Das Flammende Kreuz
bedeckt, aber er und Brianna hatten einen solchen Schutz nicht. Wenn das verdammte Ding doch nur auf ihm landen würde, könnte er es erwischen - doch es schien unermüdlich über ihrem Bett zu kreisen und gelegentlich herabzustoßen, um ihm sein ärgerliches N iiiieee- Liedchen ins Ohr zu singen, bevor es wieder in die Dunkelheit davonsauste.
Nach den hektischen Aktivitäten der letzten Tage hätte er eigentlich müde
genug sein sollen, um selbst inmitten eines Luftangriffs ganzer Mückengeschwader einzuschlafen. Zwei Tage lang war er im Eiltempo durch die Bergtäler und über die Kämme geritten und hatte die Nachricht in den umliegenden Siedlungen verbreitet, deren Bewohner wiederum die abgelegeneren Mitglieder der Miliz alarmieren würden. Die Frühlingsaussaat war in Rekordzeit bewerkstelligt worden, da sämtliche verfügbaren Männer jede Sekunde zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf den Feldern verbracht hatten. Sein Kreislauf war immer noch mit Adrenalin geladen, das ihm in kleinen Stößen durch Kopf und Muskeln fuhr, als hätte er Kaffee intravenös zu sich genommen.
Heute hatte er den ganzen Tag dabei geholfen, die Farm für die Zeit ihrer Abwesenheit vorzubereiten, und jedes Mal, wenn er die Augen schloss, liefen hinter seinen Augenlidern Bildfragmente der zahllosen Aufgaben ab. Zäune mussten repariert, Heu umgelagert werden, ein hastiger Ausflug zur Mühle, um das Mehl zu holen, das unterwegs zur Verpflegung der Kompanie benötigt wurde. An einem Wagenrad musste eine gebrochene Felge in Ordnung gebracht werden, ein zerrissener Zugriemen musste geflickt werden, und er hatte dabei geholfen, die weiße Sau einzufangen, die einen vergeblichen Fluchtversuch aus dem Stall unternommen hatte. Holzhacken, und schließlich hatte er kurz vor dem Abendessen eine Stunde lang angestrengt im Garten gegraben, damit Claire ihr kleines Yamwurzel- und Erdnussbeet bepflanzen konnte, bevor sie aufbrachen.
Trotz der Eile und Anstrengung war es eine willkommene Erholung von der organisierten Hektik des Tages gewesen, im Dämmerlicht vor sich hinzugraben; der Gedanke daran ließ ihn jetzt innehalten, und er durchlebte es in der Erinnerung noch einmal, in der Hoffnung, seine Gedankengänge zu verlangsamen und so weit zur Ruhe zu kommen, dass er schlafen konnte.
Es war später Frühling, warm für die Jahreszeit, und überall in Claires Garten wucherte es: grüne Keimlinge, sprossende Blätter und kleine, leuchtende Blumen, Kletterranken, die sich an den Palisaden emporwanden und an denen sich über ihm langsam weiße Trompeten öffneten, während er im zunehmenden Zwielicht arbeitete.
Ringsum stiegen die kräftigen Düfte der Pflanzen und der frisch gewendeten Erde wie Weihrauch in der sich abkühlenden Luft auf. Die Motten kamen zu den Trompetenblumen, sanfte, weiß, grau und schwarz gescheckte Kreaturen, die aus dem Wald heranschwebten. Auch Wolken von Kriebelmücken und Moskitos kamen herbei, angelockt von seinem Schweiß, und nach ihnen die Fledermäuse, dunkle, energische Geschöpfe mit schmalen Flügeln und pelzigen Körpern, die mit der aggressiven Ausstrahlung von Fußballhooligans zwischen den Stockrosen umhersausten.
Er streckte seine langen Zehen nach dem Gewicht der Quiltdecke aus; sein Bein berührte gerade eben das Bein seiner Frau, und in Gedanken spürte er den Spaten in die Erde stechen, seine harte Kante unter seinem Fuß und das
befriedigende Gefühl bröckelnder Erde und durchtrennter Wurzeln. Und wieder hatte er eine Schaufel voll gewonnen, schwarze, feuchte Erde, die mit den blinden, weißen Rhizomen des wilden Grases durchzogen war und in der die Regenwürmer flüchtig aufglänzten, als sie sich panisch außer Sichtweite wanden.
Eine riesige Crecopiamotte war an seinem Kopf vorbei geflogen, angelockt von den Gartendüften. Ihre blassbraunen Flügel hatten die Spannweite seiner Hand und waren mit starrenden Augenflecken gezeichnet, deren stille Schönheit etwas Gespenstisches hatte.
Wer einen Garten anlegt arbeitete mit Gott. Das hatte auf der Kante der kupfernen Sonnenuhr im Garten des Pfarrhauses in Inverness gestanden, in dem er aufgewachsen war. Ironisch, angesichts der Tatsache, dass der Reverend weder Zeit noch Talent zum Gärtnern gehabt hatte und der Garten ein Dschungel aus ungemähtem Gras und uralten Rosenbüschen gewesen war, die aus Mangel an Pflege ins Kraut geschossen waren. Er lächelte bei dieser Erinnerung und wünschte in Gedanken dem Schatten des Reverends eine gute
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