Das Feuer und die Rose
Partei.
Was immer wir von den Glücklichen erben,
Den Besiegten haben wir genommen,
Was sie uns hinterlassen konnten – ein Symbol:
Ein Symbol, vollendet im Tod.
Und alles wird gut sein
Und jederlei Ding wird gut sein
Durch die Läuterung des Beweggrunds
Unserem Beten zugrund.
– T. S. Eliot,
Little Gidding
, III
ZEHN
2293
In seinem Büro in der fünfzehnten Etage des Palais de la Concorde saß Präsident Ra-ghoratreii mit einem Stapel Papiere in seinem Schoß auf einem Lehnstuhl. Er blickte von seiner Arbeit auf und schaute in Richtung des großen Klaviers, das etwas erhöht auf der anderen Seite des großen Raumes stand. Kurz dachte er darüber nach, einfach hinüberzugehen und ein wenig auf dem hervorragend gearbeiteten Instrument zu spielen. Vielleicht wäre eine kleine Unterbrechung seiner Konzentration förderlich, doch ihm war klar, dass er heute, so wie an den meisten Tagen, einen straffen Terminplan einzuhalten hatte.
Ra-ghoratreii streckte sich und versuchte, eine bequemere Position auf seinem Stuhl zu finden. Am Abend zuvor hatte er im Restaurant »Le Jules Verne« einen Empfang für den Botschafter der Gorn ausgerichtet und war wesentlich länger dort geblieben als beabsichtigt. Aus diesem Grund fühlte er sich noch immer sehr müde, obwohl es bereits fast Mittag war.
Widerstrebend wandte sich Ra-ghoratreii wieder dem Bericht zu, ließ seine Fingerspitzen über die oberste Papierseite gleiten und nahm so den Wortlaut auf. Er zog das Gefühl des Papiers unter seinen Händen dem seiner Datentafel vor, die über eine veränderbare metallische Oberfläche verfügte, die die Buchstaben abbildete. Alternativ hätte er sich einen stark vergrößerten Ausdruck des Berichts anfertigen lassen und seine Brille zum Lesen verwenden können, oder er hätte dem Computer befehlen können, die Informationen vorzutragen. Doch er bevorzugte diese Methode. Er hatte diese Art des Lesens zuerst erlernt und empfand sie noch immer als die effizienteste, da er so am besten in der Lage war, den Text zu verstehen und ihn im Gedächtnis zu behalten.
Der vorliegende Bericht war von einem der stellvertretenden Direktoren der Abteilung für interplanetare Angelegenheiten angefertigt worden. Er enthielt eine Einschätzung und Analyse der bekannten politischen Veränderungen in der neuen klingonischen Regierung. Azetbur war nun nach der Ermordung ihres Vaters das Staatsoberhaupt, doch einige Mitglieder des Hohen Rates versuchten immer noch, ihre Absetzung zu erzwingen. Soweit Ra-ghoratreii wusste, waren die Argumente einiger Gegner der neuen Kanzlerin von einfachen sexistischen Vorurteilen geprägt. So vertraten manche männliche Klingonen die Ansicht, dass Frauen keinen Platz im Rat erhalten, geschweige denn dessen Vorsitz führen sollten. Allerdings musste sich Azetbur darüber hinaus auch noch der üblichen politischen Opposition stellen. Auch nach der Zerstörung ihrer Hauptenergieversorgungsanlage auf Praxis waren viele Klingonen der Meinung, dass es ein Zeichen von Schwäche gewesen war, die Hilfe der Föderation anzunehmen. Zudem hielten sie die Etablierung einer friedlichen Koexistenz zwischen den beiden Mächten für einen Verrat an der Ehre und dem Schicksal des Klingonischen Imperiums.
Trotzdem hatte es Azetbur bisher geschafft, im Amt zu bleiben. Laut Aussagen der Beobachter war ihr das aus mehreren Gründen gelungen. Obwohl die Hilfe der Föderation bei vielen Klingonen auf Ablehnung stieß, zogen sie diese doch der Aussicht auf ein Leben in Armut, Hunger und Krankheit vor. Außerdem hatte Azetbur der Versuchung widerstanden, die Opposition gewaltsam zum Schweigen zu bringen und ihre Pläne stattdessen offen zur Debatte gestellt. Sie hatte sogar einige Vorschläge der Opposition akzeptiert und ihren Gegnern damit auf effektive Weise den Wind aus den Segeln genommen. Sie hatte zwar nur eine Handvoll Mitglieder des Hohen Rates auf ihre Seite bringen können, doch diese verfügten über großen Einfluss.
Azetbur hatte ebenfalls damit begonnen, ihr diplomatisches Korps umzugestalten. Es überraschte Ra-ghoratreii, dass Kamarag, der der Föderation über ein Jahrzehnt lang als Botschafter der Klingonen zugeteilt gewesen war, nun abberufen wurde. Anscheinend würde ein Mann namens Kage seinen Platz einnehmen, der laut Bericht über keinerlei politische Erfahrungen verfügte. In seiner Jugend hatte er als Soldat gedient, die klingonische Verteidigungsstreitmacht jedoch später verlassen, um sich am Gorek-Institut
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