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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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Zeit im Hintergrund gestanden und hatte die Szene verfolgt. Sie erschrak, als der Kardinal sie jetzt ansprach. Seine Stimme klang schwer vor Sorge: „Wie geht es Baptist?“
    Felix schnürte es den Hals zu, als er das hörte. Was war mit Baptist? War ihm etwas zugestoßen?
    „Das Fieber... es geht nicht zurück... wir müssen einen Arzt holen!“, stotterte Olga.
    Der Kardinal wandte sich nun wieder allen im Raum zu.
    „Einen Arzt?! Wer soll den bezahlen? So ein Mann will mindestens zwei Kilo Äpfel... und einen Braten dazu!“ Der Kardinal lächelte Felix an, als stünden sie alle vor einer unlösbaren Rechenaufgabe, auf die nur der Junge eine Antwort wüsste.
    Doch Felix ließ sich nicht einschüchtern.
    „Sie brauchen Baptist. Ohne ihn ist Ihr Plan wertlos. Sie würden ihm nie etwas antun!“
    „Wenn er stirbt, übernimmst du seine Rolle. Ihr seht euch beide nämlich ziemlich ähnlich.“ Der Kardinal packte Felix am Kinn und drehte sein Gesicht ins Licht, so, als wollte er seine Behauptung noch einmal überprüfen.
    „Das würde die Kaiserin sofort merken. Ich kann gar nicht so sprechen wie er!“ Felix befreite sich aus dem Griff des roten Handschuhs. „Ich will ihn sehen!“
    „Und ich will die blaue Reisetasche!“, gab der Kardinal zurück. „Dein Kindermädchen hat sie in die ‘Giraffe’ gebracht. Jetzt bring’ sie mir!“
    Felix ließ sich nicht beirren: „Erst will ich Baptist sehen!“
    „Also gut. Wir haben schon genug kostbare Zeit verloren!“ Der Kardinal gab Olga ein Zeichen mit der Hand. Die verstand sogleich, was er meinte.
    „Komm’ mit!“, sagte sie zu Felix. Doch Felix war noch nicht so weit. Er hielt der Apfelverkäuferin die Brille hin.
    „Zwei Äpfel!“, forderte er.
    „Brillen sind nichts wert. Keinen Pfennig krieg’ ich mehr dafür!“, jammerte die Frau wie auf Knopfdruck los. Aber ihr Blick hing gierig an dem kostbaren Gestell.
    „Na los, Alte, mach’ schon oder verschwinde endlich!“, fauchte der Kardinal sie an.
    „Meinetwegen. Aber nur, weil du ein Freund vom Kardinal bist!“ Sie reichte Felix zwei Äpfel.
    „Die haben Würmer. Das seh’ ich doch von hier!“, sagte Felix und nahm sich zwei andere aus dem Korb. Die Brille legte er auf den Tisch, dann folgte er Olga, die bereits einen großen Schlüsselbund aus ihrer Schürze gezogen hatte. Zusammen verließen sie den Raum.
    Die Apfelverkäuferin griff sich die Brille und steckte sie ein. Sie hatte ein gutes Geschäft gemacht, denn ein Brillengestell war viel wert in diesen Tagen.
    Der Kardinal blieb mit Watzke alleine im Hinterzimmer der ‘Neuen Welt’ zurück. Beide schwiegen. Watzke starrte den Kardinal an. Er hielt die Stille nicht mehr aus.
    „Was nun?“, fragte er.
    „Wenn wir den Stein haben, müssen die Kinder verschwinden. Alle drei. Für immer!“, sagte der Kardinal ruhig und überlegt.
    „Das Mädchen auch?“ Watzke fuhr sich erneut mit dem Taschentuch über sein schweißnasses Gesicht. Er zitterte.
    „Ich sagte: Alle drei!“ Der Kardinal wurde ungeduldig.
    „Und wohin mit ihnen?“ Watzkes Stimme vibrierte fast.
    Bevor der Kardinal antwortete, setzte er ein Lächeln auf. Es sah gemein und gefährlich aus.
    „Das Engelufer ist doch ein schönes Grab für die drei Engel, findest du nicht?“
    Watzke schüttelte den Kopf.
    „Das ist ja Kindesmord!“, wimmerte er.
    Der Kardinal schlug einen harten Ton an:
    „Ach ja... Wolltest du nicht eben noch den Jungen in den Kanal werfen lassen, mit Steinen in den Taschen?“
    „Alles nur Spaß, Kardinal, ich wollte dem Bengel nur Angst machen, ganz bestimmt...!“
    Watzke schluckte, als hätte ihn der Kardinal eine besonders bittere Medizin löffeln lassen.
     
    Für Felix ging es wieder hinab in die Tiefe. Er folgte Olga durch die Kellergänge der ‘Neuen Welt’. Mit großen Schritten ging die Bedienung voran. Dabei murmelte sie unverständlich vor sich hin. Es klang ärgerlich und gereizt. Die finsteren Gänge verengten sich zu einem unübersichtlichen Labyrinth. Es roch muffig und die Feuchtigkeit ran die Wände herunter.
    Vor einer der schweren Stahltüren blieb Olga stehen. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Türe. Bevor sie Felix eintreten ließ, sagte sie noch knapp:
    „Beeil’ dir!“
    Auf Bündeln von Packstroh lag Baptist. Es sah aus, als würde er schlafen. Felix ging zu ihm, beugte sich hinab und berührte seine Schulter.
    „Baptist! Ich bin es, Felix!“
    Keine Antwort.
    „Leg’ ihm die Äpfel hin und

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