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Das Fest Der Fliegen

Das Fest Der Fliegen

Titel: Das Fest Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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Analysen, in der Zusammensetzung variiert das Gift aber, offenbar von einigen Schneckenarten mehr, anderen weniger. Was wieder dafür spricht, dass es für jeden Mord gesondert hergestellt wird. Die Tote war sechsundvierzig Jahre alt, geschieden, sie hinterlässt eine Tochter von zweiundzwanzig, die in Leipzig studiert und von den dortigen Kollegen informiert wird. Das wär’s.« Swoboda fragte: »Was bitte ist ein Luer-Ansatz, Turbo?« Törring stöhnte. »Soweit ich weiß, ist das eine auf den Kolben aufsteckbare Nadel. Heißt wohl auch Luer-Slip. Jedenfalls kann das Zeug jeder überall besorgen.«
    »Merde.« Georges Lecouteux zündete sich die zweite Zigarette an. »Es kann doch nicht sein, dass wir von diesen Arschlöchern wie blöde Jungens vorgeführt werden! Alexander! Warum kommt von dir nichts? Du hast am meisten Erfahrung hier! Die beste Nase! Was schnüffelst du?« Frau Bossi hielt die Hand vor den Mund und prustete. »Verzeihung.« »Ist was komisch?«, schnauzte der Commissaire. »Ich sagte doch: Verzeihung.« Swoboda stand auf und öffnete ein Fenster. »Ich schnüffle nichts außer eurem Rauch.« »Irgendwann machen sie einen Fehler.« Klantzammer wandte seine bewährte Sitzungstaktik an: Ermutigen, positiv denken, Hoffnung verbreiten. »Der Selbstmord von Ferdinand Munkert war die erste Schwäche. Wir wissen doch: Nach so was kommt irgendwann die zweite Schwäche. Und dann die Nervosität. Wir müssen Geduld haben.« »Verzeihung, Herr Kriminalrat.« Lecouteux zog den Rauch tief ein, bevor er weitersprach, und stieß mit den ersten Worten Wolken aus. »Es kann sein, dass Sie recht haben. Aber wenn ich morgen nach Paris zurückkomme, wissen Sie, was dann passiert? Ich werde zu meinem Innenminister zitiert. Und der fragt mich, wofür er mich bezahlt. Der will nichts hören von Geduld , und wir wissen doch und von der zweiten Schwäche . Der will, dass das aufhört. Nur, dass das aufhört. Und wissen Sie, wer ihm im Nacken sitzt? Die Kirche. Ja, Herr Klantzammer. Die Kirche.« »Nun beruhige dich doch, Georges. Beruhige dich.« Langsam ging Swoboda zu seinem Stuhl zurück.
    »Hier gibt es auch Innenminister. Und auch die Kirche. Das macht die Aufklärung nicht schneller und nicht besser. Ich frage mich, was wir übersehen haben. Nein: Ob wir etwas übersehen haben. Haben wir die Aussage des Griechen genau genug gelesen? Was hat er beobachtet, was ist mir entgangen?« »Er weigert sich.« Frau Bossi hatte zur nächsten Zigarette gegriffen, sie aber nicht angezündet und kalt vor sich hingelegt. »Wir haben ihn eingeladen, herzukommen. Mit der griechischen Polizei spricht er nicht. Er muss irgendwelche Erfahrungen in der Zeit der Diktatur der Generäle gemacht haben. Aber er kommt auch nicht her. Er sagt, er habe nichts gesehen.« Klantzammer geriet langsam in Rage, soweit ihm das möglich war. »Herrgott noch mal, wie oft haben wir hier in der Sackgasse gesessen! Alexander! Törring, Sie wissen das doch auch! Und wir sind immer rausgekommen. Fast. Fast immer hatten wir am Ende ein Ergebnis. Wir brauchen nur etwas Zeit! Und wenn der Grieche nicht zu uns kommt, muss man eben zu ihm kommen!« Nach einer kurzen Pause blickten alle auf Swoboda. Er weigerte sich, zu verstehen. »Ein Maler«, sagte Michaela Bossi langsam. »Ein Maler sieht mehr. Und vielleicht erzählt ein Maler einem Maler eher, was er gesehen hat, als einem Polizisten.« »Ich kann nur Altgriechisch, und das auch nicht mehr«, raunzte Swoboda. »Aber dieser, wie heißt er noch mal, dieser …« Der Commissaire stockte. »Simeon Lavrakis«, half Törring.
    »Ja. Lavrakis. Er spricht gut Englisch, jedenfalls am Telefon.« Swoboda wehrte sich nur noch schwach. »So gut ist mein Englisch nun auch nicht.« »Aber das von Törring!« Klantzammer blieb hartnäckig auf Hoffnungskurs. Still verfluchte Alexander Swoboda sich dafür, den Griechen überhaupt erwähnt zu haben. Er hielt nichts von der Idee, auf die Insel dieses Malers zu fahren. Doch er wusste aus eigener Erfahrung, dass die Kollegen sich jetzt in ihrer Verzweiflung an den einzigen Strohhalm weit und breit klammern würden. »Also, Turbo. Dann pack mal.«
    In der Villa Staff, die inzwischen bei manchen in Zungen die Iren-Villa hieß, obwohl man nur von einem irischen Bewohner wusste, leuchteten im ersten Stock zwei Fenster. Bis auf diese Lichter lag der Bau dunkel in dem nachthellen Park. Wolken zogen wie Schiffe mit zerfetzten Segeln langsam am Mond vorüber, der voll gerundet und weiß

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