Das Flammende Kreuz
Halsberge und der Brosche seines Vaters.
»Wir trauern zwar um die, die wir verloren haben, doch genauso müssen wir auch euch Tribut zollen, die ihr nicht minder tapfer gekämpft und gelitten - und überlebt habt.«
» Slainte !«, kam der Salut der dröhnenden Männerstimmen, diesmal lauter.
Jamie schloss einen Moment die Augen, dann öffnete er sie wieder und sah zu Brianna hinüber, die bei Lizzie und Marsali stand, Jemmy auf dem Arm. Die Schärfe und Kraft seiner Gesichtszüge stand in auffallendem Kontrast zu den runden, unschuldigen Gesichtern der Kinder und der Sanftheit der jungen Mütter - obwohl, so dachte ich, bei all ihrer Zartheit der Feuerschein die Stränge aus schottischem Granit in ihren Knochen durchscheinen ließ.
»Wir zollen unseren Frauen Tribut«, sagte er und hob den Becher zunächst in Briannas, dann in Marsalis und dann, mit einer Drehung seines Körpers, in meine Richtung. Ein Lächeln umspielte kurz seine Lippen. »Denn sie sind unsere Stärke. Und unsere Rache an unseren Feinden wird schließlich aus unseren Wiegen kommen. Slainte !«
Unter den Rufen der Menge leerte er den Holzbecher und warf ihn in das Feuer, wo er ein paar Sekunden liegen blieb, ein dunkles Rund, und dann auf einmal in leuchtende Flammen ausbrach.
» Thig a seo !«, rief er aus und hielt mir seine rechte Hand entgegen. » Thig a seo, a Sorcha, nighean Eanruig neart mo chridhe.« Komm her zu mir , sagte er. Komm zu mir, Claire, Tochter des Henry Kraft meines Herzens . Ich spürte meine Füße kaum, geschweige denn die Füße, über die ich stolperte, als ich zu ihm trat und seine Hand ergriff, die sich kalt, aber kraftvoll um meine Finger schloss.
Ich sah, wie er den Kopf umwandte; hielt er nach Brianna Ausschau? Aber nein - er streckte seine andere Hand nach Roger aus.
» Seas ri mo làmh, Roger an t’òranaiche, mac Jeremiah MacChoinnich !« Steh mir zur Seite, Roger, der Sänger, Sohn des Jeremiah MacKenzie . Im ersten Moment stand Roger stocksteif da und sah Jamie mit dunklen Augen an, dann bewegte er sich wie ein Schlafwandler auf ihn zu. Die Menge war immer noch erregt, doch die Rufe waren verstummt, und die Leute reckten die Hälse, um zu hören, was gesagt wurde.
»Steh mir bei im Kampf«, sagte er auf Gälisch, die Augen auf Roger geheftet, die Linke ausgestreckt. Er sprach langsam und deutlich, um sicher zu gehen, dass man ihn verstand. »Sei ein Schutzschild für meine Familie - und für die deine, Sohn meines Hauses.«
Rogers Gesichtszüge schienen sich plötzlich aufzulösen, wie ein Spiegelbild im Wasser, wenn man einen Stein hinein wirft. Dann verfestigten sie sich wieder, und er ergriff Jamies Hand und drückte sie fest.
Dann wandte sich Jamie der Menge zu und begann, die Anwesenden aufzurufen. Ich hatte schon einmal gesehen, wie er das tat, viele Jahre zuvor in Schottland. Es war eine formelle Einladung und Benennung der Pächter durch den Gutsherrn, eine kleine Zeremonie, die oftmals am Quartalstag oder nach der Ernte stattfand. Hier und dort erhellte sich ein Gesicht, als es den Brauch wieder erkannte; viele der Highlandschotten kannten ihn, wenn er ihnen auch in diesem Land bis heute Abend noch nicht untergekommen war.
»Komm zu mir, Geordie Chisholm, Sohn des Walter, Sohn von Connaught, dem Roten!
Steht mir bei, a Choinneich , Evan, Murdo, ihr Söhne des Alexander Lindsay of the Glen!
Kommt an meine Seite, Joseph Wemyss, Sohn des Donald, Sohn des Robert!« Ich lächelte, als ich sah, wie Mr. Wemyss auf uns zukam, verlegen, aber überglücklich darüber, in aller Öffentlichkeit als dazugehörig zu gelten. Er trug den Kopf stolz erhoben, und sein blondes Haar wehte wild im Wind des großen Feuers.
»Steh mir bei, Josiah, der Jäger!«
War Josiah Beardsley hier? Ja, da war er; eine schlanke, dunkle Gestalt glitt aus dem Schatten hervor und nahm schüchtern ihren Platz in der Gruppe ein, dicht bei Jamie. Ich fing seinen Blick auf und lächelte ihm zu; er wandte hastig den Blick ab, doch ein kleines, verlegenes Lächeln haftete an seinen Lippen, so als hätte er vergessen, dass es da war.
Als Jamie fertig war, war es eine beeindruckende Gruppe geworden - fast vierzig Männer, die Schulter an Schulter standen und nicht nur vom Whisky, sondern auch vor Stolz gerötet waren. Ich sah, wie Roger einen langen Blick mit Brianna wechselte, die ihn über das Feuer hinweg anstrahlte. Sie senkte den Kopf, um Jemmy etwas zuzuflüstern, der in seine Decken gewickelt im Halbschlaf auf ihrem Arm
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