Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
blockierte. Die nächsten Reisenden wählten den Weg durch die Schneise und fanden hier einen Gasthof vor. Und so begann alles.«
»Dieser Hof stand bereits?«, fragte ich.
»Ja, niemand weiß, wie lange schon. Als ich jünger war, stieg ich mal zum Pass selbst auf, erklomm die Berge in der Gegend, sah auch die alte Festung.«
Ich schaute auf. »Ich habe von ihr gehört. Wäre sie kein besserer Ort gewesen?«
»Nein. Vor langer Zeit schon muss der Weg zu ihr weggebrochen sein. Sie steht hoch am Felsen, nichts für Wagenräder, unerreichbar selbst für einen geübten Kletterer. Vielleicht wäre es im Sommer, wenn der Fels nicht vereist ist, möglich, vom Gipfel aus zu ihr herabzusteigen, aber ich glaube es nicht. Die Festung ist unerreichbar und wird ihre Geheimnisse weiter wahren. Wie dem auch sei, eines Tages habe ich etwas im Eis gesehen. Einen Ragtor.«
»Ich dachte, das wären legendäre Wesen«, warf Lea ein.
»Das dachte ich auch. Das Eis war klar, ich konnte die Kreatur deutlich sehen, fast schien es, als musterte sie mich auch. Sie war doppelt mannshoch, hatte sechs Beine, war schwarz geschuppt wie ein Drache und trug über dem Furcht erregenden Maul zwei scharfe Hörner. Das Eis hält sie wohl heute noch gefangen … Eis ist ewig.«
»Ihr meint …«, hauchte Lea.
Der Wirt nickte. »Ich denke, dass sowohl die Festung am Pass als auch dieser Ort hier errichtet wurden, als unsere Vorfahren dieses Land besiedelten. Hier endete früher unser Land, und wo heute Coldenstatt liegt, herrschten wilde Barbarenstämme, Orks und Ungeheuer. Grund genug, diesen Pass zu bewachen.« Er nahm einen Schluck Wein. »Ich befürchte, diese tapferen Recken befinden sich seit der Zeit der Legenden dort unten.«
»Hmm.« Ich zog an meiner Pfeife. »Das wirft eine andere Frage auf. Ihr wusstet nicht, was sich dort unten verbarg?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich hatte keine Ahnung. Der Turmkeller ist selbst so tief ins Gestein geschlagen, dass ich nicht auf die Idee kam, jemand hätte noch tiefer graben wollen.«
»Dann bleibt die Frage, wer davon wusste«, sagte Leandra.
»Genau diese Frage stelle ich mir auch. Wer ahnte etwas von dem Schacht und dem Raum darunter? Und was genau wurde dort gesucht?«
»Ich denke, es wird derjenige sein, der damals das Seil durchgeschnitten und so diese Bullen dem eisigen Tod überantwortet hat.«
»Das wäre dann Jahrhunderte her«, sagte ich.
Eberhard sah Lea an. »Manche leben lange. Und andere beichten auf dem Sterbebett, wieder andere erzählen, vom Geist der Reben beflügelt, Geschichten im Wirtshaus. Und manchmal schreiben sie auch nieder, was sie erlebt haben.«
»Ich weiß, dass die Mönche von Astarte die Sterbebeichte schriftlich festhalten«, warf Lea ein. »Ich möchte nicht wissen, wie viele Geheimnisse in den Archiven der Tempel lagern.«
»Das hilft uns nicht weiter«, sagte ich. »Es gibt tausend Möglichkeiten.«
»Wenn Ihr mir helft, wissen wir morgen mehr. Wenn der Eindringling zum Schacht zurückkehrt, dann kann ich herausfinden, wer es ist«, sagte Leandra. Sie sah den Wirt an. »Habt Ihr Ingwer?«
Er nickte.
»Ich brauche etwas davon, eine Teeschale voll.«
»Das ist ein Vermögen wert.«
Sie sah ihn nur an, und er nickte. »Es soll mir nun wirklich nicht der Geiz den Garaus machen. Was sonst?«
»Silber. Geriebenes Silber. Und etwas Salpeter.«
Eberhard nickte. »Ich kann Euch das alles besorgen.«
»Gut. Trefft uns in einer halben Kerze am Abgang zu Eurem Keller. Braucht Ihr Euren Schlüssel wieder?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe einen weiteren.«
»Vielleicht lösen wir so auch das Geheimnis, weshalb eine geschlossene Tür kein Hindernis war«, sagte er dann und erhob sich.
»Haltet ein, ich habe etwas für Euch.« Leandra hielt ihn am Ärmel fest. »Genauer gesagt, für Eure Tochter.« Sie gab ihm die goldene Traube.
»Wenn sie die isst, wird sie für die Dauer eines Mondwechsels nicht Gefahr laufen, ein Kind zu empfangen.«
Eberhards Miene verdüsterte sich, aber er nickte und nahm die Traube an. »Ich danke Euch für diese Gabe. Sagt, was ist mit dem Werwolf?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir haben noch keine Idee. So hart es klingt, wir müssen warten. Aber es wäre von Nutzen, wenn wir wüssten, wann und wo jeder Einzelne schläft.«
Er nickte. »Wenn ich heute Nacht wieder nicht schlafen kann, werde ich darauf achten.«
17. Der Preis der Magie
»Was habt Ihr vor?«, fragte ich sie, als ich die Tür zu unserem Zimmer
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