du – aber dann müsstest du für immer hier bleiben.« Inahwen lächelte milde.
    »Das geht nicht, mir bleibt keine Wahl. Ich muss gehen.« Verzweiflung schwang in Ajanas Stimme mit. »Keelin weiß das. Und er versteht es.«
    »Sein Geist versteht es. Aber versteht sein Herz es auch?«, gab Inahwen zu bedenken. »Versteht er wirklich, dass du nicht bleiben kannst? Hat er nie versucht, dich umzustimmen?«
    »Doch, das hat er«, gab Ajana zu. »Oft sogar. Und ich habe immer wieder versucht, ihm zu erklären, wie gern ich bei ihm bleiben würde.« Bitternis lag in ihrer Stimme, als sie weitersprach. »Er bedeutet mir so viel, aber …« Sie stockte und fuhr dann fort: »Meine Eltern, meine Freunde … sie alle sind in großer Sorge um mich. Ich muss zurück, um ihnen die Ungewissheit zu nehmen, auch wenn es ihm das Herz bricht. Ich weiß, es ist ungerecht. Aber ich kann nicht anders.«
    »Bist du sicher?«, fragte Inahwen geheimnisvoll. »Du bist eine Nebelsängerin, du besitzt das Amulett, den Schlüssel zu dieser Welt, und du hast vieles gelernt. Wenn du es wirklich willst, und das ist meine feste Überzeugung, wird es dir auch gelingen, hierher zurückzukehren.«
    »Ihr meint, ich könnte ihn Wiedersehen?« Ajanas düstere Miene hellte sich ein wenig auf, aber die Zweifel waren stärker. »Das Amulett war an die Nebel gebunden, und ich habe den Bann gebrochen«, gab sie zu bedenken. »Das magische Band, das Gaelithil einst wob, ist Geschichte. Niemals mehr wird eine Nebelsängerin nach Nymath reisen müssen. Wie könnt Ihr da so sicher sein, dass ich den Weg hierher zurückfinde?«
    »Du kennst die Macht der Runen und weißt sie zu nutzen«, erklärte Inahwen. »Du warst länger in Nymath als jede andere Nebelsängerin zuvor. Die magischen Nebel sind nicht mehr, das ist richtig, aber die Magie der Runen ist ungebrochen. Du kannst mit ihnen inzwischen so selbstverständlich umgehen wie andere mit Feder und Tintenfass, und sei es auch nur, um dich und Keelin vor dem Regen zu schützen.« Sie maß Ajana mit einem langen, schwer zu deutenden Blick. »Es wird nicht einfach sein, aber ich weiß, du kannst es vollbringen!«
    Ajana blieb skeptisch. Bisher hatte sie sich nur vor die Wahl gestellt gesehen, in Nymath zu bleiben oder nach Hause zurückzukehren. Aber jetzt …
    »Dann gibt es vielleicht doch eine Zukunft für Keelin und mich«, folgerte sie zaghaft. »Dann wäre es nur eine Trennung auf Zeit, wenn ich Nymath verlasse?« Ihr Herz klopfte heftig, als sie über Inahwens Worte nachdachte. Plötzlich erschien ihr die Zukunft nicht mehr grau und trostlos, sondern voller Hoffnung. »Ich muss mit Keelin sprechen!« Sie wollte aufstehen, aber Inahwen hielt sie zurück.
    »Warte! Was du ihm sagen möchtest, will wohl überlegt sein!«, mahnte sie. »Bedenke, es könnten Jahre vergehen, ehe du zurückkehrst. Willst du wirklich von ihm verlangen, dass er all die Zeit auf dich wartet?« Sie schaute Ajana an, und es war, als blicke sie ihr bis auf den Grund der Seele.
    »Ja.

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