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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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wohl noch zumuten kann? Kommen viele Reisende nach Eichenhain hier durch? Wie heißt der Priester von Eichenhain? Und
     ob mir in letzter Zeit irgendwelche Adligen aufgefallen sind, die dorthin unterwegs waren? Also, jetzt, wo du fragst, muss
     ich zugeben, das mit den Adligen war schon komisch.«
    Schlagartig schien das Päckchen in Skips Tasche noch schwerer zu werden. Er warf seinem Bruder einen weiteren Blick zu.
    »Reist sie allein?«, fragte Erle in einem Tonfall, der verriet, wie sehr er sich mühte, seine Anspannung im Zaume zu halten.
    »Sieht so aus.« Meister Boris kratzte sich am Bauch. »Na ja, sie war hier im Gemeinschaftsraum und kurz vor eurer Ankunft
     auch mal draußen, aber mir kam’s nicht so vor, als würd’ sie hier jemanden kennen. Wenn ich mich nicht irre, haben überhaupt
     nur drei Männer länger mit ihr geredet. Der Rest traute sich nicht. Und unser Fedor, natürlich. Der geht jedem um den Bart,
     der würd’ ja einem Cha’ori-Seher noch das Stammes-Zeichen abschwatzen.«
    »Drei Männer?« Erle sprach es ganz langsam aus.
    Meister Boris zuckte die Schultern. »Die trafen vor euch ein. Trugen schwarze Mäntel – fast wie diese Priesterroben, ihr wisst
     schon, wenn sie sich richtig darin einwickeln – und darunter lederne Kleidung.
Söldner
, sagte mir das. Die haben auch gefragt und gefragt. Aber sie hatten’s wohl mächtig eilig. Ich glaub, sie sind längst wieder
     weg.«
    Skip zupfte sich am linken Ohrläppchen. »Ob Ihr Euch wohl an
ihre
Fragen auch noch erinnert, Meister Boris?«
    »Sonderbare Fragen waren das, muss ich schon sagen! Zum Beispiel: Wie weit is’ es bis zu den Or’hallas? Und: Ob Leute aus
     den Ebenen in unser Wirtshaus kommen. Ganz besonders wichtig schien’s ihnen zu sein, ob heute schon jemand aus den Or’hallas
     hier war. Wenn ich’s recht bedenke |35| , wollten sie auch über Eichenhain was wissen – es hatte wohl mit einer Nachricht für Bruder Nikolaos zu tun. Diesen Teil
     hat unser Fedor nicht so ganz mitbekommen. Am Tresen gibt’s viel zu tun.«
    Skip spürte, wie ihm der Unterkiefer heruntersank. Jetzt brauchte er seinen Bruder gar nicht mehr anzusehen, um seine Gedanken
     erraten zu können.
    »Was für eine Nachricht denn   ...?«, flüsterte er hilflos.
    Der Wirt funkelte ihn düster an. »Woher soll ich das wissen?« Abermals zuckte er mit den Schultern. »Priester heuern nur allzu
     oft Söldner an, damit diese ihre Botschaften befördern. Sind viel sicherer als Postkutschen. Ja doch – erst im letzten Monat
     hatten wir welche hier, die ein Päckchen an die Mission ausliefern wollten. Kehrten bei uns ein, oh ja. Und sie sahen genauso
     aus wie diese Söldner. Ihr wisst schon.« Meister Boris hielt inne und betrachtete die Brüder genau. »Also gut«, brummte er
     dann. »Wollt ihr mir nun erzählen, was in eurem Kopf vorgeht, oder nicht?«
    Skip und Erle stießen beide gleichzeitig wie auf Kommando die Luft aus. »Wahrscheinlich gar nichts, Meister Boris«, sagte
     Erle schließlich. »Es ist nur so – unterwegs haben wir Prior Daniolos gesehen, und er hatte es recht eilig, nach Eichenhain
     zu gelangen. Der Prior kommt sonst nie in unser Dorf. Irgend etwas Merkwürdiges geht vor.«
    Meister Boris schüttelte den Kopf, in seinen Augen flammte Eifer empor. »Wir bekamen hier ein Gerücht zu Ohren«, zog er sie
     ins Vertrauen. »Dass es irgendwelche Schwierigkeiten oder zumindest Fragwürdigkeiten unter den Eichen zu regeln gebe. Jedenfalls
     ließ sich der Prior von Kriegern begleiten. Die sollten wohl einen Gefangenen oder etwas Ähnliches hierher zurückbringen.
     Aber wenn ich’s mir recht überlege – dann hat das alles nichts mit rechtschaffenen Leuten wie euch und eurem Vater zu tun.
     Lasst die Bösen Shal Addims Priester fürchten.«
    |36| Skip stürzte sein Ale in großen Schlucken hinunter und nahm den Geschmack gar nicht wahr.
Schwierigkeiten unter den Eichen.
Ganz Eichenhain umfasste nur drei Dutzend Häuser. Auf wen sollten es die Priester da abgesehen haben? Oder wollten sie nur
     auf den geheimnisvollen Boten für Bruder Nikolaos warten?
    Die sonderbare Waffe in den Tiefen von Skips Hosentasche drückte schmerzhaft gegen seinen Oberschenkel. Sie hätten wirklich
     gut daran getan, sich sofort auf den Heimweg zu machen. Doch jetzt war es zu spät.
Wir werden ganz früh aufstehen und unverzüglich aufbrechen,
nahm Skip sich vor.
Ein Tag früher oder später kann doch unmöglich so viel ausmachen. Ja, bestimmt, morgen,

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