Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Spruch könnte stark genug sein, um mehreren Morgen Land die Wärme zu entziehen?«
Sie blieb so abrupt stehen, dass ich beinahe in sie hineingelaufen wäre.
»Ihr meint das nicht ernst, oder?«
»Ich kenne mich mit Magie nicht so aus. Ich weiß nur, dass ein Sturm wie dieser nicht an einer Stelle verharrt.«
»Dieser tut es.«
»Ja.«
Sie sah mich entsetzt an, dann schüttelte sie energisch den Kopf. »Nein. Ich sagte, es gäbe theoretisch keine Grenze, aber das hier wäre nicht machbar. Es müssten Hunderte, wenn nicht gar Tausende Maestros zusammenarbeiten, um einen solchen Effekt zu erzielen.«
Ich sah sie an. »Seid Ihr Euch sicher?«
»Ja. Dieser Sturm ist kein Werk von Magie.«
Dies beruhigte mich nur zum Teil. Auch Zokora hatte etwas an diesem Sturm wahrgenommen, das ihn merkwürdig erscheinen ließ. Ich beherrschte selbst ein paar kleine Tricks, hier und dort aufgegabelt, sinnvolle Sachen wie einen Funkenflug, um eine Kerze anzuzünden, oder einen anderen, um einem Wein Säure zu entziehen. Damit waren die Grenzen meiner Magie auch schon erschöpft, und eigene Theorien wagte ich erst recht nicht anzustellen, weil mir einfach das Wissen fehlte.
Wir betraten den Gastraum, dort war es kühler und ruhiger als je zuvor. Die Familie des Barons hatte es sich zusammen mit Sternheim und seinen zwei Kollegen an einem Kamin bequem gemacht; es sah aus, als ob sie für die Nacht bleiben wollten. Der Stall war ihnen nicht mehr geheuer. Der zweite Knecht Eberhards stand hinter der Theke und lächelte uns unsicher an.
Nachdem ich Lea zu unserem Tisch geleitet hatte, begab ich mich zur Theke.
»Wir benötigen ein großes, gutes Mahl.« Mein Magen erinnerte mich daran, dass auch ich heute wenig gegessen hatte.
»Wir haben guten Eintopf, aber heute könnt Ihr auch einen Rinderbraten erhalten«, sagte der Junge.
»Zwei große Portionen. Wir haben richtig Hunger.«
Der Knecht lächelte erleichtert. »Den Hunger können wir stillen, wir haben mehr als genug Vorräte. Heute Mittag haben wir eine Kuh geschlachtet.«
»Gut.« Ich konnte mir denken, welche Kuh das war. »Wie heißt du, mein Junge?«
»Martin, Ser.«
»Bis das Essen kommt, wäre ein Grog nicht unwillkommen.« Er nickte und eilte durch die Tür hinter der Theke zur Küche.
Ich kehrte zu Lea zurück. Sie bereitete mir noch immer Sorgen. Ihre Haut besaß nicht mehr die Tönung von Alabaster, sie erschien mir grau. Sie hatte den Kopf zurückgelehnt, sich in ihren Umhang gewickelt und die Augen geschlossen.
»Kann ein solches Missgeschick einen Maestro umbringen?«, fragte ich sie leise.
»Ja. Es ist verzwickt. Magie ist nicht für jeden gleich«, antwortete sie mir, ohne die Augen zu öffnen. »Man kann den Zauber auch nicht genau niederschreiben, es ist mehr ein Prinzip. Der Maestro muss ihn selbst probieren, um herauszufinden, wie er die Magie am besten lenkt und verwaltet. Ich weiß nun, wie ich es besser machen kann. Wenn ich einen Spruch ein Dutzend Mal ausführe, wird er mich kaum mehr belasten, weil ich weiß, wie ich ihm die Magie zuführen kann; habe ich es hundert Mal getan, ist es ein Fingerschnippen, wirke ich ihn zum tausendsten Mal, ist es kaum mehr als ein Gedanke.« Sie öffnete die Augen und sah mich an. »Nur der Weg dahin bringt einen um.«
Der Junge, Martin, brachte unseren Grog. Sie nahm ihn dankbar auf, wärmte sich die Hände, trank dann langsam.
»Passiert das oft?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ab und an. Man hat ein Gefühl dafür, ob man für die Magie bereit ist. Ich fürchte, ich habe mich überschätzt.«
»Achtet darauf, dass es sich nicht wiederholt.«
»Ich werde mir Mühe geben«, sagte sie mit einem leichten Lächeln. Dieses Lächeln beruhigte mich, obwohl sie immer noch erschöpft wirkte. Eine Sorge fiel von mir ab und Erleichterung machte sich breit. Ich wollte es ihr gerade mitteilen, als Martin erneut erschien, diesmal mit zwei großen Platten, angehäuft mit Braten, Kartoffeln und einem Gemüse, dessen Namen ich in meinem Gedächtnis erst suchen musste: Broccoli. Aus ihrem Beutel nahm sie eine zweizinkige Gabel.
»Ich mag es nicht, fettige Finger zu haben«, sagte sie, als sie meinen fragenden Blick bemerkte. »Ich finde diese Gabeln ganz praktisch.«
Ich sah ihr zu, wie sie aß. Sie benutzte die Gabel, um das Fleisch zu halten und mit ihrem Dolch ein Stück abzuschneiden. Es leuchtete mir ein. Man verbrannte sich nicht, und das Essen rutschte einem auch nicht aus den Fingern. Ich winkte Martin
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