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Das Fest

Titel: Das Fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Polizisten, die ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift »Blair und Enriqe« hochhielten.
    Sie hatten Enriques Namen falsch geschrieben, aber was machte das schon? Sobald sich Blair zu erkennen gab, eilten die Polizisten herbei, übernahmen das Gepäck und lotsten sie und ihren Verlobten durch die Menge. Auf dem Weg nach draußen erzählte Officer Salino, der Polizeichef habe extra eine Eskorte geschickt. Willkommen zu Hause!
    »Die Party wird gleich beginnen«, sagte er und verstaute die Sachen im Kofferraum eines Polizeiwagens, der im absoluten Halteverbot vor dem Taxistand parkte. Ein zweiter Einsatzwagen stand direkt davor.
    Als Südamerikaner hatte Enrique einige Bedenken, freiwillig in ein Polizeiauto zu steigen. Er warf einen nervösen Blick in die Runde — auf das Gedrängel auf dem Bürgersteig, auf die Taxen und Busse, die Stoßstange an Stoßstange fuhren, auf schreiende Menschen und Sicherheitsbeamte, die in ihre Trillerpfeifen bliesen. Fluchtgedanken schossen ihm durch den Kopf, doch dann richteten sich seine Augen wieder auf das bildschöne Gesicht des Mädchens, das er liebte.
    »Na, komm schon«, sagte Blair, und sie nahmen auf dem Rücksitz Platz. Er wäre ihr überallhin gefolgt. Mit eingeschaltetem Blaulicht rasten die beiden Autos davon und zwangen die anderen Verkehrsteilnehmer auf die Seite.
    »Ist das immer so?«, flüsterte Enrique.
    »Nein, nie«, antwortete Blair und dachte: Was für ein netter Einfall.
    Officer Treen fuhr wie ein Verrückter. Officer Salino saß stumm neben ihm und dachte daran, wie Luther Krank vor den Augen der gesamten Nachbarschaft von seinem Dach gehangen hatte. Salino lächelte still in sich hinein. Aber diese Geschichte würde er mit keiner Silbe erwähnen. Blair sollte die Wahrheit niemals erfahren, laut Befehl von Vic Frohmeyer, der sogar mit dem Bürgermeister telefoniert hatte und beim Polizeichef ohnehin immer ein offenes Ohr fand.
    Als sie sich den Vororten näherten, nahm der Verkehr ab, und es begann leicht zu schneien. »Angeblich sollen es heute noch zehn Zentimeter werden.«, rief Salino über die Schulter hinweg. »Schneit es in Peru auch?«
    »Ja, in den Bergen«, erwiderte Enrique. »Aber ich lebe in Lima, der Hauptstadt.«
    »Ein Cousin von mir war mal in Mexiko«, sagte Salino, ließ es jedoch dabei bewenden. Der Cousin wäre zwar beinahe gestorben, aber Salino erkannte, dass Horrorgeschichten aus der Dritten Welt im Moment nicht besonders angebracht waren.
    Blair verfügte über einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, was ihren Verlobten und sein Heimatland anging, daher warf sie hastig ein: »Hat es seit Thanksgiving überhaupt schon einmal geschneit?«
    Das Wetter war wie immer ein dankbares Gesprächsthema. »Vor einer Woche hatten wir fünf Zentimeter, oder?« Salino blickte zu Treen hinüber, der sich erfolgreich bemühte, den Abstand zum ersten Polizeiwagen nicht größer als anderthalb Meter werden zu lassen und dabei das Lenkrad so fest umklammert hielt, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Zehn Zentimeter«, entgegnete Treen mit Autorität in der Stimme.
    »Nein, es waren fünf!«, widersprach Salino.
    »Zehn«, beharrte Treen und schüttelte den Kopf, was Salino offensichtlich verärgerte.
    Sie einigten sich schließlich auf siebeneinhalb Zentimeter, während Blair und Enrique sich auf dem Rücksitz aneinander kuschelten und die Reihen von hübsch geschmückten Häusern betrachteten, an denen sie vorbeifuhren.
    »Wir sind gleich da«, sagte Blair leise. »Das hier ist die Stanton Street, die Hemlock Street kommt als Nächstes.«
    Spike fungierte als Beobachtungsposten und blinkte zweimal kurz hintereinander mit seiner Pfadfinder-Signallampe. Alles war bereit für die Vorstellung.
    * * *
    Unter Qualen humpelte Luther ins Badezimmer, wo Nora gerade letzte Hand an ihr Make-up legte. Sie hatte zwanzig Minuten lang verzweifelt alles ausprobiert, was sie finden konnte — Grundierungen, Puder, glitzerndes Rouge. Ihre wunderbar gebräunte Haut blieb vom Hals abwärts unter entsprechender Kleidung verborgen, und sie war wild entschlossen, ihre Gesichtsfarbe aufzuhellen.
    Es gelang ihr allerdings nicht.
    »Du siehst irgendwie abgezehrt aus«, stellte Luther fest. Um Noras Kopf staubte eine Puderwolke.
    Luther selbst war zu sehr mit seinen Schmerzen beschäftigt, um sich über seine Bräune Gedanken zu machen. Auf Noras Vorschlag hin trug er Schwarz — eine schwarze Strickjacke über einem schwarzen Rollkragenpullover, dazu eine

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