Das Evangelium nach Satan
hatte, begann das Gleichgewicht der anderen Universen ins Wanken zu geraten.«
∗ ∗ ∗
Einer der Kameramänner der CBS, der gerade einen Schwenk über die Köpfe der Gläubigen hinweg gemacht hatte, richtet seine Kamera wieder auf den Papst. Da sieht er, dass in der Hand des Mönchs vor dem Altar, der jetzt seine Kapuze zurückschlägt, etwas aufblitzt.
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»Als Gott am ersten Tag Himmel und Erde sowie die Sonne schuf, die seiner Welt Licht spenden sollte, schuf Satan die Leere zwischen der Erde und den Sternen und tauchte dann die Welt in Finsternis.«
Stille.
»Am zweiten Tag, als Gott die Meere und Flüsse schuf, verlieh ihnen Satan die Macht, sich zu erheben, um Gottes Schöpfung zu verschlingen.«
Stille.
»Als Gott am dritten Tag die Bäume und Wälder schuf, schuf Satan den Wind, um sie zu entwurzeln, und als Gott Pflanzen schuf, die heilen und beruhigen können, schuf Satan andere, giftige und mit Dornen versehene.«
Stille.
»Am vierten Tag schuf Gott den Vogel und Satan die Schlange. Dann schuf Gott die Biene und Satan die Hornisse. Für jede von Gott erschaffene Art schuf Satan einen Räuber, der sie vernichten konnte. Als dann Gott seine Tiere unter dem Himmel und auf der Erde verteilte, damit sie sich vermehrten, gab Satan seinen Geschöpfen Zähne und Krallen und befahl ihnen, die Tiere Gottes zu töten.«
Das Gesicht unter der Kapuze verborgen, hört Carzo zu, wie die Stimme des Antichristen durch die Basilika hallt. Seit der neue Papst mit der Lesung aus dem Evangelium begonnen hat, spürt der Exorzist, dass tief in ihm etwas erwacht. Ihm geht auf, dass Kaleb die Partie noch nicht verloren gibt: Er versucht zurückzukehren, will abermals Besitz von dem ergreifen, was ihm seiner Ansicht nach gehört. Er merkt das daran, dass sein Herz langsamer schlägt, das Blut in seinen Adern wieder erkaltet und seine Beine nachzugeben drohen. Immer tiefer dringt die Stimme des Papstes in seinen Geist, als nähre sich Kaleb davon. Carzo weiß, dass er handeln muss, bevor ihn die Kräfte vollständig verlassen. Angst erfasst ihn, aber auch Zweifel und Gewissensbisse. Der Atem Kalebs.
Er wiegt Marias Waffe, die er im Ärmel seiner Kutte verborgen hält, in der Hand. Er spürt den kalten Stahl. Ohne den Blick vom Papst zu nehmen, hebt er einen Arm und schlägt langsam die Kapuze zurück. Er lächelt. Er hat keine Angst mehr.
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Während der Papst liest, bahnt sich Valentina Graziano langsam einen Weg durch die Menge, um näher an die Absperrung vor dem Altar heranzukommen. So verblüfft sind die Menschen um sie herum von dem, was sie hören, so vollständig benommen, dass niemand auf sie achtet. Tränen laufen ihnen über die Wangen, ihre Hände sind verkrampft, ihre Lippen zittern.
Nachdem sie sich weit genug an die Schweizergarde herangearbeitet hat, die eine lebende Mauer vor dem Altarbezirk bildet, bleibt sie stehen. Links von sich sieht sie Pater Carzo im Profil. Aus ihrem Funksprechgerät hört sie Crossmans Stimme: »Valentina, in drei Minuten sind wir am Petersplatz. Bei mir sind die Kardinäle Giovanni und Mendoza. Er ist Staatssekretär des Vatikans und wird Ihnen die Genehmigung erteilen, einzugreifen, wenn es nötig sein sollte. Das habe ich auch bereits Hauptkommissar Pazzi mitgeteilt, der draußen mit Verstärkungen bereitsteht.«
Gerade als sie antworten will, sieht sie, dass Carzo die Kapuze zurückschlägt. Etwas Metallisches blitzt in seiner Hand auf.
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»Als Gott am sechsten Tag zu dem Ergebnis kam, dass seine Welt bereit sei, Leben zu erzeugen, schuf er nach seinem Bilde zwei Geister, die er Mann und Frau nannte.
Um diesen unerhörten Verstoß gegen die Weisung des Universums zu sühnen, belegte Satan deren unsterbliche Seelen mit einem Bann und säte sodann Zweifel und Verzweiflung in ihr Herz. Außerdem verdammte er die Menschheit, die aus ihrer beider Vereinigung entstehen würde, zum Tode, womit er Gott die Bestimmung seiner Schöpfung fortnahm.«
∗ ∗ ∗
Der Papst hält den Blick unverwandt auf das Evangelium gerichtet. Seine Arme sind nach wie vor mit nach oben gewendeten Handflächen erhoben. Er sieht weder, dass Carzo die Kapuze zurückschlägt, noch dass er eine Waffe in der Hand hält und sie auf ihn richtet. Er macht sich daran, das Ende der Schöpfungsgeschichte vorzulesen.
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»Als Gott erkannte, dass der Kampf gegen seinen Widersacher vergeblich war, lieferte er die Menschen am siebten Tag den Tieren der Erde aus, auf dass diese sie
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