Das Feuer Kabals
Grund. Hier war etwas. Etwas, das ihrer Aufmerksamkeit bedurfte. Es war nicht das Schiff, das sie gerade eben noch erkennen konnte. Es war weit weg, doch sie wollte nicht dahin. Sie wusste, dass der Geist, das Wesen, das es belebte, bald zu ihr kommen würde. Zur Flammengrube.
Die Flammengrube. Cendrine. Der Orden.
Eine Ahnung, ein Gefühl davon, wer sie war, kämpfte sich allmählich einen Weg zurück in ihr Bewusstsein. Ihre Sorge galt der Welt unter ihr. Sie sah den kleinen Planeten zu ihren Füßen und stürzte sich hinab. Ihr brennender Körper schlug durch die Wolkendecke wie ein fallender Stern und verdampfte das Wasser in der Luft. Sie durchdrang die Schichten der Atmosphäre und unter ihr lag Iidrash. Der Kontinent, der ihre Heimat war. In seinem Herzen erhob sich der Berg Idrak, Sitz des gleichnamigen Tempels. Man erwartete sie dort, sie spürte die Sehnsucht und das Verlangen einiger Wesen, die sie seit langer Zeit kannte.
Seit meiner Geburt. Seit über zwei Jahrhunderten begleiten sie mich und sind meine … Freunde. Ich muss ihnen beistehen. Sie werden in große Not geraten.
Charna erinnerte sich jetzt vollständig an die Person, die sie war, die sie wieder sein musste. Sie stieß tiefer in die Atmosphäre hinab und bedachte das Land nördlich ihrer Heimat mit einem scharfen Blick. Sie sah und spürte die unnatürlich kalte Präsenz der Maschinenwächter, die das ehemalige Reich der Sidaji durchzogen. Ihre Rastlosigkeit war mitleiderregend. Sie suchten nach Sinn und Zweck ihrer Existenz. Sie waren hilflos wie Kinder, doch wie Kinder, konnten sie grausam sein und Charna fürchtete den Tag, an dem sich die Ziellosigkeit der Maschinenwächter in eine Absicht, einen Willen umformte. Sie wusste, dass ihre Welt dann bedroht sein könnte. Ihre Freunde könnten in Gefahr sein.
Und Seral. Wo bist du mein … Geliebter?
Charna schüttelte das Haupt. Erinnerungen der letzten Tage stürmten wie die Blitze eines gewaltigen Unwetters auf sie ein.
Ich habe gekämpft. Mit kalten Maschinen habe ich einen Kampf geführt. Eine neue Macht brennt jetzt in meiner Seele.
Dies ist erst der Anfang.
Ihr Verstand suchte nach Cendrines Präsenz, doch sie spürte nur Leere. Sie wusste nicht, wo sie nach der Äbtissin suchen sollte und sie fürchtete beinahe, sie würde sie erst in der Unterwelt wiedersehen.
Cendrine lebt … Wira! Die Königin des Frostturms hält Cendrine gefangen!
Zeit, nach Idrak zurückzukehren.
Sie überflog die Küste Iidrashs und folgte dem Verlauf des Flusses Kli‘Por. Das Flussdelta war schnell überquert und sie ließ sich tiefer sinken, als ihr Blick auf die alte Festung Kli‘Karan fiel, die sich im Mündungsdelta erhob. Eine ungewöhnliche Betriebsamkeit herrschte dort. Ein Heer sammelte sich vor den Toren und Charna spürte die Präsenz eines Freundes. Sie fokussierte ihren Blick und sah den Kentauren, der die Reihen der Männer abschritt, die seinem Befehl unterstanden.
Mikar ist aus dem Reich der Sidaji entkommen. Ich erinnere mich. Ich war es, der ihn von dort fortgebracht hat. Ihn und Faunus. Sie wären ohne meine Hilfe gestorben.
Sie schlug ihre Schwingen und stürzte hinab. Ihr Schrei ließ die Männer aufschrecken. Blicke und Finger wurden zum Himmel gerichtet. Sie drehte eine Runde über den Mauern der Festung und jagte weiter über den Kontinent, bis das Gebirge in Sicht kam. Die Neuigkeiten aus dem Reich der Sidaji hatten sich in Windeseile verbreitet. Die Tempelstraße, die nach Idrak führte, war ungewöhnlich voll. Wesen aus ganz Iidrash waren darauf unterwegs, um beim Orden Schutz zu suchen. Sie kreiste über der Straße und Tausende unter ihr schauten zum Himmel, zu ihrer flammenden Drachengestalt hinauf. Sie deuteten nach oben und die stete Vorwärtsbewegung kam zum Halt.
Charna erinnerte sich an die Stimme der Frau. Tief, warm und wohlklingend.
Kassandra, deine Worte haben mich erreicht. Ich wusste, dass Thanasis dich aus der Unterwelt holen würde.
Ich komme.
----
Kapitel 2
Kassandra öffnete ihre Augen. Die Zeichnung des dritten Auges auf ihrer Stirn schloss sich gleich darauf. Ihre Augen, schwarz in schwarz, blickten auf die Versammelten.
»Sie hat mich erhört. Sie kommt zu uns.«
Thanasis hielt sie fest, als sie auf ihrem Stuhl schwankte.
»Du musst dich ausruhen! Du hast dich noch nicht erholt«, flüsterte er, doch Kassandra lächelte ihn an und drückte seine Hände mit sanfter Gewalt zurück.
»Dies ist nicht der Zeitpunkt, um Schwäche zu
Weitere Kostenlose Bücher