Das Flammende Kreuz
Liebender.
»Hast du mich gehört?«, hatte er sie gefragt und sie am Arm gepackt, während sie gerade Jemmys letztes Kittelchen faltete.
»Ja, Liebster«, hatte Brianna gemurmelt und in gespielter Unterwerfung
mit den Wimpern geklimpert. Das hatte ihn so irritiert, dass er ihr Handgelenk ergriff und sie zu sich umdrehte.
»Ich meine es ernst«, sagte er. Er starrte ihr in die Augen, die jetzt weit geöffnet waren, in deren dunkelblauen Tiefen jedoch immer noch ein Hauch von Spott glitzerte. Er hatte ihr Handgelenk fester umklammert; obwohl sie so hochgewachsen und kräftig war, fühlten sich ihre Knochen zart und beinahe zerbrechlich an. Plötzlich hatte er die Knochen unter Briannas Haut vor seinem inneren Auge gesehen - die hohen, breiten Wangenknochen, den gewölbten Schädel und die langen, weißen Zähne; es war viel zu leicht, sich diese Zähne bis zur Wurzel entblößt zwischen für ewig erstarrten Knochen vorzustellen.
Da hatte er sie mit plötzlicher Gewalt an sich gerissen und sie so heftig geküsst, dass er ihre Zähne an den seinen spürte, ohne sich darum zu kümmern, ob er einem von ihnen wehtat.
Sie trug nur ein Hemd, und er hatte sich nicht die Mühe gemacht, es ihr auszuziehen, sondern sie nur rückwärts auf das Bett gedrückt und es ihr über die Oberschenkel hochgeschoben. Sie hatte ihm die Hände entgegen gehoben, doch er hatte nicht geduldet, dass sie ihn berührte; zuerst hatte er ihre Arme gegen das Bett gedrückt, und sie dann, später, mit seinem Körpergewicht in die Mulde der Matratze gedrückt, mahlend, klammernd, während er in der dünnen Schicht aus Haut und Muskeln, die ihre Knochen von den seinen trennte, Sicherheit suchte.
»Ich meine es ernst«, hatte er kurz darauf noch einmal in das Gewirr ihrer Haare gemurmelt. Er lag auf ihr, umfasste sie mit den Armen und ließ es nicht zu, dass sie sich bewegte. Sie zuckte, und er verstärkte seine Umklammerung und hielt sie bewegungslos fest. Sie seufzte, und er spürte, wie sich ihr Mund bewegte, sich ihre Zähne sanft in die Haut unter seinem Schlüsselbein senkten. Sie biss ihn. Nicht abrupt, sondern ein langsamer, saugender Biss, und er keuchte und richtete sich auf, um sich ihm zu entziehen.
»Ich weiß«, sagte sie und befreite ihre Arme, um sie um seinen Rücken zu legen und ihn fest an ihren feuchten, warmen Körper zu pressen. »Ich meine es auch ernst.«
»War es das, was du wolltest?« Diesmal flüsterte er die Worte, leise, um sie nicht zu wecken. Sie strahlte ihre Körperwärme durch die Bettwäsche aus; sie schlief tief und fest.
Wenn es das war, was sie wollte - was genau war es? War es die Brutalität seiner Liebkosungen gewesen, auf die sie reagiert hatte? Oder hatte sie gespürt, was dahinter lag, und auf die Kraft seiner Gefühle geantwortet - sein verzweifeltes Bedürfnis, sie zu beschützen?
Und wenn es die Grobheit war... er schluckte und wehrte sich mit geballter Faust gegen den Gedanken an Stephen Bonnet. Sie hatte ihm nie erzählt, was zwischen ihr und Bonnet vorgefallen war - und es war undenkbar, dass
er danach fragte. Undenkbarer noch, dass er argwöhnte, irgendetwas könnte sie bei dieser Begegnung schamvoll erregt haben. Und doch reagierte sie spürbar bei jenen seltenen Gelegenheiten, wenn ihn etwas trieb, sie abrupt und ohne seine übliche Zärtlichkeit zu nehmen.
An Beten war jetzt nicht mehr zu denken.
Er fühlte sich wie schon einmal, als er in einem Rhododendrondickicht gefangen saß, stets das gleiche Geflecht aus feuchten Wurzeln und herabhängenden Blättern vor Augen, ganz gleich, in welche Richtung er sich drehte. Finstere Tunnel schienen ihm die Hoffnung auf Flucht zu bieten und führten doch nur in weitere, verflochtene Engpässe.
For me and my true love will never meet again, on the bonnie banks and braes of Loch Lomond...
Jetzt war er wieder aufgekratzt und so unruhig, dass seine Haut prickelte und seine Beine zuckten. Die Mücke surrte vorbei, und er schlug danach - natürlich ins Leere. Weil er nicht still halten konnte, schlüpfte er leise aus dem Bett und machte ein paar rasche Kniebeugen, um seine verkrampften Muskeln zu lockern.
Das brachte ihm ein wenig Erleichterung, und er legte sich auf den Boden, um Liegestütze zu machen. Er zählte wortlos jedes Mal mit, wenn er sich den Bodendielen näherte. Eins. Zwei. Drei. Er konzentrierte sich allein auf das zunehmende Brennen in Brust, Armen und Schultern, die beruhigende Monotonie des Zählens. Sechsundzwanzig,
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