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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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zu laufen.
    »Zwei Mönche, Sir. Zwei Mönche sind um die Ecke des Quirinal-Palasts gekommen. Ich glaube, sie verfolgen mich.«
    »Beruhigen Sie sich, Woomak. Sie sind doch auf dem Weg zum Vatikan?«
    »Ja, Sir.«
    »Gehen Sie jetzt sofort in irgendeine beliebige Gasse nach links und sehen Sie zu, dass Sie so schnell wie möglich auf eine der Hauptstraßen kommen.«
    »Es nützt nichts, Sir.«
    »Wieso nicht?«
    »Ich bin jetzt schon zweihundert Meter lang wie verrückt gerannt, und sie sind immer noch hinter mir.«
    »Was erzählen Sie da?«
    »Die Wahrheit, Sir. Ich renne, und sie gehen ganz gemütlich. Trotzdem sind sie mir auf den Fersen.«
    Crossman hört, wie eine Waffe durchgeladen wird.
    »Was machen Sie da?«
    »Ich bleib stehen und leg sie um, Sir.«
    »Unterlassen Sie das, Woomak.«
    Der Beamte hört das nicht mehr. Er hat das eingeschaltete Telefon in die Tasche gesteckt und sich blitzschnell umgedreht. Crossman stellt sich die Situation vor. Woomak ist der beste Schütze seines Jahrgangs, ein eiskalter Killer. Crossman hört zwei Schüsse, auf die sogleich in schnellem Abstand neun weitere folgen. Er hört sogar das Aufschlagen der Hülsen auf dem Boden. Dann Rauschen in der Leitung. Woomaks Stimme wie aus großer Ferne: »Das kann doch gar nicht sein …«
    »Woomak?«
    Das Geräusch von Stiefelsohlen auf Stein. Woomak rennt wieder. Er hat das leere Magazin ausgeworfen und schiebt ein neues ein. Dann nimmt er das Telefon wieder aus der Tasche.
    »Was zum Kuckuck wird da gespielt, Woomak?«
    Crossman hört ihn atmen. Er wirkt gefasst.
    »Da stimmt was nicht. Ich hab denen ein ganzes Magazin in den Leib gejagt, und sie sind nicht mal stehen geblieben. Die müssen bis oben hin mit Drogen vollgepumpt sein.«
    »Sehen Sie um Gottes willen zu, dass Sie irgendwo nach links abbiegen.«
    »In Ordnung, Chef. Ich lauf jetzt in die Via della Consula in Richtung auf den Corso.«
    »Das ist gut so.«
    Woomak hat verstanden. Er klammert sich an die Worte seines Vorgesetzten, atmet bewusst ruhig, um nicht in Panik zu geraten, und macht lange Schritte. Mit einem Mal beschleunigt sich sein Atem wieder.
    »Verdammt noch mal …«
    »Nein, Woomak, drehen Sie sich nicht um!«
    »Großer Gott, sie holen mich ein. Ich hab jedem von denen mindestens fünf Kugeln reingejagt, und sie sind dicht hinter mir. Ich glaube, mit mir ist es aus, Sir. Ich halte das nicht mehr lange durch. Ich …«
    Ein Aufprall. Ein entsetzter Ausruf. Woomak ist gestürzt. Ein unmenschliches Geheul dringt aus dem Telefon. Crossman hält es eine Weile weit von sich und lauscht dann wieder.
    »Hallo? Woomak?«
    Stille.
    »Woomak, hören Sie mich?«
    Ein kratzendes Geräusch. Atmen. Eine eiskalte Stimme: » Renuntiate.«
    Ein Knacken. Die Verbindung ist abgebrochen. Crossman hebt den Blick zu Giovanni, der aufs Meer hinaussieht.
    »Was war das?«
    Der Kardinal wendet sich Crossman zu. »Er hat renuntiate gesagt. Das ist Latein und heißt sinngemäß ›Lassen Sie die Finger von der Sache‹.«

25
    Wie er es früher Dutzende von Malen in Begleitung seines alten Freundes Kardinal Camano getan hat, schlendert Carzo durch die Gässchen, die zur Engelsbrücke führen. Der Turm der Engelsburg zeichnet sich vor dem grauen Himmel ab. Die steinernen Engel auf der Brüstung scheinen ihm zuzulächeln, als er vorübergeht. Er trägt das Satansevangelium unter dem Arm und spürt das Gewicht von Marias Waffe in der Tasche seiner Kutte. Er schlägt die Kapuze hoch und biegt nach links ab in die Via della Conciliazione, dem Vatikan zu.
    Als er sich dem Petersplatz nähert, sieht er die riesigen Leinwände, die dort aufgestellt sind. Orgelmusik dringt aus den Lautsprechern. Das feierliche Hochamt hat begonnen. Vor den Ketten um den Platz herum befinden sich Schweizergardisten. Ein Offizier tritt auf ihn zu. Er wirkt besorgt. »Haben Sie es?«
    Carzo nickt. Sein Gesicht liegt im Schatten der Kapuze. Der Offizier schiebt ein Absperrgitter beiseite und lässt ihn in den Säulengang eintreten. Während Carzo auf die Treppe der Basilika zugeht, hört er aus der Menschenmenge Geräusche, die wie ein böses Murren klingen. Über die Lautsprecher kündigt der Camerlengo die Lesung des Evangelientextes an. Flankiert von vier Schweizergardisten tritt Carzo in die Basilika. Er ist ganz ruhig. Er hat keine Angst.

26
    »Valentina, hören Sie mich?«
    Sie drückt einen Finger gegen ihren Ohrhörer, um Crossman besser verstehen zu können, dessen Stimme in den machtvollen Orgelklängen

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