Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
schickte, auch noch in vollem Ornat und mit all ihren Ehrenzeichen erschienen wäre? Nerija meinte zwar, das gerade dies den Bürgern wieder etwas Hoffnung geben könnte, denn das große Banner Solatwans verbesserte immer die Laune jener, die es erblickten. Sie hatte sich jedoch dagegen entschieden.
Valralka und Eilirond unterhielten sich auf dem Weg zurück zum Schloss über das leidige Thema, wie Eilirond es nannte. Die Königin hatte nämlich beschlossen, auch die Waffenführung zu erlernen. Eilirond war allerdings strikt dagegen, er befürchtete nämlich, dass Valralka, sollte sie sich ihrer Sache zu sicher sein, auch in den Krieg ziehen würde. Noch einen Herrscher dürfte Maladan nicht verlieren. Die anfänglichen Zweifel, die Eilirond gegenüber Valralka gehegt hatte, waren inzwischen verschwunden. Sie war zwar noch ein Kind in seinen Augen, doch hatte sie alles, was eine Königin brauchte. Sie konnte gut die Dinge gegeneinander abwägen, auch wenn sie nicht zum selben Ergebnis gelangte wie er. Und sie verfügte über ein starkes Durchsetzungsvermögen. Dies ließ ihn zwar oft im Zorn entflammen, aber Nerija beruhigte ihn meistens mit der Frage, ob ihm eine schwächere Königin lieber wäre. Sie hatte recht, das wäre in diesen Tagen viel schlimmer gewesen. Gar nicht auszudenken, wenn ein wankelmütiger Charakter auf dem Thron Maladans Platz genommen hätte und über sie herrschen würde. Eilirond würde schließlich Valralkas Forderungen nachgeben und einen der Schwertmeister mit ihrer Ausbildung im Schwertkampf beauftragen. Er hoffte nur inständig, dass sie nicht selbst in den Krieg zu ziehen gedachte. Als sie ihm, nun auf der großen Brücke angelangt, dieses Versprechen gab, stimmte er schließlich zu. Doch nur bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr wolle sie sich daran halten, erklärte sie ihm. Ein Herrscher Maladans dürfe keine Entscheidungen treffen, die für alle Zeiten galten, ohne sich über deren Folgen Gedanken zu machen. Eilirond wusste, was Valralka damit meinte, und ging mit seiner Zustimmung allen weiteren Diskussionen aus dem Weg.
Als Valralka des Abends alleine in ihrem Zimmer am Fenster stand und nach Westen blickte, griff sie wieder zu der Halskette, in der ihr Stern verwahrt lag. Schon seit vielen langen Wochen hatte sie das Amulett nicht mehr geöffnet. Sie fürchtete, dass die Kraft des Lichtes, die von dem Stern ausging, immer mehr nachließ, umso öfter sie ihn anschaute. Daher holte sie ihn nicht mehr hervor und hoffte, dass das Licht des Sterns dadurch länger erhalten bliebe. Hatte Tankrond ihren Brief in der Zwischenzeit erhalten oder hatte er ihn noch nicht erreicht? Wenn Leinars Bruder im zweiten Monat des neuen Jahres losgefahren war, dann könnte es gar sein, dass Tankrond den Brief am heutigen Tage erhalten hatte. Aber wer konnte das wissen, außer dem Boten selbst. Und natürlich Tankrond.
Valralka konnte nicht wissen, dass tatsächlich ihre Nachricht an Tankrond schon auf dem Weg über die Großen Meere Vanafelgars war. Elingir, der Bruder Leinars, hatte vor zwei Tagen in Ilindar Segel gesetzt und war auf dem Weg nach Schwarzenberg. Jedoch musste er unterwegs noch weitere Häfen anlaufen, in denen er Fracht aufnehmen wollte. Er musste zuerst noch nach Tholbar und anschließend nach Nargond, ehe er Schwarzenberg anzusteuern gedachte. Hätte Valralka dies gewusst, wäre ihr die Zeit viel zu lange vorgekommen, die Tankrond auf eine Nachricht von ihr warten musste. Aber sie wusste es nicht und so nahm das Schicksal weiter seinen Lauf.
A uch wenn es noch niemandem in ganz Vanafelgar aufgefallen war, waren nun höhere Mächte am Werk.
Weitere Kostenlose Bücher