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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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wissen.
    „Ich habe sie am Kanal gefunden. Sie lag da“, log Felix, ohne rot zu werden.
    „An welchem Kanal?“, forschte der Kardinal nach. Er wurde misstrauisch. Die ganze Sache kam ihm zu glatt vor.
    „Keine Ahnung. An einem Kanal eben...“, beharrte Felix. Er tat verunsichert, damit der Kardinal glaubte, er hätte das Spiel in der Hand.
    „Wann war das?“, fragte der Kardinal und schob den neugierigen Watzke aus dem Weg.
    „Als ich aus dem Hotel weglief, um Baptist zu folgen!“, antwortete Felix.
    Der Kardinal schwieg. Er überlegte. Dabei ging er im Hinterzimmer der ‘Neuen Welt’ auf und ab. Wortlos betrachtete er die zerbrochene Brille. Watzke schnaufte leise wie ein Jagdhund, der Beute gewittert hatte. Dann hielt es der Wirt nicht mehr aus. Er wollte seinem Herrn zeigen, aus welcher Richtung die Witterung kam.
    „Das Engelufer... vielleicht meint er das Engelufer?“, flüsterte Watzke dem Kardinal zu.
    „Sei still!“, raunzte der ihn an.
    Er hielt die Brille nun in das elektrische Licht.
    „Es sieht aus, als hätte jemand die Gläser mit einem spitzen Stein zerhackt!“, murmelte er.
    Felix schwieg. Keine Regung war auf seinem Gesicht zu erkennen.
    Wieder konnte Watzke den Mund nicht halten und plapperte los:
    „Er ist gestürzt und unter die Kutsche der Kaiserin geraten. Vielleicht sind sie dabei zerbrochen!“, flüsterte er untergeben und voller Stolz auf sein Wissen.
    „Alles Lüge!“, donnerte der Kardinal los. „Was wollte sie am Engelufer?“
    Felix sah Watzke fragend an. Der Trick funktionierte, Watzke wollte wieder schlau sein:
    „Sie ist gesprungen! Hopp und weg war sie!“, soufflierte Watzke und wischte sich mit seinem großen Taschentuch über das schweißnasse Gesicht.
    Dem Kardinal reichte es jetzt mit Watzkes Einmischungen.
    „Und ihre Brille legt sie am Ufer ab, damit sie beim Sprung ins Wasser nicht kaputtgeht – oder?!?“, fuhr er wütend fort.
    Felix spielte weiter den Unschuldsengel.
    „So eine hat doch die alte Dolly, hab ich mir gedacht. Machst du dich Liebkind bei ihr und bringst sie ihr. – Also, her mit der Brille, ich hab sie gefunden! Und ich geb’ sie ihr auch zurück!“ Felix versuchte, dem Kardinal die Brille zu entreißen.
    In dem Moment kam Olga zur Tür hereingestürzt. Sie rang nach Luft.
    „Die Giraffe... überall Polizei... Razzia!“
    Der Kardinal und Watzke sahen einander erschrocken an.
    Da drängte sich die Apfelhändlerin mit ihrem Apfelkorb an Olga vorbei in den Raum. Denn das war ihr Auftritt, den wollte sie sich nicht von der Bedienung vermasseln lassen. Sie war es, die gesehen hatte, wie die Polizei das Hotel stürmte.
    „Ich hab’ alles mit eigenen Augen gesehen!“, rief sie aus und hoffte auf eine Münze für diese Nachricht. Da sich keiner rührte, um ihr etwas zu geben, erhob sich noch einmal ihre Stimme.
    „Ich dachte, besser du sagst mal Bescheid. Kundschaft geht vor. Und außerdem: Was hab’ ich mit den Schupos am Hut...?“
    Der Kardinal wandte sich wieder Felix zu. Dem Geschwätz der Händlerin schenkte er keine Beachtung.
    „Raus mit der Wahrheit: Wo hast du die Brille gefunden?“
    Felix setzte ein erschrockenes Gesicht auf und log atemlos: „Die Polizei hat das Hotel gestürmt. Madame Dolly haben sie verhaftet. Sie hat sich mit Händen und Füßen gewehrt. Dabei hat sie ihre Brille verloren. Ich hab mich unter einem Bett versteckt. Von dort aus habe ich sie gesehen. Sie lag am Boden. Zum Greifen nahe. Ich hab mir gedacht, einen Apfel bekommst du bestimmt dafür. Es ist ja nur das Glas kaputt, sonst ist sie noch prima in Schuss.“
    Felix war mit seinem Bericht am Ende. Es herrschte Stille. Alle starrten erwartungsvoll den Kardinal an.
    „Die alte Dolly hat bei den Schupos gesungen. Wir können einpacken!“, stöhnte Watzke leise vor sich hin.
    „Bitte, du kannst sie wiederhaben. Sie gehört dir.“ Der Kardinal hielt Felix die Brille hin. Doch Felix zögerte zunächst. Er witterte eine Falle.
    „Nun nimm schon! Falls du mal wieder Hunger auf einen Apfel hast. Sie gehört dir!“
    Wortlos nahm Felix die Brille an sich.
    Der Kardinal lächelte wie die Güte selbst und sagte: „Aber sie ist mindestens zwei Äpfel wert! Lass’ dich nicht über den Tisch ziehen!“
    Die Apfelhändlerin wollte Einspruch anmelden, zwei Äpfel erschienen ihr als Preis viel zu hoch. Doch sie schwieg lieber.
    „Danke!“, antwortete Felix und steckte die Brille ein.
    Dann wandte sich der Kardinal Olga zu. Die Bedienung war die ganze

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