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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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Schutz versprach. Die Bäume bildeten mit ihren Kronen einen Tunnel, der ins Licht führte.
    „Spielen Sie mit mir?“, fragte der Prinz seine Mutter.
    „Später! Ich muss mich erst um unseren Gast, Seine Exzellenz Sinan Khan, kümmern“, antwortete ihm die Kaiserin. „Frau von Waldburg wird mit dir spielen.“
    Frau von Waldburg, die  Hofdame, deutete einen Knicks an und senkte ihren Kopf.
    „Mama...“, flüsterte der Prinz seiner Mutter ins Ohr, „...sie ist langweilig und hat keine Ideen. Giacomo soll zurückkehren. Ich wünsch’ mir so sehr einen Freund.“
    „Ich weiß, mein Liebling! Vielleicht habe ich ja einen für dich gefunden. Aber: Psst!“ Sie legte einen Finger auf ihre Lippen.
    Der kleine Prinz strahlte über das ganze Gesicht. Dann legte auch er den Finger auf seine Lippen und machte: „Psst!“
    Die Kaiserin umarmte ihren Sohn und drückte ihn ganz fest an sich.
     
    ‚Wer ist bloß dieses Kind da unten im Garten? Dauernd sieht es zu mir hoch!’, überlegte Fräulein Romitschka. ‚Sieht aus wie eines dieser Bettel- und Klaukinder, die mittlerweile die ganze Stadt bevölkern. Sie tauchen wie aus dem Nichts auf, schlagen Rad vor einem und verlangen dann mit weinerlicher Stimme eine Münze. Ihre Handballen sind härter als ihre Fußsohlen, vom ewigen auf den Händen Laufen. Wie gut so ein Zimmer über der Polizeistation doch ist. Hier fühlt man sich vor Überraschungen dieser Art sicher.’
    Fräulein Romitschka wollte gerade die Vorhänge schließen, doch der Junge hörte nicht auf, mit beiden Armen zu ihr hoch zu winken. Hatte er etwa ein Baby im Weidenkorb entdeckt?
    Kurz entschlossen griff sich Fräulein Romitschka ihren Schirm und lief die Treppe hinab nach unten, vorbei an den salutierenden Polizisten, die heute mit Pauken und Trompeten bewaffnet waren, denn sie übten für den Wohltätigkeitsball der Kaiserin Musikstücke ein. Dieses Mal wollte Majestät mit dem Ball Geld für die Waisenkinder sammeln.
    ‚Welch entsetzlicher Lärm! Das ist doch keine Musik!’, fand Fräulein Romitschka und war froh, als sie endlich draußen im Garten war, dessen Büsche, Sträucher und Bäume einen dichten undurchschaubaren Urwald gebildet hatten.
    Sie versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen, schob vorsichtig Pflanzen zur Seite. Nichts. Auch am Mäuerchen fand sich niemand – weder ein Baby noch ein Junge.
    „Ist da wer?“, rief das Kinderfräulein aus.
    „Hier oben!“, rief leise eine Stimme.
    Fräulein Romitschka musste innerlich lachen. Jetzt spielte der ewige Lärm der Polizeikapelle ihrem Gehirn schon Streiche. Sie hörte Stimmen.
    Da, schon wieder:
    „Fräulein Romitschka, hier oben!“
    Das klang doch wie die Stimme von Felix?
    ‚Ich sollte mehr an die frische Luft gehen!’, dachte sich Fräulein Romitschka. ‚Lange Spaziergänge unten am Wasser würden mir gut tun! Vielleicht begleitet mich ja dieser nette Hauptwachtmeister Kloppke, der mir gestern einen Beutel Lavendel geschenkt hat, nur, weil er mein Parfüm nicht wiederfindet, das er mir abgenommen hat... wahrscheinlich alles Absicht, weil er kein Parfüm mag!’
    „Ist die Luft rein? Kann ich runterkommen?“, rief die Stimme von Felix.
    Wie aus dem Nichts stand er plötzlich vor Fräulein Romitschka. Er war aus dem Baum gefallen und sicher auf beiden Füßen gelandet.
    „Felix, wie ungehörig, mich so zu erschrecken...!“, tadelte ihn das Kindermädchen und griff sich vor Schreck ans Herz.
    Dann erst kann es ihr in den Sinn:
    „Mein Gott, Felix, Junge, wie siehst du denn nur aus!?“
    „Bitte leise, Fräulein Romitschka!“, flehte Felix.
    „Wo hast du denn die ganze Zeit über gesteckt? Wie ist es dir ergangen? Wie kommst du überhaupt hierher?“, wollte sie wissen und fuhr ihm dabei mit der Hand durch die Haare.
    „Ich habe die Zeichnung am Hotel Giraffe gesehen und gewusst, die ist von Ihnen. Es war ein Kinderspiel, Sie zu finden!“, antwortete ihr Felix nicht ohne Stolz.
    „Erkläre mir bitte, was du im Schilde führst! Was sind das denn für Lumpen, die du da trägst? So kannst du doch unmöglich zur Schule gehen! – Komm’ mit zur Polizei!“, forderte ihn Fräulein Romitschka auf.
    „Das ist völlig unmöglich. Bitte, hören Sie genau zu. Sie müssen mir helfen. Ich brauche die blaue Reisetasche. Es geht um Leben und Tod!“, flehte Felix.
    „ Ja, wenn das so ist...!“, antwortete Fräulein Romitschka zögerlich und überlegte dabei blitzschnell, was sie von all dem halten sollte. Felix wirkte

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