Das erotische Naschwerk
hatte sich von Sitzung zu Sitzung verändert, als würde ihn etwas bedrücken.
Stand er womöglich unter Zeitdruck? Oder plagten ihn finanzielle Sorgen?
Bei dem zweiten Problem konnte sie ihm womöglich behilflich sein. Ihr stand ein kleines Vermögen zur freien Verfügung. Eigentlich musste sie nur den Mut finden, ihn auf seine Laune anzusprechen. Leider wollte dieser benötigte Mut nicht aufkommen.
Er machte sie nervös. Nicht nur sein Talent beeindruckte sie so sehr, dass es sie ein wenig einschüchterte. Er selbst ließ sie nervös werden.
Eine Frau, tanzend, nur in Tücher gehüllt, das war es, was sie als Erstes von ihm gesehen hatte. Das Gemälde besaß eine unbeschreibliche Lebendigkeit, Energie, Leidenschaft. Man wollte mittanzen, wollte sich umgarnen lassen von der exotischen Tänzerin. Das Begehren, die zarten Tücher zu spüren, wie sie über die nackte Haut glitten, wurde zu einer so starken Fantasie, dass man sie wirklich fühlen konnte. Das Bild hatte sie in seinen Bann gezogen, so wie nur kurze Zeit später der bloße Anblick des Künstlers.
Sein Haar war wild, sogar wilder als bei den arroganten Dandys. In seinen Augen glühte das Feuer eines Besessenen. Etwas Unnahbares umgab ihn. Pierre war ein Künstler, das konnte man sehen und spüren.
Als sie sich das erste Mal unterhielten, hatte sie voller Neugier und Verlangen an seinen Lippen gehangen. Seine Stimme, seine Worte und vor allem das, was er nicht aussprach, hatten sie gefesselt und fortgetragen. Sie wollte ein Teil seiner Kunst sein, wollte sich so voller Leben und Leidenschaft sehen, wie die Tänzerin. Es war kein Porträt, welches sie ihren Eltern schenken konnte, das sie begehrte, sie wollte sich sehen, wie sie sich noch nie gesehen hatte. Ihr gemaltes Abbild sollte den Betrachter fesseln, in ihm Gelüste und Begehren wecken, er sollte empfinden, was sie empfand. Die Zweifel, ob dies überhaupt möglich war und Pierre sie als würdig genug erachten würde, hatten es ihr schwer gemacht, sich als Modell anzubieten. Um so glücklicher war sie gewesen, als er ihr Angebot freudig angenommen hatte.
Voller Aufregung und Spannung hatte sie der ersten Sitzung entgegengefiebert. Es war gut gewesen sie zuerst nur zu porträtieren, so hatte sie sich auf die Gegebenheiten einstellen können. Allerdings keimte bei der dritten Sitzung ein wenig Verdruss in ihr auf.
Er hatte sie gezeichnet, so wie sie war. Kein noch so kleines Stück ihres Körpers musste sie entblößen. Keine andere Kleidung anziehen. Starke Zweifel waren in Isadora aufgekeimt, ob er in ihr sehen konnte, was sie so sehr begehrte zu sein. Eine leidenschaftliche, feurige, nackte Frau.
Nur zögernd war sie zur vierten Sitzung gegangen. Noch eine biedere Zeichnung ihres gesellschaftlichen Selbst hätte sie nicht ertragen, doch dieses Mal kam die erlösende Frage. Würde sie ihm als Aktmodell zur Verfügung stehen?
Erleichterung und Anspannung hatten durch ihre Seele gewütet, sie ganz betäubt, sodass einige Momente vergingen, bis sie zustimmen konnte.
Mittlerweile machte Pierres Verhalten sie nervös. War sie nicht das, was er sich erhofft hatte?
Stellte sie sich ungeschickt an? Oder fehlte ihr schlussendlich die richtige Ausstrahlung?
Nur wie konnte das sein?
Noch nie zuvor hatte sie sich so gut, so frei, so erhitzt gefühlt. Das zarte Tuch, das ihre Scham bedeckte, glich dem Kuss eines Liebhabers. Jegliche Schamhaftigkeit hatte sie mit dem Kleid abgelegt. Erfüllt war ihr Wesen von Freiheit und Wohlbefinden.
„Legt Euch ganz gerade hin“, sagte Pierre und betrachtete kritisch die Umsetzung seiner Idee.
Er kniete sich nieder, strich ihre Haare nach hinten, zog ihren Arm ein bisschen zur Seite und betrachtete sie erneut. Seine Finger spürten noch immer ihre Haut, ihr Haar. Ihre Position war ideal, doch er wollte sie weiter berühren, wollte mehr von ihrer Wärme spüren, sein Verlangen schrie auf.
Ohne wirklich zu wissen, was er tat, streckte er seine Hand aus und strich sanft mit dem Handrücken über ihre Wange und ein Stück ihren grazilen Hals entlang. Erschrocken richtete sich Isadora auf. Pierre blickte in ihre erschreckten Augen und wich zurück.
„Es tut mir leid. Es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen.“
Sein Herz raste, sein Verstand suchte nach erklärenden Worten. So konnte er das nicht stehen lassen. Isadora durfte nicht den Eindruck gewinnen, er hielte sie für eines dieser Dinger, die man einfach benutzte.
„Ich will, dass Ihr wisst, ich bin keiner
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