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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ah.«
    »Wirklich?« Ich massierte seinen Hals und seine Schultern und knetete seine verspannten Muskeln fest durch den Stoff. »Du meinst, du konntest früher singen?« Er war die Zielscheibe des Gespötts der ganzen Familie; Jamie hatte zwar eine schöne Sprechstimme, aber sein Gefühl für Töne war unberechenbar, und jedes Lied, das er sang, fiel so unmelodisch aus, dass er damit Babys vor Schreck in den Schlaf versetzte, anstatt sie einzulullen.
    »Nun ja, das vielleicht nicht gerade.« Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören, gedämpft durch sein Haar, das ihm vor das Gesicht gefallen war. »Aber ich konnte einzelne Melodien unterscheiden - oder sagen, ob jemand gut oder schlecht sang. Jetzt ist alles nur noch ein Lärmen und Kreischen.« Er zuckte gleichmütig mit den Achseln.
    »Was ist denn geschehen?«, fragte ich. »Und wann?«
    »Oh, das war, bevor wir uns kennen gelernt haben, Sassenach. Ziemlich kurz davor sogar.« Er hob eine Hand und streckte sie nach seinem Hinterkopf
aus. »Erinnerst du dich noch, dass ich in Frankreich gewesen war? Ich war gerade mit Dougal MacKenzie und seinen Männern auf dem Rückweg, als Murtagh dich beim Spazierengehen im Hemd aufgelesen hat...«
    Er sprach unbeschwert, doch meine Finger hatten die alte Narbe unter seinem Haar gefunden. Jetzt war sie kaum mehr als fadendick, der wulstige Riss zu einer haarfeinen Linie verheilt. Doch es war einmal eine fast zwanzig Zentimeter breite Wunde gewesen, die durch eine Axt verursacht worden war. Sie hatte ihn damals fast umgebracht, das wusste ich; in einer französischen Abtei war er monatelang dem Tod nah gewesen und hatte unter lähmenden Kopfschmerzen gelitten.
    »Das war es? Du meinst... seit dieser Verletzung kannst du keine Musik mehr hören?«
    Seine Schultern hoben sich zu einem kurzen Achselzucken.
    »Ich höre keine Musik außer dem Klang der Trommeln«, sagte er. »Den Rhythmus spüre ich noch, aber die Melodien sind fort.«
    Ich hielt inne, die Hände auf seinen Schultern, und er drehte sich um und sah mich lächelnd an, versuchte, es scherzhaft zu nehmen.
    »Mach dir keine Gedanken deswegen, Sassenach; es ist nicht wichtig. Ich habe auch nicht gut gesungen, als ich es noch hören konnte . Und immerhin hat Dougal mich nicht umgebracht.«
    »Dougal? Also meinst du, dass es Dougal war?« Die Gewissheit in seiner Stimme überraschte mich. Er hatte damals den Verdacht gehabt, dass es vielleicht sein Onkel Dougal gewesen war, der den mörderischen Angriff auf ihn unternommen hatte - und dann, von seinen eigenen Männern überrascht, bevor er die Tat zu Ende führen konnte, stattdessen vorgegeben hatte, ihn verletzt gefunden zu haben. Aber es hatte keine Beweise dafür gegeben.
    »Oh, aye.« Seine Miene war ebenfalls überrascht, doch dann veränderte sie sich, als er begriff. »Daran habe ich gar nicht gedacht - du konntest nicht verstehen, was er gesagt hat, nicht wahr? Als er gestorben ist, meine ich - Dougal.« Meine Hände ruhten immer noch auf seinen Schultern, und ich spürte, wie er unwillkürlich erschauerte. Der Schauer wanderte durch meine Hände an meinen Armen entlang, und meine Haare sträubten sich bis hin zum Nacken.
    Ich konnte das Speicherzimmer in Culloden House so deutlich vor mir sehen, als spielte sich die Szene gerade jetzt vor mir ab. Die ausrangierten Möbelstücke, die Gegenstände, die im Lauf des Kampfes über den Boden rollten - und auf dem Boden zu meinen Füßen hockte Jamie und rang mit Dougals Körper, der sich aufbäumte und reckte, während Blut und Luft aus der Wunde schäumten, die Jamies Dolch ihm an der Kehle beigebracht hatte. Dougals Gesicht, fleckig und blass, während er verblutete, die Augen tiefschwarz und fest auf Jamie gerichtet, und sein Mund, der sich lautlos auf Gälisch bewegte. Und Jamies Gesicht, so weiß wie Dougals, die Augen an die Lippen des Sterbenden geheftet, während er jene letzte Botschaft las.

    »Was hat er denn gesagt?« Meine Hände klammerten sich fest an seine Schultern, und er hielt das Gesicht abgewandt, als sich meine Daumen unter sein Haar schoben, um noch einmal nach der alten Narbe zu suchen.
    »Ganz gleich, ob du der Sohn meiner Schwester bist - ich wünschte, ich hätte dich damals auf dem Hügel umgebracht. Denn ich habe von Anfang an gewusst, dass nur einer von uns überleben kann .« Er sprach gelassen und leise, und die Emotionslosigkeit seiner Worte löste den Schauer erst recht noch einmal aus, der diesmal von mir zu ihm übersprang.
    Es

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