Das Finale
Computer und suchte nach Dr. Heinrich
Eigelstein. Der Anwalt hatte nicht gelogen. Sein Bruder war ein bekannter
Neurochirurg und seit Langem in Houston/Texas tätig. Frauke hatte Mühe, die mit
medizinischen Fachbegriffen durchsetzten englischsprachigen Berichte zu
verstehen. Heinrich Eigelstein galt als international anerkannte Kapazität auf
seinem Gebiet. Wenn Frauke sich auch manches hatte zusammenreimen müssen, so
war eines gewiss: Dr. Heinrich Eigelstein war nicht Georg, wenn die
Bilder, die sie im Internet vom Bruder des Anwalts gefunden hatte, echt waren.
Sie hatte nur wenige
Anhaltspunkte, um nach Georg zu suchen. Ihr blieb noch das Treffen der
Motorradfreunde auf dem Georgsplatz. Dort war sie Georg das erste Mal begegnet.
Vielleicht wussten die anderen Biker etwas. Die Motorradfahrer trafen sich
jeden Freitag. Und heute war erst Montag.
Warum versteckte
sich Georg? Welches Spiel trieb er mit Frauke? Sie wurde zornig, als ihr
bewusst wurde, wie naiv sie sich Georg gegenüber verhalten hatte.
Sie rief im Klinikum
Nordstadt an und ließ sich mit der Unfallchirurgie verbinden. Man verweigerte
ihr die telefonische Auskunft über den Zustand von Necmi Özden.
Kurz darauf meldete
sich Frau Westerwelle-Schönbuch und teilte Frauke im Auftrag von
Kriminaloberrat Ehlers mit, sie möge bitte die Staatsanwaltschaft Hannover im
Volgersweg aufsuchen.
»Um was geht es?«
»Das kann ich Ihnen
nicht sagen«, erwiderte die Sekretärin. »Ich habe nur eine Notiz von Herr
Ehlers. Der ist jetzt zu einer Dienstbesprechung. Er hat gesagt, Sie würden
dort von Herrn Holthusen erwartet.«
»Wann?«
»Umgehend.«
Frauke entschloss
sich, das kurze Stück bis zum Gebäude der Staatsanwaltschaft auf der Rückseite
des Hauptbahnhofs zu Fuß zu gehen.
Die Justizgebäude
lagen im Schatten des mächtigen Gebäudekomplexes der Sparkasse Hannover.
Während die großzügige Anlage des Geldinstituts sich mit unterschiedlich hohen
Quadern aus dunkelbraunem Glas in die Höhe streckte, wirkte das als leichte
Rundung gebaute Gebäude der Staatsanwaltschaft eher schmucklos. Die Bedeutung
der beiden rostfarbenen Plastiken auf dem Vorplatz erschloss sich Frauke nicht.
Die drei Fahnenmasten mit der blauen Europaflagge, der deutschen und der
Landesflagge mit dem Niedersachsenross wirkten wie bunte Farbtupfer. Der
Torbogen in der Mitte der Anlage gab den Blick auf einen spärlich begrünten
Innenhof frei, dessen Zugang durch ein Gitter verwehrt wurde.
Frauke schmunzelte
über das Schild »Staatsanwaltschaft – Eingang hier« und die mit Pfeilen
verdeutlichte Beschreibung, die den Weg zu den Eingängen des Land- und des
Amtsgerichts wies.
Im Unterschied zu
den großzügigen und nahezu luxuriös ausgestatteten Arbeitsräumen der
Fernsehstaatsanwälte residierte Holthusen in einem engen Büro, das mit Akten
überladen schien. Es erinnerte Frauke an den Besuch bei Rechtsanwalt
Eigelstein, nur dass die Ausstattung hier einfacher war.
Staatsanwalt
Holthusen mochte vielleicht vierzig Jahre alt sein, schätzte Frauke. Er war von
kleiner gedrungener Figur. Das runde Gesicht wurde durch einen Schnäuzer
verziert, der überhaupt nicht zur ungesunden roten Gesichtsfarbe passte, die
auf Bluthochdruck schließen ließ. Selbst durch das schüttere Haar schimmerte
die rote Kopfhaut durch.
»Holthusen«,
begrüßte sie der Staatsanwalt mit einem laschen Händedruck, nachdem er seinen
Schreibtisch umrundet und den Aktenstapel vom Besucherstuhl genommen hatte.
Nachdem Frauke Platz
genommen hatte, begann er mit langsamer und monotoner Stimme zu berichten.
»Wir haben einen
Hinweis erhalten.«
»Von wem?«,
unterbrach ihn Frauke.
Holthusen sah auf.
Er schien irritiert durch Fraukes Frage.
»Anonym«, sagte er.
»Per Telefon. Das ist im Geschäftszimmer aufgelaufen. Leider gibt es keinen
Gesprächsmitschnitt. Um es vorwegzunehmen: Ich vermute, dass es aus dem
Steintorviertel kommt.«
»Dem
Rotlichtbezirk.«
Holthusen nickte.
»Den Wirten dort missfällt, was Sie mit Ihrer Razzia angerichtet haben. Solche
Aktionen schrecken die Kunden ab. Man ist lieber ungestört. Aus solchen
Überlegungen resultiert vermutlich die Anzeige.«
Dann war unsere
gegen Stupinowitschs Bordell gerichtete Aktion ein Erfolg, überlegte Frauke.
Das hatte sie bezweckt.
»Man empfindet die
Organisation als missliebigen Mitbewerber«, fuhr Holthusen fort. »Das würde man
aber noch untereinander ausmachen. Wenn aber zu befürchten ist, dass die
Polizei künftig mehr Präsenz im
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