Das Flammende Kreuz
wenig von den gruseligen Einzelheiten des Lebens im achtzehnten Jahrhundert ablenken. Er hob die Hand an ihre Wange und strich mit seinem eiskalten Daumen eine ihrer dichten, roten Augenbrauen glatt. Ihr Gesicht war ebenfalls kalt, doch die Haut hinter ihrem Ohr, unter ihrem Haar war warm - genau wie die anderen verborgenen Stellen ihres Körpers.
»Ich habe bekommen, was ich wollte«, sagte er fest. »Aber was ist mit dir? Bist du sicher, dass du nicht doch einen Mann willst, der Indianer skalpieren und das Essen mit seinem Gewehr auf den Tisch bringen kann? Ich hab’s auch nicht so mit Blut, aye?«
Ein Funke von Humor blitzte in ihren Augen auf, und sie verlor ihr grüblerisches Aussehen.
Er nahm ihre Hand, um sie zu einem Felsen zu ziehen, der sie zum Sitzen einlud, dann bemerkte er erneut das Päckchen in ihrer Hand.
»Was ist das?«
»Ein Hochzeitsgeschenk«, sagte sie und hielt es ihm angewidert mit zwei Fingern entgegen, als enthielte es eine tote Maus.
Er ergriff es vorsichtig, konnte aber keine Unheil verheißenden Formen unter dem Papier wahrnehmen. Er wog es auf seiner Handfläche; es war leicht, fast gewichtslos.
»Seidenstickgarn«, sagte sie als Antwort auf seinen fragenden Blick. »Von Mrs. Buchanan.« Da war es, das Stirnrunzeln wieder und dieser Ausdruck der... Sorge? Nein, es war etwas anderes, aber der Teufel sollte ihn holen, wenn er es identifizieren konnte.
»Was hast du denn gegen Stickgarn?«
»Nichts. Es geht um das, wozu es gut ist.« Sie nahm ihm das Päckchen ab und steckte es in das Täschchen, das sie an der Taille trug. Sie hielt den Blick gesenkt, während sie die Tasche wieder zuband, doch er konnte sehen, wie angespannt ihre Lippen waren. »Sie hat gesagt, es ist für unsere Leichentücher.«
»Leichen... oh.«
»Genau. Offensichtlich ist es meine eheliche Pflicht, mich am Morgen nach meiner Hochzeit hinzusetzen und mit dem Spinnen des Garns für mein Leichentuch zu beginnen.« Sie spie die Worte mit zusammengebissenen Zähnen aus. »Auf diese Weise soll ich es fertig gewoben und bestickt haben, wenn ich bei der Geburt unseres Kindes sterbe. Und wenn ich mich beeile, bleibt mir noch genug Zeit, auch eins für dich zu machen - sonst muss deine nächste Frau es zu Ende bringen.«
Er hätte gelacht, wenn er nicht so deutlich gesehen hätte, dass das Geschenk sie ernsthaft aus der Fassung brachte.
»Mrs. Buchanan ist ein Dummkopf«, sagte er und ergriff ihre Hände. »Du solltest dir diesen Unsinn nicht zu Herzen nehmen.« Brianna sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
»Mrs. Buchanan«, sagte sie mit großer Präzision, »ist ignorant, dumm und taktlos. Das Einzige, was man ihr nicht nachsagen kann, ist, dass sie Unsinn redet.«
»Natürlich tut sie das«, sagte er im Brustton der Überzeugung, spürte aber dennoch einen Stich der Unsicherheit.
»Wie viele Frauen hat Farquard Campbell schon unter die Erde gebracht?«, fragte sie herausfordernd. »Gideon Oliver? Andrew MacNeill?«
Neun, alles in allem. MacNeill würde heute Abend zum vierten Mal heiraten - ein achtzehnjähriges Mädchen aus Weaver’s Gorge. Der Stich meldete sich erneut, tiefer, doch er ignorierte ihn.
»Und Jenny van Campbell hat acht Kinder geboren und zwei Männer zu Tode getriezt«, konterte er mit Nachdruck. »Und was das angeht, so hat Mrs. Buchanan selbst fünf Kinder, und sie ist absolut putzmunter. Ich habe sie gesehen; Köpfe wie Runkelrüben, alle miteinander, aber gesund.«
Damit erntete er einen zögerlich zuckenden Mundwinkel, was ihn zu einem weiteren Vorstoß ermunterte.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Schatz. Du hattest doch bei Jemmy auch keine Probleme, aye?«
»Ach nein? Tja, wenn du meinst, dass es kein Problem ist, kannst du es ja beim nächsten Mal machen!«, schnappte sie, doch ihr Mundwinkel kräuselte sich sacht. Sie zog an seiner Hand, doch er ließ sie nicht los, und sie versuchte es nicht weiter.
»Dann schließt du also nicht völlig aus, dass es ein nächstes Mal gibt, aye? Trotz der guten Mrs. Buchanan?« Er bewahrte bewusst einen leichten Tonfall, doch er zog sie an sich und hielt sie fest, das Gesicht in ihrem Haar verborgen, damit sie nicht merkte, wie viel ihm diese Frage bedeutete.
Sie ließ sich nicht zum Narren halten. Sie wich ein wenig zurück und sah ihn forschend an, ihre Augen so blau wie Wasser, so klar wie die Wahrheit.
»Würdest du mich denn heiraten und dann abstinent leben?«, fragte sie. »Das ist nämlich der einzig sichere Weg.
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