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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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gab es einen direkten Zugang von der Straße
     her – dennoch mussten die Besucher, wenn sie ihre Tiere versorgt hatten, die Schwimmbrücke nehmen, wenn sie den Schankraum
     durch den Vordereingang betreten wollten. Nicht zum ersten Mal fragte sich Skip, ob er wohl der einzige sei, dem dieser Gang
     über das Wasser überhaupt nicht behagte.
    Drinnen war es taghell und laut. Der Raum war dem Bauch eines mächtigen Schiffes nicht unähnlich; Dutzende von Laternen hingen
     von der niederen, gewölbten Decke. Ein offener Kamin beherrschte die linke Seite des Raumes – dort, wo das Gebäude auf festem
     Grund stand. Hier hatte man hölzerne Tische und Stühle gruppiert, die den Reisenden |27| , denen der Sinn nach Ruhe stand, Behaglichkeit und Zurückgezogenheit boten. Im übrigen, öffentlichen Teil des Raumes hingegen
     lud die Schanktheke zum Verweilen ein und davor standen lange Tische und Sitzbänke – sie waren längst von jenen in Beschlag
     genommen, die um der Gesellschaft willen hierher kamen. Dekorative Wandbehänge, von Meisterin Marfa aus alten Fischernetzen
     und getrockneten und zu Girlanden geflochtenen Kräutern selbst hergestellt, steigerten noch die Gemütlichkeit und machten
     den Gasthof zu einem Ort, der von Reisenden wie Bewohnern der Sumpfstadt gleichermaßen gerne aufgesucht wurde.
    Bald würde es Abendessen geben, und der Raum füllte sich zusehends. Die Luft wallte zum Schneiden dick über den Köpfen, ein
     bernsteinfarbener, nach Brot, gebratener Gans, Lotosblumensuppe und Frau Marfas weithin berühmtem, scharf gewürztem Eintopf
     duftender Nebel. Skip lief das Wasser im Munde zusammen, als sie sich ihren Weg durch das Gewühl bahnten.
    Meister Boris stand am anderen Ende des Raumes hinter einem mit Essgeschirr vollgestapelten Tisch und winkte ihnen zu. Mit
     seinem struppigen roten Bart, dem gestreiften Hemd und dem gewaltig großen Hackmesser hinter dem Gürtel sah er aus wie ein
     Pirat und nicht wie der Wirt eines Gasthofs in einer friedlichen kleinen Stadt. Seine Donnerstimme übertönte das Bienenstockgesumm
     des Raumes mühelos. Leute drehten den Kopf und starrten Skip, Erle und Ellah hinterher, wie sie der Quelle dieses Lärms entgegen
     eilten.
    »Ihr seid spät dran!«, brüllte Meister Boris und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Der Kaufmann ist bereits wieder
     abgereist. Was hat euch denn aufgehalten?«
    »Wir haben uns verlaufen«, erwiderte Erle glatt und warf Skip und Ellah einen warnenden Blick zu. Dann wandte er sich Meisterin
     Marfa und Oksana zu und begrüßte sie herzlich |28| . Oksana war bereits puterrot geworden, als er sie nur angesehen hatte; jetzt glühten ihre Wangen geradezu.
    »Ihr könnt eure Waren in der Scheune abholen«, sagte Meister Boris. »Euer Vater will sie wohl auf jeden Fall haben, schätz
     ich mal, ob’s nun spät geworden is’ oder nicht.«
    »Dank Euch, Meister Boris«, sagte Skip. »Dann laden wir sie am besten gleich auf.«
    »Ihr habt doch nicht etwa vor, heute Nacht noch zurückzugeh’n?«
    »Davon will ich nichts hören!«, bestimmte Meisterin Marfa. »Das Abendessen steht auf dem Tisch. Ihr könnt hier essen und schlafen
     und morgen gleich in aller Frühe aufbrechen.«
    Mit einem Mal hatte es den Anschein, als verändere sich ihre Erscheinung; groß und bedrohlich schien sie den gesamten Raum
     in Besitz zu nehmen, sogar die massige Gestalt ihres Mannes schien daneben zu schrumpfen. Ein jeder zuckte zurück, wenn sie
     sprach, als benötigten die Worte der kleinen Frau ganz besonders viel Raum.
    »Aber   –«, setzte Skip an.
    »Hast du’s etwa vergessen?«, unterbrach ihn Meisterin Marfa. »Heute Nacht schwärmen die Zwielicht-Motten in eurem Hain. Wenn
     ihr jetzt geht, erwischen sie euch auf halbem Wege. Das wollt ihr doch nicht, oder?«
    Skip’s Mut sank. Die Zwielicht-Motten. Wie hatte er die nur vergessen können?
    Aber sie
mussten
heute Nacht noch zurück!
    »Vielleicht   –«, begann er abermals und warf Erle und Ellah einen verzweifelten Blick zu.
    »In diesem Haus sind
Vielleichts
keine gern gesehenen Gäste
«,
verkündete Meisterin Marfa. »Glaubst du wirklich, dass wir euch drei mitten in der Nacht auf die Straße setzen? Was würden
     euer Vater und Baba Yagna von uns denken! Ihr Jungen könnt im Gastraum schlafen. Und Ellah   –«
    |29| »Ellah kann in meinem Zimmer übernachten, stimmt’s?«, warf Oksana ein und ging zu ihrer Freundin hinüber. Die beiden unterschieden
     sich in so vielem –

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