Das erste Gesetz der Magie - 1
Seine verdreckten weißen Hosen und sein schmutziges weißes Hemd verrieten, daß er nicht freiwillig mitgekommen war. Chase verpaßte ihm einen Stoß und zwang ihn vor Richard zu Boden.
Richards Stimmung wurde düster, als er seinen Bruder ansah. Michael hob den Blick und sah Richard voller Verachtung an.
»Ich werde es nicht zulassen, daß man mich auf diese Weise mißhandelt, mein kleiner Bruder.« Seine Stimme klang so überheblich wie immer. »Du hast keine Ahnung, auf was du dich eingelassen hast, keinen Schimmer von meinen Plänen. Du weißt nicht, wie ich allen durch die Vereinigung von Westland und D’Hara geholfen hätte. Du hast das Volk zu sinnlosem Leiden verdammt, das Darken Rahl ihnen hätte ersparen können. Du bist ein Narr.«
Richard dachte darüber nach, was er alles hatte durchmachen müssen, was Zedd, Chase und Kahlan hatten durchmachen müssen. Er mußte an all jene denken, die durch Rahls Hände gestorben waren, sowie die zahllosen Toten, von denen er nie etwas hören würde. All das Leid, die Grausamkeit und Brutalität. Er mußte an all die Tyrannen denken, die unter Darken Rahl hatten gedeihen können, angefangen von Darken Rahl selbst bis hin zu Prinzessin Violet. Er dachte an die Menschen, die er getötet hatte. Beim Gedanken an das, was er hatte tun müssen, verspürte er Kummer und Qual.
Das metallische Klirren des Schwertes der Wahrheit füllte die Luft. Michael riß die Augen auf, als er sah, daß die Spitze auf seine Kehle gerichtet war.
Richard beugte sich ein wenig dichter zu seinem Bruder herüber. »Grüße mich mit dem Gruß des Verlierers, Michael.«
Michaels Gesicht verfärbte sich tiefrot. »Lieber sterbe ich.«
Richard nickte und richtete sich auf. Er blickte seinem Bruder tief in die Augen, als er das Schwert fortnahm. Richard hielt seinen Zorn im Zaum und versuchte, das Schwert weiß zu färben. Es ging nicht. Er ließ die Klinge zurück in die Scheide gleiten.
»Ich bin froh, daß wir beide etwas gemeinsam haben, Michael.
Wir würden beide für unsere Überzeugungen sterben.« Er löste den Blick von Michael und musterte die große, geschwungene Streitaxt an Chase’ Gürtel. Er hob den Kopf und blickte dem Grenzposten in das entschlossene Gesicht. »Richte ihn«, sagte er leise. »Bringe seinen Kopf seiner Leibgarde. Sag ihnen, er sei auf meinen Befehl hin wegen Verrats an Westland hingerichtet worden. Westland wird sich einen neuen Obersten Rat suchen müssen.«
Chase vergrub seine riesige Faust in Michaels Haar. Michael stieß einen Schrei aus, sank auf die Knie und entbot den Salut des Verlierers.
»Richard! Ich flehe dich an, du bist doch mein Bruder. Du darfst nicht zulassen, daß er mich tötet! Es tut mir leid, vergib mir. Ich habe mich geirrt. Bitte, Richard, vergib mir.«
Richard blickte auf seinen Bruder herab, der zitternd vor ihm auf den Knien lag und die Hände flehend in den Himmel reckte. Richard nahm den Strafer in die Faust, spürte den Schmerz, den er ihm bereitete, und akzeptierte ihn. Erinnerungen blitzten bildhaft durch sein Gedächtnis. »Darken Rahl hat dir gesagt, was er mit mir tun würde. Du hast Bescheid gewußt. Du hast gewußt, was mit mir geschehen würde, und es war dir egal, weil du dir einen persönlichen Vorteil davon versprochen hast. Michael, ich vergebe dir alles, was du mir angetan hast.« Michael sackte erleichtert zusammen. Der Sucher richtete sich auf. »Aber was du anderen angetan hast, kann ich dir unmöglich vergeben. Wegen deiner Taten haben andere ihr Leben eingebüßt. Wegen dieser Verbrechen wirst du hingerichtet werden, nicht wegen derer gegen mich.«
Michael schrie auf und kreischte, während Chase ihn fortschleppte. Zitternd, gequält verfolgte Richard, wie sein Bruder zur Hinrichtung geführt wurde.
Zedd hob die Hand und legte sie auf Richards Hand, die den Strafer hielt. »Laß ihn los, Richard.«
Richards Gedanken überdeckten den Schmerz, den er ihm bereitete. Er blickte Zedd an, der vor ihm stand und seine knochige, ledrige Hand auf seine gelegt hatte, Zedd sah Dinge in den Augen seines Freundes, die er dort noch nie gesehen hatte: er verstand Richards Schmerz. Richard ließ den Strafer los.
Kahlans Blick fiel auf ihn, als er wieder um seinen Hals baumelte. »Richard, mußt du dieses Ding wirklich behalten?«
»Im Augenblick ja.Ich habe es jemandem versprochen, den ich getötet habe. Jemandem, der mir beigebracht hat, wie sehr ich dich liebe. Darken Rahl hat geglaubt, mich hiermit besiegen zu
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