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Das Fest der Pferde

Das Fest der Pferde

Titel: Das Fest der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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Kroketten auf, erhitzte das Gemüse und bereitete die Schnitzel vor. Im Wohnzimmer füllte Simon Blatt um Blatt mit lustigen Zeichnungen, zu denen er die tollsten Geschichten erfand. Und Krischan strahlte und verlangte immer mehr. Sie waren so in ihre Beschäftigungen vertieft, daß sie das Grollen des Donners und das Klatschen der ersten, schweren Tropfen gar nicht hörten. Zottel und Moischele dagegen waren höchst beunruhigt von dem Herannahen des Gewitters und liefen auf der kleinen Wiese hin und her.
    Da Bille sie offensichtlich vergessen hatte, schritt Zottel zur Selbsthilfe und begann nach einem Unterschlupf zu suchen. Die Tür zur Waschküche war fest verschlossen, aber jene andere, die zu Thorstens Werkstatt führte, stand einen Spaltbreit offen. Die Tür klemmte seit langem, und da Thorsten zwar ein unermüdlicher Arbeiter war, wenn es um seine Kunstwerke ging, aber von großer Trägheit bei der Erledigung kleinerer Reparaturen im Haus, hatte er sich angewöhnt, die Tür nur so weit wie möglich zuzuziehen.
    Zottel steckte zunächst die Nase durch den Spalt, und da es drinnen nicht nur angenehm nach Holz und Thorstens Lederschürze roch, die er beim Arbeiten zu tragen pflegte, sondern auch nach einer Kiste frisch geernteter Möhren, die Inge dort abgestellt hatte, schob er mit seinem ganzen Gewicht nach. Die Tür sprang auf und gab den Ponys den Weg in Thorstens Werkstatt frei.
    Frei allerdings war vielleicht nicht der richtige Ausdruck, denn in der Mitte der Werkstatt stand - halbfertig - eines von Thorstens Jahrhundertwerken. Jedenfalls sollte es eines werden. ,Zeitmaschine’ nannte er es. Seit Tagen rannte er immer wieder unzufrieden um das Gebilde aus zarten Drähten, Röhren, Schellen und Metallplättchen herum, auf den genialen Einfall wartend, wie er das Werk zu Ende führen sollte. Das Objekt war - seinem anspruchsvollen Namen getreu -ziemlich umfangreich, rundum blieb nur eine schmale Gasse, auf der man sich fortbewegen konnte. Zu schmal für ein Pony von den Ausmaßen Zottels .
    Eine Weile blieb er andächtig im Eingang stehen und wagte sich nicht weiter. Aber nun wurde der Regen stärker, und Moischele drängte ebenfalls ins Trockene. Außerdem war es Zeit, an einen stärkenden Imbiß zu denken, und die Apfel lagen auf der hinten im Raum stehenden Werkbank. Zottel trippelte vorsichtig an der Zeitmaschine vorbei, wobei er dem Objekt lediglich eine Drehung um neunzig Grad verpaßte , was es nicht weiter übelnahm.
    Das Pony drang bis zur Werkbank vor und holte sich den ersten Apfel aus einer dort stehenden Kiste. Moischele wieherte ungeduldig, er war zu klein, um über den Rand der Kiste hinwegzukommen. Rücksichtsvoll zog Zottel mit dem Kopf die Kiste vom Tisch herunter, und die Apfel kollerten durch die Werkstatt. Ein kleiner Teil blieb vor den Hufen der beiden Ponys liegen, den verzehrten sie zuerst. Aber bald mußten sie nach allen Richtungen hin nach den begehrten Früchten suchen, und nun war die Zeitmaschine ausgesprochen lästig, um nicht zu sagen: im Wege.
    Klirr! machte es, und eine Harfe aus winzigen Schellen rauschte zu Boden. Ping! riß ein Draht und schnellte in die Luft. Boooiiiing ! trudelte ein Gong auf den Boden und blieb scheppernd liegen. Knarz! verarbeitete Zottel das, was die Fahrt ins dreizehnte Jahrhundert symbolisieren sollte, zu einer Ziehharmonika. Knautsch! bekam der ,Sieg der Technik’ die Form einer verbogenen Kompottschüssel. Und immer noch gab es Äpfel zu entdecken. Sirr! schnellten ein paar Drähte gegen Zottels Hinterteil, und er keilte ärgerlich aus, was dem ;Jahr 2001’ den Rest gab.
    „Hörst du das auch?“ fragte Bille und ließ die Gabel mit dem käsegefüllten Schnitzel sinken.
    „Das ist das Gewitter!“
    „Hört sich aber nicht so an. Da hämmert doch jemand!“
    „Vielleicht Klopfzeichen. Der Hausgeist will mit uns reden.“
    „Der Hausgeist... o Gott! Zottel!“
    Bille warf die Gabel auf. den Teller und stürzte hinaus. Sekunden später stand sie in der Tür der Werkstatt.
    „O nein!“ hauchte sie mit ersterbender Stimme. „Nein! Lieber Gott, laß es nicht wahr sein! Thorsten zerreißt mich in der Luft! In tausend kleine Stücke. Simon!!!“
    „Schön brav sitzenbleiben“, sagte Simon hastig zu Christian und hüpfte so schnell er konnte nach draußen.
    Krischan folgte ihm auf unsicheren Beinchen, in der einen Hand seinen Löffel, in der anderen einen Teil seines kleingeschnittenen Schnitzels, von dem er sich nicht hatte trennen

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