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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hand tastete sich wie ein Vogel im Blindflug vor und berührte ihre Hüfte, ihren weichen Bauch auf der Suche nach einem Schlafplatz. Brianna ergriff sie mit beiden Händen, die sie dann unter ihrem Kinn faltete. Seine Hand klammerte sich um die ihre. Sie küsste einen seiner großen, rauen Fingerknöchel, und er seufzte tief. Seine Hand entspannte sich.
    Die Geräusche der Feierlichkeiten auf dem Berg waren verstummt, denn die Tänzer waren ermüdet, die Musiker heiser und erschöpft. Der Regen setzte wieder ein und trommelte über ihr auf das Zeltleinen, und grauer Nebel berührte mit kühlen, feuchten Fingern ihr Gesicht. Der Geruch des nassen Zeltleinens weckte in ihr die Erinnerung an die Campingausflüge, die sie als Kind mit ihrem Vater gemacht hatte, an das Gemisch aus Aufregung und Geborgenheit, das sie dabei empfunden hatte, und sie kuschelte sich fester an Rogers Körper und verspürte dabei ein ähnliches Gefühl des Trostes und der Vorfreude.
    Es war noch früh, dachte sie. Sie hatten ihr ganzes Leben noch vor sich. Die Zeit der Hingabe würde sicher kommen.

17
    Wachfeuer
    Von der Stelle, an der sie lagen, konnte er durch eine Lücke in den Felsen bis zu dem Wachfeuer hinunter blicken, das vor Hayes’ Zelt brannte. Das große Feuer des gathering war bis auf die Glut niedergebrannt, sein Glühen eine schwache Erinnerung an die lodernden Flammen der Deklaration, doch das kleinere Feuer brannte stetig wie ein Stern in der kalten Nacht. Dann und wann erhob sich eine dunkle, mit einem Kilt bekleidete Gestalt, um Holz nachzulegen, stand kurz als grober Umriss vor dem hellen Licht und verschmolz dann wieder mit der Nacht.
    Ihm war schwach bewusst, dass dahinrasende Wolken den Mond vernebelten, dass das Zeltleinen über ihm heftig im Wind flatterte und die Felsen des Berghangs tiefschwarze Schatten warfen, doch er hatte nur Augen für das Feuer unter ihm und das Zelt dahinter, ein weißer Fleck, formlos wie ein Geist.
    Er hatte seinen Atem verlangsamt, die Muskeln seiner Arme und seiner Brust, seines Rückens, seiner Pobacken und Beine entspannt. Nicht, um zu schlafen; an Schlaf war nicht zu denken, und er hatte nicht vor, ihn krampfhaft zu erzwingen.
    Auch versuchte er nicht, Claire vorzumachen, dass er schlief. So dicht an seinem Körper, so nah, wie sie seinen Gedanken war, würde sie wissen, dass er wachte. Nein, es war nur ein Zeichen für sie, eine stumme Übereinkunft, dass sie sich nicht um ihn zu kümmern brauchte. Sie konnte schlafen und würde wissen, dass er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war und keine unmittelbaren Ansprüche an sie stellte.
    Kaum jemand schlief heute Nacht auf dem Berg, dachte er. Das Geräusch des Windes übertönte das Murmeln der Stimmen und das Rascheln der Bewegungen, aber seine Jägersinne registrierten Unruhe hier und da, identifizierten mit halbem Ohr gehörte Dinge, ordneten bewegten Schatten Namen zu. Schuhleder schabte über einen Felsen, eine Decke wurde dumpf klatschend ausgeschlagen. Das waren wohl Hobson und Fowles, die sich in der Dunkelheit leise davonmachten, weil sie Angst hatten, bis zum Morgen zu warten, falls man sie in der Nacht verriet.
    Ein paar Töne einer Melodie kamen mit einem Windstoß von oben; Konzertina und Geige. Jocastas Sklaven, die keine Lust verspürten, diese seltene Gelegenheit zum Feiern ihrem Schlafbedürfnis oder den Wetterbedingungen zu opfern.
    Das leise Jammern eines Säuglings. Jemmy? Nein, hinter ihm. Also die kleine Joan, und Marsalis Stimme, die leise und wohlklingend auf Französisch sang.

    ... Alouette , gentille alouette...
    Da, ein Geräusch, auf das er gewartet hatte; Schritte, jenseits der Felsen, die den Unterschlupf seiner Familie eingrenzten. Rasch und leicht, bergab unterwegs. Er wartete mit offenen Augen, und ein paar Sekunden später hörte er den leisen Ruf eines Wachtpostens neben dem Zelt. Es erschien keine Gestalt im Schein des Feuers, doch der Zelteingang dahinter bewegte sich, klaffte auf und schloss sich wieder.
    Also war es genauso, wie er gedacht hatte; die allgemeine Stimmung war vehement gegen die Aufrührer. Man betrachtete es nicht als Verrat an Freunden, sondern als unumgängliche Opferung einiger Krimineller zum Schutz all jener, die sich lieber an das Gesetz hielten. Es mochte zwar nicht ohne Zögern geschehen - die Zeugen hatten immerhin die Nacht abgewartet -, aber nicht im Verborgenen.
    ...je te plumerai la tête...
    Er fragte sich plötzlich, warum Kinderlieder oft so brutal waren und

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