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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schlangenbissen, und zwar gar nicht so selten; erst letzte Woche hatte er von einer Deutschen in der Nähe von High Point gehört; sie hatte sich gebückt, um ein Holzscheit von ihrem Stapel zu nehmen, war von einer Schlange, die sich dort versteckt hatte, mitten in den Hals getroffen worden und innerhalb von Minuten tot gewesen. Er war gerade im Begriff, einen Ast unter einem Busch hervorzuziehen, als ihm das einfiel, und er zog seine Hand hastig zurück. Er bekam eine Gänsehaut. Er tadelte sich für seine Dummheit und suchte sich einen Stock, um das trockene Laub gründlich zu durchwühlen, bevor er die Hand erneut danach ausstreckte.
    Er musste unwillkürlich alle paar Minuten bergauf blicken, denn es machte ihn nervös, dass er Fraser nicht sehen konnte. Was, wenn er das Bewusstsein verlor, bevor Roger zurückkehrte?
    Dann fiel es ihm wieder ein, und er entspannte sich ein wenig. Nein, es war alles gut. Jamie würde heute Nacht nicht sterben, weder an einem Schlangenbiss noch vor Kälte. Es war gar nicht möglich; er würde in ein paar Jahren bei einem Brand sterben. Dieses eine Mal bedeutete das Todesurteil der Zukunft Sicherheit für die Gegenwart. Er atmete erleichtert auf und nahm seinen Mut zusammen, um sich der Schlange zu nähern.
    Sie regte sich nicht mehr; jetzt war sie offensichtlich tot. Dennoch kostete es ihn einige Überwindung, sie aufzuheben. Sie war so dick wie sein Handgelenk und etwas über einen Meter lang. Die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt, so dass er sich schließlich gezwungen sah, sie wie einen geschuppten Ast quer über das Brennholz zu legen, das er auf dem Arm trug. Bei diesem Anblick konnte er sich problemlos vorstellen, dass die deutsche Frau die Schlange, die sie gebissen hatte, nicht gesehen hatte; die subtilen Braun- und Grautöne ihrer Musterung ließen sie fast vollständig mit dem Untergrund verschmelzen.
    Jamie häutete das Tier, während Roger Feuer machte. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass sein Schwiegervater sich ungewöhnlich unbeholfen anstellte; die Taubheit in seinen Händen schien schlimmer zu werden. Dennoch hackte er hartnäckig weiter auf den Kadaver ein, um dann mit zitternden Fingern rohe, helle Fleischstücke auf einen halb geschälten Zweig aufzuspießen.
    Als er fertig war, hielt Jamie den Stock über das aufflammende Feuer und ließ ihn dabei beinahe fallen. Roger schnappte ihn auf und spürte durch den Stock hindurch das Zittern, das Jamies Hand und Arm schüttelte.
    »Geht es?«, sagte er und streckte automatisch eine Hand nach Jamies Stirn aus. Fraser fuhr überrascht und leicht beleidigt zurück.
    »Aye«, sagte er, doch dann hielt er inne. »Aye, nun ja... mir ist ein wenig komisch.«

    In dem unsicheren Licht war es schwer zu beurteilen, doch Roger fand, dass er mehr als nur ein wenig komisch aussah.
    »Wie wär’s, wenn du dich etwas hinlegst?«, schlug er vor, um einen beiläufigen Tonfall bemüht. »Schlaf, wenn du kannst; ich wecke dich, wenn das Essen fertig ist.«
    Jamie widersprach nicht, was Roger mehr als alles Bisherige alarmierte. Er rollte sich in einem Laubhaufen zusammen, und die Vorsicht, mit der er sein verletztes Bein bewegte, verriet Roger, wie sehr es wirklich schmerzte.
    Das Schlangenfleisch tropfte und zischte, und trotz eines leichten Widerwillens bei dem Gedanken, das Fleisch einer Schlange zu essen, spürte Roger seinen Magen erwartungsvoll knurren; der Teufel sollte ihn holen, wenn es nicht wie gegrilltes Hühnchen roch! Nicht zum ersten Mal sann er über den schmalen Grat nach, der Appetit und Hunger trennte; nach ein oder zwei Tagen ohne Nahrung aß selbst der zimperlichste Gourmet ohne Zögern Schnecken und Eidechsen. Auch Roger hatte das auf dem Rückweg von seiner Vermessungsexpedition getan.
    Er behielt Jamie im Auge; dieser bewegte sich nicht, doch Roger konnte ihn dann und wann erschauern sehen, obwohl die Flammen jetzt hoch loderten. Er hatte die Augen geschlossen. Sein Gesicht sah rot aus, aber das konnte auch am Feuerschein liegen - seine wirkliche Farbe war nicht zu erkennen.
    Als das Fleisch durchgebraten war, war es vollkommen dunkel. Roger holte Wasser, dann häufte er mit vollen Händen trockenes Gras und Holz auf das Feuer, bis die knisternden Flammen mehr als mannshoch tanzten; falls sich die anderen im Umkreis einer Meile von ihnen befanden, mussten sie es eigentlich sehen.
    Fraser raffte sich unter Schwierigkeiten zum Essen auf. Es war deutlich zu sehen, dass er keinen Appetit hatte, doch er

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