Das Flammende Kreuz
erwiderte sein Grinsen und schwang sich den Umhang um die Schultern. »Hast du alles?«
»Bis auf das Salz.« Roger wies auf einen Leinenbeutel auf der Arbeitsfläche.
Ein First Foot brachte Geschenke mit ins Haus: ein Ei, ein Stückchen Holz, eine Prise Salz - und etwas Whisky, damit sicher gestellt war, dass es dem Haushalt im kommenden Jahr nicht am Notwendigsten mangeln würde.
»Gut. Wo habe ich nur - oh, Himmel!« Als ich auf der Suche nach dem Salz die Schranktür aufschlug, sah ich mich einem glühenden Augenpaar gegenüber, das mich aus der Dunkelheit anfunkelte.
»Ach du meine Güte.« Ich legte mir eine Hand auf die Brust, um mein Herz am Herausspringen zu hindern, und winkte mit der anderen schwach in Rogers Richtung, denn bei meinem Ausruf war er aufgesprungen, zu meiner Verteidigung bereit. »Keine Sorge - es ist bloß die Katze.«
Adso war vor der Party geflüchtet und hatte sich die Überreste einer frisch erlegten Maus als Gesellschaft mitgenommen. Er fauchte mich an, da er offensichtlich glaubte, ich wollte ihm diese Delikatesse wegschnappen, aber ich schob ihn energisch beiseite und zog den Beutel mit dem gemahlenen Salz hinter seinem pelzigen Hintern hervor.
Ich schloss die Schranktür wieder und überließ Adso seinem Festmahl, um Roger das Salz zu geben. Er nahm es entgegen und legte den Gegenstand hin, den er in der Hand gehabt hatte.
»Wo hast du denn das alte Weiblein her?«, fragte er und wies mit dem Kinn auf den Gegenstand, während er das Salz in seine Tasche steckte. Ich blickte zur Arbeitsfläche und sah, dass er die kleine, rosafarbene Steinfigur betrachtet hatte, die Mrs. Bug mir gegeben hatte.
»Von Mrs. Bug«, erwiderte ich. »Sie sagt, es ist ein Fruchtbarkeitszauber - und so sieht es auch aus. Dann ist es also sehr alt?« Ich hatte mir das schon gedacht, und Rogers Interesse bestätigte mir meinen Eindruck.
Er nickte, den Blick immer noch auf die Figur gerichtet.
»Sehr alt. Die Stücke, die ich in Museen gesehen habe, werden auf mehrere tausend Jahre geschätzt.« Er zeichnete die kugelförmige Umrisse ehrfürchtig mit dem Zeigefinger nach.
Brianna trat näher, und ohne zu überlegen legte ich ihr die Hand auf den Arm.
»Was denn?«, sagte sie und wandte mir das Gesicht zu, um mich anzulächeln. »Soll ich es nicht anfassen? Funktioniert es denn so gut?«
»Nein, natürlich nicht.«
Ich zog meine Hand fort. Ich lachte zwar, fühlte mich aber sehr verlegen. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass es mir tatsächlich lieber war, wenn sie die Figur nicht berührte, und ich war erleichtert, als sie sich nur über die Arbeitsfläche beugte, um sie zu betrachten, sie aber liegen ließ. Rogers Blick war ebenfalls auf die Figur gerichtet - oder vielmehr sah er Brianna an und hatte seine Augen mit einer seltsamen Intensität auf ihren Hinterkopf gerichtet. Ich konnte mir nahezu vorstellen, dass er sie genauso heftig beschwor, die Figur anzufassen, wie ich sie beschwor, es nicht zu tun.
Beauchamp , sagte ich schweigend zu mir selbst, du hast heute Abend zu
viel getrunken . Dennoch streckte ich impulsiv die Hand aus, ergriff die Figur und ließ sie in meine Tasche fallen.
»Komm schon! Wir müssen los!« Da ich die merkwürdige Stimmung des Augenblicks abrupt zerstört hatte, richtete Brianna sich auf und wandte sich drängend an Roger.
»Aye, gut. Dann lass uns gehen.« Er schlang sich die Tasche über die Schulter und lächelte mich an, dann ergriff er ihren Arm, und sie verschwanden und ließen die Sprechzimmertür hinter sich zufallen.
Ich löschte die Kerze und war schon im Begriff, ihnen zu folgen, doch dann hielt ich inne, denn ich zögerte plötzlich, mich sofort wieder in das Chaos der Feiernden zu stürzen.
Ich konnte spüren, dass das ganze Haus in Bewegung war, dass es mich pulsierend umschloss, und unter der Tür strömte das Licht aus dem Flur herein. In der Stille spürte ich das Gewicht der kleinen Figur in meiner Tasche und drückte sie, bis ich ihren harten Umriss an meinem Bein fühlte.
Der erste Januar hat überhaupt nichts Besonderes an sich, abgesehen von der Bedeutung, die wir ihm verleihen. Die Altvorderen feierten das neue Jahr am Imbolc, Anfang Februar, wenn der Winter nachlässt und das Licht wieder zurückzukehren beginnt - oder im Frühling am Tag der Tag-und-Nachtgleiche, wenn die Welt zwischen den Mächten der Finsternis und des Lichtes im Gleichgewicht ist. Und doch stand ich dort in der Dunkelheit, lauschte dem Kauen und Schmatzen der Katze
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